06.01.2022

Das neue Kaufrecht – Was hat sich geändert?

Seit dem 01.01.2022 sind mit dem Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderen Aspekten des Kaufvertrages diverse Änderungen im Kaufrecht, insbesondere im Gewährleistungsrecht, in Kraft getreten. Das Gesetz setzt die EU-Richtlinie 2019/771 (Warenkaufrichtlinie) um, welche die aus dem Jahr 1999 stammende Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ersetzt.

Neben einer Vielzahl von Sonderbestimmungen für den Kauf von Waren mit digitalen Elementen sind folgende Kernpunkte im allgemeinen Kaufrecht und Verbrauchsgüterkaufrecht die wichtigsten Neuerungen:

Neuer Sachmangelbegriff

Der Sachmangelbegriff im allgemeinen Kaufrecht ist nun umfassend gesetzlich definiert.

Laut § 434 BGB ist eine Sache künftig frei von Sachmängeln, wenn sie – kumulativ –

  1. den subjektiven Anforderungen (Vereinbarungen im Kaufvertrag),
  2. den objektiven Anforderungen (rechtmäßige Erwartungen des Käufers) und
  3. den Montageanforderungen entspricht.

Abweichend von der bisherigen Rechtslage kann eine Sache demnach auch dann mangelhaft sein, wenn sie der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Damit die Kaufsache den zusätzlich erforderlichen objektiven Anforderungen genügt, muss sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen derselben Art üblich ist.

Um künftig Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen entgegenzuwirken, sollten Kaufverträge auf den neuen Sachmangelbegriff angepasst werden und ggf. durch negative Beschaffenheitsvereinbarungen ergänzt werden, sofern der Kaufgegenstand von den objektiv erwartbaren Anforderungen abweicht. Weiterhin zu beachten ist für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern jedoch § 476 BGB. Die Vertragsparteien dürfen entsprechende Vereinbarungen folglich nicht zum Nachteil des Verbrauchers schließen.

Bislang prägten das Begriffsverständnis des Sachmangels hauptsächlich Rechtsprechung und Literatur. Diese werden sich künftig umfassender mit den nunmehr gesetzlich niedergeschriebenen Vorgaben auseinandersetzen müssen.

Gewährleistungsrechte im Verbrauchsgüterkaufrecht

Beweislastumkehr

Bisher galt die gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel, welcher sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang zeigte, bereits bei Gefahrübergang vorhanden war. Der Zeitraum, für den diese Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers gilt, wird nun von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert.

Verjährungsverkürzung

Vertragliche Abweichungen von der regelmäßigen Verjährung der Mängelansprüche sind weiterhin zulässig. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Verjährung für gebrauchte Waren auf ein Jahr zu verkürzen. Der Unternehmer muss den Verbraucher aber vor der Abgabe einer diesbezüglichen Erklärung über die Verjährungsverkürzung in Kenntnis setzen. Die Verkürzung muss zudem vertraglich ausdrücklich und gesondert vereinbart werden.

Ablaufhemmung der Verjährung

Gewährleistungsansprüche verjähren künftig nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach erstmaligem Auftreten des Mangels. Sofern sich der Mangel erst am letzten Tag der Gewährleistungsfrist zeigt, läuft diese also noch weitere zwei Monate. Die Vertragsparteien können demnach fortan faktisch mit einem Gewährleistungszeitraum von 26 Monaten rechnen.

Garantieverschärfung

Garantieerklärungen müssen nun auch ohne ausdrücklichen Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Dabei muss deutlich sein, dass die Garantieleistung unabhängig von der gesetzlichen Gewährleistungspflicht besteht und eine Inanspruchnahme kostenfrei ist.

Bedingungen für Rücktritt, Minderung und Schadensersatz

Künftig kann der Verbraucher unter erleichterten Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten, Kaufpreisminderung oder Schadensersatz verlangen. Eine vorherige ausdrückliche Fristsetzung zur Nachbesserung ist dazu nicht mehr erforderlich. Bereits mit Mitteilung des Mangels durch den Verbraucher beginnt für den Verkäufer eine fiktive angemessene Frist zur Nacherfüllung zu laufen. Die Angemessenheit der Frist bestimmt sich nach Art der Ware, Kaufpreis und ggf. Erschwernissen einer Reparatur.

Fazit und Handlungsempfehlung

Die neuen Regelungen gelten für Kaufverträge, die ab dem 01.01.2022 geschlossen wurden. Auf vorher geschlossene Verträge sind weiterhin die gesetzlichen Vorschriften in der bis einschließlich 31.12.2021 geltenden Fassung anzuwenden.

Herstellern und Händlern ist zu raten ihre Vertragsmuster und AGB den neuen gesetzlichen Anforderungen anzupassen. Insbesondere eine kritische Durchsicht von Kaufverträgen in Hinblick auf den neuen Sachmangelbegriff ist unausweichlich.

Kommen Sie bei Beratungsbedarf gerne auf uns zu.

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