11.03.2019

Bundesverwaltungsgericht entscheidet zu Flächennutzungsplan – nur Ausschlusswirkung unwirksam

In seinem Urteil vom 13.12.2018 (4 CN 3.18) hat sich das Bundesverwaltungsgericht erneut mit der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Darstellung von Konzentrationsflächen für Windenergienutzung in Flächennutzungsplänen beschäftigt. Dabei ging das Gericht insbesondere  auf die Frage ein, inwieweit ein Flächennutzungsplan, der eine Positiv- und Negativausweisung im Sinne von § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB enthält, im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens für unwirksam erklärt werden kann. Des Weiteren lassen sich der Entscheidung neue Erkenntnisse zum Thema Siedlungsabstand als harte Tabuzone entnehmen.

Sachverhalt

Der Antragsteller wendete sich im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens vor dem OVG Münster gegen die Änderung eines Flächennutzungsplans. Er ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er Windenergieanlagen errichten möchte. Der Flächennutzungsplan enthielt positive Standortzuweisungen für die Windenergienutzung (Konzentrationsflächen). Mit diesen war zugleich eine außergebietliche Ausschlusswirkung im übrigen Plangebiet im Sinne von § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB verbunden. Die Änderung des Flächennutzungsplans sah fünf weitere solcher Flächen mit einer Gesamtgröße von 173 ha vor. Als hartes Tabukriterium sah der Flächennutzungsplan unter anderem einen Siedlungsabstand von 500 m an. Dieser Abstand wurde aus Lärmschutzgründen zu Einzelhöfen und Ansiedlungen im Außenbereich  zugrundegelegt. Das Grundstück des Antragstellers befand sich außerhalb der Konzentrationsflächen.

Vorinstanz OVG Münster

Das OVG Münster erklärte in seinem Urteil vom 05.07.2017 (7 D 105/14.NE) die Änderung des Flächennutzungsplans für unwirksam. Die Flächennutzungsplanänderung sei abwägungsfehlerhaft. Mit 500 m sei eine zu große Fläche als harte Tabuzone eingestuft worden. Einzelne Windenergieanlagen können ohne Verstoß gegen Lärmschutzvorschriften bereits in einem Abstand von 450 m zu schutzbedürftiger Bebauung errichtet werden. Das OVG Münster hatte deshalb in seiner Entscheidung die Änderung des Flächennutzungsplans insgesamt für unwirksam erklärt. Hiergegen wendete sich der Planungsträger mit der Revision zum BVerwG.

Entscheidung des BVerwG

Auf die Revision hin hat der BVerwG den Tenor der angegriffenen OVG-Entscheidung teilweise geändert und die Revision im Übrigen zurückgewiesen, da sie unbegründet war.

Unwirksamkeit auf Ausschlusswirkung beschränkt

Das Bundesverwaltungsgericht stellt zunächst klar, dass der Urteilstenor im Normenkontrollverfahren falsch ist. Das OVG Münster hat zu Unrecht die gesamte Änderung des Flächennutzungsplans für unwirksam erklärt. Wird ein Flächennutzungsplan angegriffen, der eine positive Standortzuweisung mit einer außergebietlichen Ausschlusswirkung verbindet, so könne Gegenstand eines solchen Normenkontrollverfahrens allein die außergebietliche Ausschlusswirkung sein. Denn nur die Ausschlusswirkung, nicht aber die Ausweisung von Positivflächen entfalte die einer Rechtsvorschrift vergleichbaren Wirkungen, die eine analoge Anwendung des § 47 Abs. 1 VwGO auf Flächennutzungspläne rechtfertige. Das BVerwG stellt damit  ausdrücklich klar, dass nur die außergebietliche Ausschlusswirkung für unwirksam erklärt werden kann. Dementsprechend bleibt die positive Standortzuweisung eines Flächennutzungsplans weiter wirksam.

Das Bundesverwaltungsgericht ließ insoweit auch nicht den Einwand gelten, den Gemeinden werde dadurch gegen ihren Willen eine reine „Positivplanung“ aufgezwungen. Auch wenn die außergebietliche Ausschlusswirkung eines Plans unwirksam sei, so seien gleichwohl die positiven Standortzuweisungen im Flächennutzungsplan qualifizierte, flächenbezogene Darstellungen. Diese seien von einer ausreichenden planerischen Entscheidung der Gemeinde getragen.

Siedlungsabstand als harte Tabuzone

Darüber hinaus hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Rechtmäßigkeit der im Flächennutzungsplan zugrundegelegten harten Tabuzonen beschäftigt. Es betont dabei zunächst, dass harte Tabuzonen unter anderem solche Gebiete seien, in denen der Betrieb einer Windenergieanlage gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verstieße, weil er durch Schallimmissionen schädliche Umwelteinwirkungen hervorriefe. Harte Tabuzonen aus Gründen des Lärmschutzes seien demnach grundsätzlich zulässig.

Das BVerwG verweist in der weiteren Urteilsbegründung darauf, dass das OVG Münster als Tatsacheninstanz den aus Lärmschutzgesichtspunkten erforderlichen Abstand zu schutzwürdiger Bebauung bei 450 m sah. Das BVerwG kommt – ausgehend von dieser Tatsachenfeststellung – deshalb zu dem Ergebnis, der Flächennutzungsplan sei abwägungsfehlerhaft, weil er eine harte Tabuzone von mehr als 450 m vorsah. Die Tabuzone sei also zu groß bemessen. Auch wenn das BVerwG als Revisionsgericht und damit reine Rechtsinstanz keine Überprüfung der tatsächlichen Feststellungen vornimmt, so kann man hierin dennoch die grundsätzliche Billigung eines Abstandes von 450 m als „harte“ Tabuzone zu schutzwürdiger Bebauung sehen.

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