03.07.2020

Update: Planungsgemeinschaft beschließt trotz erheblicher Zweifel des VG Gera Vorranggebiete für Wind in Ostthüringen

Die Regionale Planungsgemeinschaft Ostthüringen hat am 26.06.2020 in öffentlicher Sitzung den 2. Entwurf des Abschnitts 3.2.2 Vorranggebiete Windenergie v. 30.11.2018 mit knapper Mehrheit beschlossen (zum Beschluss hier). Damit wird der Sachliche Teilplan Windenergie dem zuständigen Ministerium als oberste Landesplanungsbehörde zur Genehmigung vorgelegt.

Im Beschluss selbst heißt es, dass der Zeitpunkt erreicht sei, an dem kein fachlicher Zugewinn für den Teilregionalplan und die dazugehörige Entwicklung mehr erreicht werden könne. Damit hat die Regionale Planungsgemeinschaft Ostthüringen trotz erheblicher Kritik im Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 16.04.2020 (siehe unten) keinen Bedarf gesehen, den Regionalplanentwurf vor der Beschlussfassung noch einmal zu überarbeiten. Der Teilregionalplan weist im Ergebnis nun 0,4 Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung aus und lässt damit das im Thüringer Klimaschutzgesetz geforderte Ziel der Ausweisung von 1 Prozent der Landesfläche unberücksichtigt.

Meldung vom 08.05.2020

Das VG Gera hat mit Beschluss v. 16.04.2020 (Az.: 5 E 1528/19 Ge) Zweifel daran geäußert, ob mit dem derzeitigen Planentwurf für den Regionalplan „Ostthüringen“ substantiell Raum für die Windenergienutzung geschaffen wird. Das Gericht sah es insbesondere als notwendig an, sich mit dem derzeitigen Regionalplanentwurf jedenfalls in die Richtung des „1-Prozent-Ziels“ des Thüringer Klimaschutzgesetzes zu bewegen.

Zum Sachverhalt

Gegenstand des Beschlusses war der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz eines Projektierers gegen eine Aussetzungsentscheidung der Genehmigungsbehörde. Diese hatte das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren für insgesamt sechs Windenergieanlagen ausgesetzt, nachdem das Thüringer Landesverwaltungsamt im September 2018 eine landesplanerische Untersagung erließ. Die Untersagung erging unter Hinweis auf den derzeitigen Planentwurf des Regionalplan „Ostthüringen“, der Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung ausweist.

Der Antragsteller trug vor, dass der derzeitige Planentwurf des Regionalplans v. November 2018 in seiner jetzigen Gestalt sowohl formelle als auch materielle Fehler aufweist, die nicht innerhalb des Zeitraums der Untersagung geheilt werden könnten. Es bestünde somit kein Sicherungsbedürfnis für den Regionalplanentwurf.

Zu den Gründen

Das VG Gera wies den Antrag zwar mit der Begründung ab, dass der Regionalplanentwurf sicherungsbedürftig sei. So leide er nicht an materiellen Mängeln, die nicht im weiteren Planverfahren geheilt werden könnten. Allerdings stellte das VG Gera klar, dass „die Ausweisung von lediglich 0,4 Prozent der Regionsfläche als Windvorranggebiete erhebliche Zweifel an einer substantiellen Raumverschaffung durch den Planentwurf vom 30.November 2018 schüren“.

Zwar sah das VG Gera in der Vorgabe des § 4 Abs. 2 Thüringer Klimaschutzgesetzes keine rechtsverbindliche Vorgabe für die Regionalplanung, schon jetzt 1 % der Regionsfläche auszuweisen. Allerdings dürften bei der der Regionalplanung auch landesrechtliche Vorgaben nicht unbeachtet bleiben. So sei bereits im Thüringer Windenergieerlass v. 21.06.2016 ein Ein-Prozent-Ziel für die Regionalplanung aufgestellt worden. Das VG Gera sah den derzeitigen Planentwurf von November 2018 angesichts dessen als Rückschritt gegenüber dem Planentwurf vom März 2016, in dem noch 0,88 Prozent der Regionsfläche für die Windenergienutzung zur Verfügung gestellt werden sollten.

Zudem stellt das VG Gera unter Verweis auf den Beschluss des OVG Weimar v. 23.10.2017 klar, dass die Einordnung von Wald als harte sowie Landschaftsschutzgebieten ohne Wald als weiche Tabuzonen Unstimmigkeiten aufweist. Gleiches gelte für den großflächigen Ausschluss von Flächen unter dem Aspekt des Denkmalschutzes. Schließlich sei auch der Mindestabstand von 1.000m zu Siedlungsgebieten als weiches Tabukriterium zu hinterfragen.

Dabei betont das VG Gera, dass es die „restriktive Ausweisung von Windvorrangflächen im Beschlussentwurf vom 30.November 2018“ nicht als „unbedingt zwingend“ ansehe. So verweist es auf eine stichprobenartige Kontrolle von Prüfbögen einzelner Prüfflächen des Regionalplanentwurfes. Die Regionalen Planungsgemeinschaft hatte in diesen potentiellen Flächen wegen der Nähe zu einem Landschaftsschutzgebiet, der Prägung des potentiellen Raumes durch die Windenergieanlagen sowie Belange des Denkmalschutzes die Windenergienutzung ausgeschlossen. Dies sah das VG Gera angesichts der Pflicht der Regionalen Planungsgemeinschaft, sich in Richtung eines Ein-Prozent-Flächenziels auszurichten, als nicht stimmig an. Eine umfangreichere Ausweisung von Windvorrangflächen könne, so das VG Gera, insbesondere dadurch erreicht werden, dass die Mindestabstände zu anderen Windvorranggebieten oder die Vorgabe der Mindestgröße verringert würden.

Ausblick

Der Beschluss vom VG Gera bringt klar zum Ausdruck, was ein kritischer Blick auf den Regionalplanentwurf für Ostthüringen bereits vermuten ließ: Der Windenergienutzung würde mit der Ausweisung von nur 0,4 Prozent der Regionsfläche nicht substantiell Raum verschafft werden. Dies gilt nicht nur, aber gerade auch wegen der Vorgabe des neuen Thüringer Klimaschutzgesetzes, 1 Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung zur Verfügung zu stellen. Für den Regionalen Planungsverband Ostthüringen besteht nun – gerichtlich attestiert – erheblicher Handlungsbedarf.

Copyright by prometheus Rechtsanwaltsgesellschaft mbH | All rights reserved. | Impressum | Datenschutz | Sitemap