22.10.2021

Zeitenwende am Wärmemarkt? – Änderungen der AVBFernwärmeV

In der letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Bundesrat schon am 25. Juni 2021 gesetzliche Neuerungen im Bereich der Wärmeversorgung beschlossen. Die Neuregelungen und Änderungen sind nun am 5. Oktober 2021 in Kraft getreten. Mit der neuen Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung (FFVAV) und der erneuerten AVBFernwärmeV gehen weitreichende Änderungen einher (die Gesetzesmaterialien finden Sie hier). Dabei setzt der Gesetzgeber v.a. unionsrechtliche Vorgaben im Bereich der Fernwärme und Fernkälte, basierend auf der EU Richtlinie 2018/2002 zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz (EED), um. Die Neuregelungen sollen vor allem dem Verbraucherschutz und der Erweiterung der Kundenrechte dienen. Darüberhinaus zielen sie aber auch auf die Einsparung von Energie, um so die Energieeffizienzziele der Europäischen Union für das Jahr 2030 zu erreichen.

Stärkung der Kundenrechte und Vorfahrt für die Erneuerbaren

Auf den ersten Blick eher unscheinbar, inhaltlich aber durchaus grundlegend sind dabei die Änderungen der AVBFernwärmeV. So bestimmt der geänderte § 3 AVBFernwärmeV (den aktuellen Versordnungstext lesen Sie hier) nunmehr, dass Wärmelieferanten dem Kunden die Möglichkeit einzuräumen haben, eine Anpassung der vertraglich vorgesehenen Wärmeleistung während der Vertragslaufzeit vorzunehmen. Die Anpassung der Leistung kann dabei grundsätzlich ein Mal jährlich mit einer Frist von vier Wochen zum Ende eines Kalendermonats erfolgen. Sie bedarf keines Nachweises, sofern sich die Leistung um nicht mehr als 50 Prozent reduziert.

Auch eine Anpassung der Leistung um mehr als 50 Prozent ist nun möglich. Voraussetzung ist dann allerdings, dass die Wärmeleistung vom Kunden nachgewiesen durch den Einsatz Erneuerbarer Energien ersetzt werden soll. Alternativ steht dem Kunden hier ein Sonderkündigungsrecht mit zweimonatiger Kündigungsfrist zu. Auch diese Regelungen dienen unmittelbar dem Verbraucherschutz. Verbrauchern ist es im Fernwärmemarkt auf Grund der vorzufindenden, monopolartigen Versorgungsstrukturen vielfach nicht möglich, von wettbewerbsfähigen Preisen zu profitieren. Durch die neue Regelung soll hier ein Ausgleich geschaffen werden. Die Leistungen können von nun entsprechend den Bedürfnissen angepasst werden.

Herausforderungen für Wärmelieferanten

Für die Wärmelieferanten stellen die neuen Regelung eine gravierende Belastung dar. Wird doch vom zivilrechtlichen Grundsatz “pacta sunt servanda” erheblich zu ihrem Nachteil abgewichen.  Der Kunde kann letztlich eine Leistung mit einem Lieferanten vereinbaren und später dann einseitig entscheiden, diese nicht mehr abzunehmen. Hierin liegt ein nur schwer kalkulierbares Risiko für die Wärmeversorger. Ihre Fixkosten reduzieren sich nämlich nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass in der neuen Fassung von § 24 Abs. 4 nunmehr festgelegt ist, dass künftig eine Änderung der Preisänderungsklausel nicht mehr einseitig durch öffentliche Bekanntgabe erfolgen darf. Die neue Rechtslage dürfte also große (vertragliche) Herausforderungen für die Wärmelieferanten mit sich bringen und wohl auch zu neuen Preisgestaltungsmodellen in Wärmelieferverträgen führen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

 

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