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News
03.09.2019

BFH: Stromsteuer bei Transformations- und Umspannanlagen

Auf Strom, der zur Stromerzeugung verbraucht wird, muss nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG keine Stromsteuer gezahlt werden. So weit, so gut. Doch wann liegt noch ein Stromverbrauch zur Stromerzeugung vor? Gerade im Zusammenhang mit der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien beschäftigt diese Frage seit vielen Jahren die Gerichte.

So hatte der Bundesfinanzhof (BFH) bereits im Jahr 2011 entschieden, dass der Stromverbrauch in dem einem BHKW vorgeschalteten Fermenter stromsteuerpflichtig ist (siehe hier). Lange umstritten war auch, wie der Stromverbrauch von Wechselrichtern bei Solaranlagen zu behandeln ist. Diesen sah das höchste deutsche Finanzgericht in einem Urteil aus dem Jahr 2015 (siehe hier) als steuerfrei an. Wechselrichter seien für die Stromerzeugung notwendige Hilfs- und Nebenanlagen und als solche steuerlich privilegiert. In einem am 22.08.2019 veröffentlichten Urteil vom 30.04.2019 (siehe hier) hat der BFH nun einen Schlussstrich unter eine weitere Streitfrage gezogen und geurteilt: Für Strom, der in Transformations- und Umspanneinrichtungen einer Photovoltaikanlage verbraucht wird, ist die Stromsteuer zu entrichten.

Die Vorgeschichte

Geklagt hatte der Betreiber einer Photovoltaikanlage, die Strom zur Einspeisung in das 110-kV-Netz erzeugt. Hierfür musste die in den Modulen erzeugte DC-Spannung zunächst mittels Wechselrichtern in Wechselspannung umgewandelt und anschließend in mehreren Schritten durch Transformatoren auf 110 kV angehoben werden. Für den Stromverbrauch u.a. in den Umspannanlagen und Transformatoren beantragte der Betreiber eine Steuerentlastung für Strom zur Stromerzeugung. Dies lehnte das zuständige Hauptzollamt ab. Der Stromerzeugungsvorgang im technischen Sinn, der allein steuerprivilegiert ist, sei mit der Entstehung des Stroms in den PV-Modulen bereits abgeschlossen.

In der I. Instanz gab das FG Berlin-Brandenburg dem Betreiber Recht (siehe hier). Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei Transformatoren und sonstigen Umspanneinrichtungen um Neben- und Hilfsanlagen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden könne. Eine Einspeisung in das 110-kV-Netz sei in technischer Hinsicht nur möglich, wenn der in Niederspannung erzeugte Strom auf die anliegende Spannungsebene des Netzes umgewandelt wird.

Die Entscheidung des BFH

Auf die Revision des Hauptzollamtes hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Klage des Betreibers abgewiesen. Nach Auffassung des BFH sind nur solche Strommengen von der Stromsteuer befreit, die in einem engen Zusammenhang mit der „Stromerzeugung im technischen Sinn“ stehen. Deshalb seien nur solche Neben- und Hilfseinrichtungen in die Begünstigung einzubeziehen, ohne die die Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden kann. Insbesondere die unionsrechtlichen Vorgaben würden eine solche enge Auslegung erfordern.

Der BFH stützt sich dabei auch maßgeblich auf den Steuergegenstand „Strom“, der gemäß der Pos. 2716 der Kombinierten Nomenklatur (KN) gleichermaßen Wechsel- und Gleichstrom erfasse, unabhängig von dessen Spannungsebene. Der Stromerzeugungsprozess sei abgeschlossen, sobald ein Erzeugnis der Pos. 2716 KN vorliege. Weitere Veränderungen oder Bearbeitungen dieses Erzeugnisses gehörten nicht mehr zur Stromerzeugung, auch wenn sie darauf abzielten, die Marktfähigkeit des Stroms zu erreichen. Aus diesen Gründen gehören nach Auffassung des Gerichts Umspannanlagen und Transformatoren nicht zu den begünstigten Hilfs- und Nebenanlagen. Der hierbei verbrauchte Strom unterliegt daher in vollem Umfang der Stromsteuer.

Wechselrichter vs. Trafo?

Eine Ausnahme sieht der BFH weiterhin ausschließlich für Wechselrichter gegeben und hält damit an seiner Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 fest. In der Begründung vermag dies allerdings nicht zu überzeugen. Letztlich lässt sich kein entscheidender rechtlicher Unterschied zwischen der „Weiterverarbeitung“ von Gleichstrom in Wechselstrom einerseits und der Anhebung der Spannungsebene andererseits erkennen. In beiden Fällen liegt nach dem Umwandlungsprozess ein Steuergegenstand im Sinne der Pos. 2716 KN vor. In beiden Fällen ist der Umwandlungsprozess erforderlich, um eine Einspeisung in das öffentliche Stromnetz zu ermöglichen.

Es wäre daher nur konsequent gewesen, auch den Stromverbrauch in Umspannanlagen und Transformatoren von der Stromsteuer freizustellen. Dass hier gleichwohl eine Differenzierung vorgenommen wird, könnte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass ungleich größere Strommengen und damit ein erhebliches Steueraufkommen in Rede stehen. Anders als bei Wechselrichtern sind von der Tragweite dieses Urteils nicht nur Photovoltaikanlagen betroffen. In sehr viel größerem Umfang könnten von einer Steuerbefreiung auch Windenergieanlagen, Biogasanlagen und auch sonstige konventionelle Stromerzeugungsanlagen, die vielfach über Transformatoren verfügen, profitieren. Zudem dürfte der Stromverbrauch von Transformatoren kaum vergleichbar sein mit denen von Wechselrichtern.

Praktische Auswirkungen – auch auf die EEG-Umlage

Nach der erfreulichen Entwicklung bei Wechselrichtern hat der Begriff des „Stroms zur Stromerzeugung“ nun wieder eine erhebliche Einschränkung erfahren. Betreiber von Stromerzeugungsanlagen werden künftig wieder bzw. weiterhin keine Steuerentlastung für den in Umspannanlagen und Transformatoren erzeugten Strom in Anspruch nehmen können. Doch die Auswirkungen des Urteils dürften noch weit darüber hinaus reichen. Denn auch bei der EEG-Umlage gibt es Erleichterungen für den sogenannten Kraftwerkseigenverbrauch. Nach § 61a Nr. 1 EEG 2017 ist für selbsterzeugten Strom, der zur Stromerzeugung im technischen Sinn verbraucht wird, keine EEG-Umlage zu zahlen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll sich die Reichweite des Kraftwerkseigenverbrauchs dabei ausdrücklich an den stromsteuerrechtlichen Maßstäben orientieren. Wenn also der Stromverbrauch in Umspannanlagen und Transformatoren nicht stromsteuerfrei ist, spricht vieles dafür, dass es sich dabei auch nicht um privilegierten Kraftwerkseigenverbrauch handeln kann. Hier dürften also weitere Belastungen auf die Anlagenbetreiber zukommen.