09.05.2019

Windenergie und Funknavigation – Umweltminister rügt Blockadehaltung der DFS

Der niedersächsische Umweltminister fordert den Bundesverkehrsminister im Vorfeld der Umweltministerkonferenz öffentlich zur Überprüfung der Bewertungspraxis der DFS bei Windenergieprojekten auf:

Die DFS stelle sich mittlerweile bei immer mehr Windenergieprojekten quer. Grund sei die Befürchtung einer Störung der von ihr betriebenen Funknavigationsanlagen, wenn im Umkreis von 15 km Windenergieanlagen errichtet werden. Angesichts deutlich geringerer Abstandsforderungen in anderen europäischen Ländern, verwundert die restriktive Haltung der DFS den Minister (lesen Sie hier).

Dies ist in kurzer Zeit bereits das zweite Mal, dass sich der niedersächsische Umweltminister zu diesem Thema deutlich äußert. Bereits am 23.04.2019 versandte er an Bundesverkehrsminister Scheuer einen veröffentlichten Brief in gleicher Angelegenheit. Bereits darin beklagte er die erheblichen nachteiligen Auswirkungen der DFS-Praxis für sein Bundesland. Er hat allen Grund dazu, verhindert doch die DFS mit dem Argument der Flugsicherheit gerade in Niedersachsen zahlreiche Windenergieprojekte.

Anforderungen des BVerwG

Wenngleich die Flugsicherheit ein wichtiges und zweifelsohne schützenswertes Rechtsgut darstellt, unterliegt die Ablehnung von Windenergieanlagen auf dieser Grundlage objektivierbaren Grundsätzen. Dazu gehört auch, dass die Begründung für eine Ablehnung zumindest plausibel ist und den gültigen wissenschaftlichen Standards entspricht – so das Bundesverwaltungsgericht in einer Grundsatzentscheidung.

DFS-Praxis fachlich zweifelhaft

Die DFS, derzeit häufiger in der Kritik, hält die eigene Methode für unanfechtbar. Insoweit stellt Umweltminister Lies zu Recht die Frage, wie in einer Zeit europäisch harmonisierter, luftrechtlicher Vorgaben und internationaler Standards (z.B. ICAO Doc 015) derart unterschiedliche Vorgehensweisen zum notwendigen Abstand zwischen Windenergie- und Funknavigationsanlagen in den einzelnen Ländern existieren können. Unlängst erst hat der anerkannte Wissenschaftler Dr.-Ing. Ferdinand Behrend von der TU Berlin nachweisen können, dass die Praxis der DFS bei der Störbewertung trotz gleicher Grundlagen (ICAO Doc 015) stark von anderen europäischen Ländern abweicht.

Parallel dazu liegen mittlerweile mehrere sachverständige Äußerungen zur Bewertungsmethode der DFS vor, die erhebliche fachliche Zweifel an der Methode hegen. Die Äußerung von Minister Lies versteht sich so nicht nur als Hilferuf in einer für Niedersachsen belastenden Situation, sondern als berechtigte Kritik an der „Dickfelligkeit“ der DFS und ihrer Aufsichtsbehörde, dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF).

Aktueller Stand

Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass die formale Aufsichtsbehörde, das BAF, keine Zweifel an der DFS gelten lässt. Die bereits mehrfach aufgeworfene Frage, inwieweit in einer solchen Konstellation eine tatsächliche Aufsicht erfolgt, wird vor dem Hintergrund zunehmender fachlicher Zweifel nur brisanter. Auch die unteren Instanzgerichte nehmen den Prüfauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes noch nicht ausreichend wahr (hier ein aktuelles Beispiel). Dabei ist in der aktuellen Situation zu prüfen, ob wegen der zahlreichen fachlichen Kritik die solitäre Meinung von BAF und DFS noch vertretbar und fachlich plausibel ist.

Fazit

Es wäre daher interessant zu erfahren, ob das Bundesverwaltungsgericht angesichts der nunmehrigen Entwicklungen auch heute noch an seiner damaligen Auffassung festhalten und dem BAF bzw. der DFS weiterhin die Vertretbarkeit ihrer Störprognose bescheinigen würde. Zweifel sind in jedem Fall angebracht.

Vertiefende Informationen zum Thema finden Sie hier, hier, und hier .

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