02.04.2020

Freiflächen-PV-Anlagen – VG Halle bestätigt Zulässigkeit im Gewerbe- und Industriegebiet

Mit Beschluss vom 02.01.2020 (Az.: 2 B 217/19 HAL) hat das Verwaltungsgericht Halle in einem Eilverfahren zur Frage Stellung genommen, ob Freiflächen-PV-Anlagen in einem planerisch festgesetzten Gewerbe- oder Industriegebiet grundsätzlich genehmigungsfähig sind.

I. Relevanz für die Praxis

Für die Praxis ist die Errichtung von PV-Anlagen in Gewerbe- oder Industriegebieten unter mehreren Aspekten besonders relevant. Für Unternehmer der Erneuerbaren Energien bieten Gewerbe- und Industriegebiete geeignete Standortmöglichkeiten für die Errichtung von Freiflächen-PV-Anlagen. Dies bietet sich an, da es häufig an Sondergebieten eigens für PV-Anlagen (§ 11 Abs. 1, 2 BauNVO) fehlt. Für Betriebe, die in Gewerbe- und Industriegebieten angesiedelt sind, können Freiflächen-PV-Anlagen am Betriebsgelände eine geeignete Option darstellen. Zum Beispiel dann, wenn die Errichtung einer Dachanlage ausscheidet.

II. Rechtlicher Hintergrund von Freiflächen-PV-Anlagen

Die Errichtung von großen Freiflächen-PV-Anlagen ist – anders als Windenergieanlagen – im Außenbereich nicht privilegiert. Der Projektierer von Freiflächen-PV-Anlagen ist in der Regel darauf angewiesen, dass Planungsrecht besteht. Dies ist z.B. in Form eines Bebauungsplan möglich. Dieser setzt gemäß §§ 30 Abs. 1; 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. §§ 1 Abs. 2, 3; 11 Abs. 2 BauNVO eigens ein Sondergebiet dafür fest. Solche Bebauungspläne müssen von Gemeinden in Form einer Satzung aufgestellt werden. Zahlreiche Gemeinden verfügen aus verschiedenen Gründen über keine Bebauungspläne für PV-Anlagen. Vor diesem Hintergrund besteht praktisch ein großes Bedürfnis, andere Baugebiete hierfür zu nutzen.

Ansatzpunkte hierfür bietet die obergerichtliche Rechtsprechung des VGH München (Az.: 15 CS 10.2432) und OVG Bautzen (Az.: 1 B 254/12). Danach werden freistehende PV-Anlagen als „Gewerbebetriebe aller Art“ eingeordnet.  Somit sind sie in Gewerbe- (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) und Industriegebieten (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) rechtlich zulässig. Auch das Verwaltungsgericht Schwerin (Az.: 2 A 661/13) hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Einen Ausdruck hat diese Rechtsprechung bereits in § 48 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) EEG 2017 gefunden. Hierin ist geregelt, dass Freiflächen-PV-Anlagen in Gewerbe- oder Industriegebieten grundsätzlich förderungsfähig sind.

In der Verwaltungspraxis wird der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang noch zu wenig Beachtung geschenkt. Viele Genehmigungsbehörden halten freistehende PV-Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten für gänzlich unzulässig. Sollten diese doch zulässig sein, dann dürfen diese nur einen bestimmten Flächenanteil des Gewerbe- oder Industriegebiets ausmachen (50 % oder 80 %).

III. Die Entscheidung des VG Halle

Das VG Halle greift nun die obergerichtliche Rechtsprechung wieder auf. Danach ist zwar die Errichtung von freistehenden PV-Anlagen im konkreten Industriegebiet (2/99, Gewerbepark A) nicht genehmigungsfähig. Begründet wurde dies damit, dass es dem Bebauungsplan für das Industriegebiet ausnahmsweise an einer Regelung für die Zulässigkeit für „Gewerbebetriebe aller Art“ fehlt. Allerdings bestätigt das VG Halle im Grundsatz die o.g. Rechtsprechung des VGH München (Az.: 15 CS 10.2432) und OVG Bautzen  (Az.: 1 B 254/12). Demnach gilt für zahlreiche Gewerbe- und Industriegebieten mit entsprechender Regelung im Bebauungsplan die grundsätzliche Zulässigkeit freistehender PV-Anlagen.

IV. Konsequenzen für Freiflächen-PV-Anlagen

Die Entscheidung des VG Halle ist äußerst begrüßenswert. Für die Praxis wird damit bestätigt, dass mittel- bis großflächig, freistehende PV-Anlagen auch außerhalb von „Sondergebieten für PV-Anlagen“ errichtet werden können. Anders als viele Genehmigungsbehörden meinen sind diese auch in Gewerbe- und Industriegebieten zulässig und genehmigungsfähig. Voraussetzung ist das zugrundeliegen eines entsprechenden Bebauungsplans.

Zu der weitergehenden Frage, ob PV-Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten nur einen bestimmten Flächenanteil ausmachen dürfen (50 % oder 80 %), äußert sich das VG Halle leider nicht. Allerdings lassen sich mit Blick auf die Rechtsprechung des OVG Bautzen (Az.: 1 B 254/12) und VG Schwerin (Az.: 2 A 661/13) gute Argumentationsansätze dafür finden, dass grundsätzlich das gesamte Plangebiet für die Errichtung zur Verfügung steht. Hierfür entwickeln wir gemeinsam mit den Standortgemeinden und Projektentwicklern maßgeschneiderte Lösungen für das jeweilige Projekt. Entsprechende (planungsrechtliche- ) Ansätze stellen wir im nächsten Newsletter vor.

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