18.01.2019

Änderung der Gebührenverordnung in Rheinland-Pfalz

Der nun erfolgten Änderung der Gebührenverordnung in Rheinland-Pfalz liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Mit seinem Urteil vom 30.05.2018 (Az.: 1 BvR 45/15) hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Nr. 4.1.1.1 der Landesverordnung über Gebühren im Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz  (Besonderes Gebührenverzeichnis) mit Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar ist. Das BVerfG hat gleichzeitig der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auferlegt, Nr. 4.1.1.1 des Besonderen Gebührenverzeichnisses bis zum 31.12.2018 durch eine verfassungsmäßige Neuregelung zu ersetzen. Anderenfalls wäre ihre Nichtigkeit ab dem 01.01.2019 eingetreten.

Neuregelung der Gebührenverordnung in Rheinland-Pfalz

Noch innerhalb der vom BVerfG gesetzten Frist, wurde Nr. 4.1.1.1 des Besonderen Gebührenverzeichnisses nun durch das Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz geändert. Eine Bekanntmachung zur Änderung des Besonderen Gebührenverzeichnisses erfolgte im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz vom 14.12.2018. Die neue Regelung gilt rückwirkend mir Wirkung vom 13.05.2006.

Inhalt der Änderung

Das Gebührenverzeichnis enthält nicht mehr den vom BVerfG als unbestimmt und als extrem weitgefasst angesehenen Gebührenrahmen. Die Rahmenvorgabe lag  für Erteilung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen in der alten Regelung bei 265,75 EUR bis 797.600,00 EUR. Die neue Regelung stellt im Hinblick auf die Berechnung der Genehmigungsgebühr auf die Höhe der Errichtungskosten des Vorhabens ab. Dabei werden die Errichtungskosten in sieben Stufen aufgeteilt. Angefangen bei Errichtungskosten von bis zu 250.000,- EUR (1. Stufe) endet diese Abstufung mit Errichtungskosten über 100 Mio. EUR (7. Stufe). Für jede Stufe der Errichtungskosten wird die Formel zur Berechnung der Genehmigungsgebühr vorgegeben.

Neue Definition der sog. Errichtungskosten

Für die Berechnung der Genehmigungsgebühr ist nach der neuen Regelung die Höhe der Errichtungskosten maßgeblich. Daher wurde in die neue Regelung für die Entscheidung über die Höhe der Genehmigungsgebühr auch die Definition der Errichtungskosten aufgenommen.  Danach sind Errichtungskosten „die voraussichtlichen Gesamtkosten der Anlage einschließlich des Aufwands für die Entwicklung und Planung des Vorhabens.

Diese Definition geht weiter als das sich in der Branche verfestigte Verständnis der Errichtungskosten. Grundsätzlich versteht man unter Errichtungskosten nur die Anschaffungskosten der Anlage selbst einschließlich ihrer Errichtung (bauliche Umsetzung). Die „neue“ Definition im Besonderen Gebührenverzeichnis geht jedoch weiter darüber hinaus. Zu den Errichtungskosten sollen danach auch Kosten für die Entwicklung und Planung des Vorhabens gehören.

Folglich möchte der Verordnungsgeber die Höhe der Verwaltungsgebühr für die Genehmigungserteilung bspw. davon abhängig machen, wie teuer die für die Genehmigung der Anlage erstellten Gutachten waren. Fraglich ist auch, ob bspw. auch die Umsetzung der Bauleitplanung zum Aufwand für die Entwicklung und Planung des Vorhabens zählt. Es stellt sich wieder die Frage, ob eine solche Regelung der Berechnung der Gebührenhöhe dem verwaltungsrechtlichen Äquivalenzprinzip entspricht. Derzeit spricht die neue Definition eher für die wirtschaftliche Abschöpfung durch die Verwaltung. Zumindest ist äußerst fraglich, welchen Einfluss die Kosten der Entwicklung und der Planung des Vorhabens auf den tatsächlichen Aufwand der Verwaltung für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens und die Erteilung der beantragten Genehmigung haben. Diese Frage ist in eventuellen Rechtsmittelverfahren gegen die künftigen Kostenbescheide noch zu klären.

Ergebnis der Änderung des Gebührenverzeichnisses

Die Änderung des Gebührenverzeichnisses mit seiner Staffelung der für die Berechnung maßgeblichen Errichtungskosten und der Gebühr in Form eines festen Betrages und eines prozentualen Anteils vom die Staffelung übersteigenden Betrag ähnelt den in anderen Bundesländern bereits geltenden Gebührenverzeichnissen (vgl.: AllGO in Niedersachsen, ImmSchKostVO M-V…). Die Anwendung der neuen Regelung führt im Vergleich zur alten Regelung in der Regel im Ergebnis zu niedrigeren Gebühren. Da die Entscheidung des BVerfG über die Verfassungswidrigkeit der oben genannten Regelung im Besonderen Gebührenverzeichnis ex tunc und damit rückwirkend gilt, wurden die zu viel gezahlten Gebühren „zu Unrecht“ erhoben.

Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob die zu Unrecht zu viel gezahlten Gebühren für Entscheidungen nach Bundesimmissionsschutzgesetz zurückgefordert werden können?

Weiteres Vorgehen im Hinblick auf die Änderung der Gebührenverordnung in Rheinland-Pfalz

Zunächst sollten die seit dem 13.05.2006 erstellten Kostenbescheide überprüft werden, ob eine Gebührenberechnung nach der neuen Regelung im Einzelfall zu einer niedrigeren Gebühr führt. Sollte es der Fall sein, dann ist für das weitere Vorgehen danach zu unterscheiden, ob die Kostenfestsetzung inzwischen bestandskräftig geworden ist oder nicht.

Soweit die betroffene Kostenentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist, sind zu Unrecht erhobenen Kosten nach der Regelung des Landesgebührengesetzes in Rheinland-Pfalz unverzüglich zu erstatten.

Anders sieht es jedoch bei solchen Kostenentscheidungen, die inzwischen bestandskräftig geworden sind. Inwieweit eine Rückerstattung von Gebühren in diesen Fällen möglich ist, bedarf im Einzelfall einer rechtlichen Prüfung.

Es bieten sich jedenfalls zwei Möglichkeiten an:

Zunächst wäre ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens denkbar. Infolgedessen wäre eine neue Entscheidung über die Höhe der festzusetzenden Gebühr nach der neuen Regelung im Gebührenverzeichnis zu treffen.

Andererseits regelt das Landesgebührengesetzes in Rheinland-Pfalz, dass zu Unrecht erhobenen Kosten auch nach Unanfechtbarkeit aus Billigkeitsgründen erstattet werden können. Dies bedeutet wiederum, dass die Entscheidung über die Rückerstattung zwar im Ermessen der jeweils zuständigen Genehmigungsbehörde liegt. Jedoch spricht für die Billigkeit teilweise ein grobes Auseinanderfallen der Ergebnisse der Gebührenberechnung nach der alten und nach der neuen Regelung. In jeweiligen Einzelfällen könnten sich eventuell mehr Gründe zur Bejahung der Billigkeit ergeben. Daher sollte jede einzelne Kostenentscheidung überprüfen werden und, soweit dies wirtschaftlich ist, gegebenenfalls der Rückerstattungsanspruch rechtzeitig geltend gemacht werden.

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