20.05.2019

Bundesnetzagentur veröffentlicht Formblatt zu BNK

Seit dem Inkrafttreten des Energiesammelgesetzes (EnSaG, wir berichteten hier und hier) ist klar, dass die EEG-Vergütung bei Windenergieanlagen an Land ab dem 01.07.2020 von der Ausstattung mit einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) abhängt. Nachdem weiterhin in den Sternen steht, ob und wann die vom Gesetzgeber intendierte Transponder-Lösung kommt (wir berichteten hier), erlangt die Ausnahmemöglichkeit gem. § 9 Abs. 8 S. 5 EEG immer größere Bedeutung.

Antragsformular online

Die Bundesnetzagentur hat am 16.05.2019 ein Formular für die Ausnahme samt erläuternden Hinweisen veröffentlicht (siehe hier). Wie zu erwarten war, werden die Hürden für eine Ausnahme sehr hoch gelegt und weichen zum Teil erheblich von den Motiven des Gesetzgebers ab. Hier ein kurzer Überblick zu einigen Kernfragen:

Allgemeines

Zwar kommt der Antrag recht schlank daher, er umfasst jedoch in jedem Fall auch wirtschaftlichkeitsbezogene Daten zu den betreffenden Windparks. Für diese nimmt die BNetzA grundsätzlich ein Veröffentlichungsinteresse an (siehe Hinweise der BNetzA). Damit ist also nicht ausgeschlossen, dass Kerndaten, die die Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs betreffen, ganz oder zumindest teilweise von der BNetzA auf deren Internetseite veröffentlicht werden. Dem entgeht sicher nur, wer eine entsprechend begründete Erklärung liefert. Dies gilt dabei nicht nur für den Antrag selbst, sondern auch für etwaige spätere, ergänzende Schreiben.

Besonders wichtig ist auch der Hinweis, dass bei in wesentlicher Beziehung „unrichtigen“ Angaben eine Rücknahme der Ausnahme für die Zukunft oder die Vergangenheit möglich sein soll. Eine explizite Einschränkung auf schuldhafte Falschangaben sieht die BNetzA an dieser Stelle nicht vor, so dass auch irrtümlich getätigte Angaben oder gar simple Schreibfehler im schlimmsten Fall zum unwiederbringlichen Fortfall der EEG-Vergütung führen können. Wie strikt die BNetzA diese Problematik handhaben wird, ist derzeit nicht absehbar. Auf jeden Fall liegt hier ein nicht unerhebliches rechtliches Risiko, weshalb bei Ausnahmeanträgen höchste Sorgfalt geboten ist.

Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit – das unbekannte Wesen

Nach § 9 Abs. 8 S. 5 EEG 2017 kann die BNetzA eine Ausnahme zulassen, sofern die Erfüllung der Pflicht zu Installation einer BNK wirtschaftlich unzumutbar ist. Wann dies der Fall sein soll, lässt sich dem Gesetz indes nicht entnehmen. Mit ihrem nunmehr veröffentlichten Antragsformular versucht sich die BNetzA an einer Deutung des gesetzgeberischen Willens:

Kurze Restlaufzeit

Eine wesentliche Fallgestaltung sieht die BNetzA im Auslaufen des Zahlungsanspruchs für die EEG-Vergütung innerhalb von 3 Jahren ab Beginn der Pflicht zur BNK vor. Davon erfasst sein dürften mit Blick auf das Inkrafttreten der Pflicht zum 01.07.2020 also alle Anlagen, deren gesetzliche Vergütungsdauer am 31.12.2022, bei Lichte betrachtet also schon 2,5 Jahre nach Inkrafttreten der Regelung ausläuft. Auf diese Ausnahme können sich somit (lediglich) all die Anlagen stützen, die vor dem 01.01.2003 in Betrieb genommen worden sind. Ob bei diesen Anlagen die wirtschaftliche Unzumutbarkeit unwiderleglich vermutet wird, ist angesichts der Strukturierung des Ausnahmeantrages (auch insoweit sind nämlich die verbleibenden Zahlungsansprüche anzugeben) nicht ganz klar. Soll dieser Variante aber ein eigener Bedeutungsgehalt und Anwendungsbereich zukommen, so wird man dies durchaus annehmen dürfen, ja müssen.

Fraglich ist zudem, was passiert, wenn sich die BNetzA entsprechend der ihr nach § 85 Abs. 2 Nr. 1a EEG 2017 eingeräumten Befugnis zum Verschieben der BNK-Pflicht entschließt. Werden dann etwa bereits erteilte Ausnahmen wieder unwirksam? Oder erteilt die BNetzA bis dahin gar keine Ausnahmen?

Unzumutbare Vergütungs-Kosten-Relation

Die zweite zu einer Ausnahme berechtigende Fallvariante sieht die BNetzA dann gegeben an, wenn die Kosten der BNK für die der Anlage noch verbleibende Förderdauer nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag der Anlage stehen. Auch hier lässt der Gesetzestext eine weitergehende Spezifizierung vermissen, so dass die BNetzA abermals gehalten war, das Gesetz zu konkretisieren. Dabei schießt die Behörde allerdings gehörig über das Ziel hinaus und definiert den Begriff „wirtschaftliche Unzumutbarkeit“ erheblich anders, als es die Gesetzesmaterialien nahelegen:

Wann sind die Kosten für die BNK unzumutbar?

Während man der Ausschussbegründung zum Energiesammelgesetz und den wirtschaftlichen Daten  entnehmen kann, dass eine Unzumutbarkeit jedenfalls dann vorliegen soll, wenn eine Investition von mehr als ca. 6.000 € pro Anlage und Jahr Restlaufzeit notwendig wird, soll nach Auffassung der BNetzA eine Grenze von 3 % des Umsatzerlöses maßgeblich sein (wir berichteten hier). Dabei darf mit Fug und Recht hinterfragt werden, woher dieser prozentuale Grenzwert stammt. Eine nachvollziehbare Erläuterung bietet die BNetzA hierzu nicht an, so dass der Wert letztlich nicht nur als „gegriffen“, sondern unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sogar als willkürlich und damit rechtlich höchst bedenklich zu kritisieren ist.

Gemeint ist laut Formblatt der reine Zahlungsanspruch in Cent pro Kilowattstunde. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass aufgrund unterschiedlicher Investitionskosten und Rechtsdurchsetzungs- sowie Finanzierungskosten erhebliche Unterschiede in den Amortisierungsgrenzen vorliegen können. Die starre Grenze von 3 % des Zahlungsanspruchs dürfte dem nicht gerecht werden.

Anrechenbare Kosten

Die BNetzA rechnet demgegenüber regelmäßig nur die einmaligen Anschaffungskosten für die BNK sowie die etwaigen laufenden Kosten für Betrieb und Wartung gegen. Dass hier weitere Kosten etwa für eine rechtliche und genehmigungsseitige Umsetzung aufwendigerer BNK-Systeme (wie z.B. Radarsystemen) oder für eine u.U. nötige Flächensicherung hinzukommen können, die noch einmal erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs haben, findet in den Erwägungen der BNetzA bedauerlicherweise keinen Widerhall.

Dabei muss der Antragsteller nachweisen, dass er sich um eine möglichst günstige Beschaffung bemüht hat, und im Zweifel mehrere Angebote vorlegen. Diese Verpflichtung könnte zum einen zu einem ungerechtfertigten Eingriff in den Markt der BNK-Anbieter führen und erscheint zum anderen mit Blick auf Qualitätsfragen bedenklich. Zudem ist der Antragsteller von der Mitwirkung der BNK-Anbieter abhängig, die eventuell wenig Interesse haben, flächendeckende Angebote für Ausnahmeanträge zu unterbreiten. Außerdem liegt hier wiederum eine „Sollbruchstelle“ für etwaige Fehler, die unter Umständen den Antragsteller teuer zu stehen kommen können (siehe oben).

Was bleibt sonst noch? Sonstige Gründe!

Zwar kann man laut Formblatt die Unzumutbarkeit auch mit „sonstigen Gründen“ belegen. Hierzu finden sich allerdings keine weiteren Hinweise der BNetzA. Da bereits die Regelfälle „kurze Restlaufzeit“ und „unangemessen hohe Kosten“ von der BNetzA den beiden ersten Fallgruppen zugeordnet wurde, ist nicht klar, welche Konstellationen die dritte Fallgruppe erfassen oder ob sie eine besondere, weitere Untergruppe der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sein soll.

Fazit

Insgesamt stehen nach der Veröffentlichung der BNetzA eher mehr ungeklärte Fragen im Raum als zuvor. Wer sich mit dem Gedanken trägt, Ausnahmeanträge zu stellen, sollte daher – idealerweise anwaltlich beraten – frühzeitig in den Diskurs mit der BNetzA eintreten. Es ist zu erwarten, dass es hier noch einiger Klärungen in den jeweiligen Einzelfällen bedarf. Gleichzeitig zeichnet sich – mit Ausnahme der ersten Fallgruppe (Restlaufzeit < 3 Jahre) – eine eher restriktive Haltung ab. Da aber auch bei kurzen Restlaufzeiten offenbar der noch bestehende Zahlungsanspruch im Formblatt angegeben werden muss, ist nicht klar, ob in besonders gelagerten Einzelfällen (besonders lukrative Anlagen) die BNetzA von ihrer Regelvermutung abweichen würde.

Wir halten Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden.

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