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News
06.04.2020

E-Mobilität in Miet- und WEG-Immobilien – Die Reform kommt!

Gemäß Klimaschutzprogramm der Bundesregierung muss der Verkehrssektor bis 2030 seine Emissionen um 40 bis 42 % im Vergleich zu 1990 mindern (siehe hier: Eckdaten des Klimaschutzprogramms). Die Bedeutung, die der E-Mobilität dabei zukommt, liegt auf der Hand.

Im Rahmen des Masterplans Ladeinfrastruktur der Bundesregierung kommt nun endlich der erforderliche konkrete Schwung: Am 23. März 2020 hat das Bundeskabinett die lang erwartete Reform von WEG und BGB beschlossen, um die Implementierung von E-Mobilität in Miet- und WEG-Objekten zu fördern. Der Entwurf des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) liegt seit dem 3. April 2020 als besonders eilbedürftige Vorlage (BR-Drucksache 168/20) beim Bundesrat zur Beschlussfassung.

Der Masterplan Ladeinfrastruktur

Gemäß Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung sollen bis 2030 insgesamt (im öffentlichen und privaten Bereich) eine Million Ladepunkte für Elektrofahrzeuge in Deutschland zur Verfügung stehen. Neben den geplanten Änderungen im WEG- und Mietrecht umfasst das Maßnahmepaket Auflagen u.a. an Tankstellen und die Betreiber von Kundenparkplätzen. Allein in den nächsten zwei Jahren sollen 50.000 öffentliche Ladepunkte eingerichtet werden.

In dem Zusammenhang ist folgendes wichtig: Am 4. März 2020 hat das Bundeskabinett in Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie 2018/844 den Entwurf des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes (GEIG) verabschiedet. Dieser sieht u.a. vor, dass bei Errichtung / größerer Renovierung von Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden mit mehr als 10 Stellplätzen im oder am Gebäude eine bestimmte Anzahl der Stellplätze mit Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität ausgestattet werden muss. Damit erfolgt der „positive Druck“ auf die Immobilienbranche, der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen, auch auf diesem Weg.

WEG- und Mietrecht – aktuelle Situation

Die derzeitige Lage im WEG-Recht im Hinblick auf Elektromobilität hat das LG München I in seinem Urteil vom 21.01.2016, Az. 36 S 2041/15 WEG anschaulich dargestellt (siehe hier). Eigentümer, die auf eigene Kosten Elektroleitungen für eine Ladestation verlegen möchten, haben demnach keinen Anspruch auf Zustimmung der Gemeinschaft im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung, da derartige Lademöglichkeiten für Elektroautos in Tiefgaragen nicht zum derzeitigen technischen Mindeststandard gehören. Die Zustimmung ist allerdings erforderlich, denn das Verlegen dieser Elektroleitungen ist eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG. Nur wenn (i.d.R.) alle Eigentümer „mitziehen“, kann ein solches Vorhaben umgesetzt werden.

Für Mieter ist die derzeitige Rechtslage noch misslicher – sie haben schlicht keinen belastbaren gesetzlichen Anspruch gegen ihren Vermieter auf Zustimmung zum Einbau von Lademöglichkeiten für ihr Elektrofahrzeug.

Der bisher steinige Weg der Reform

Erstmals am 23. September 2016 hat der Bundesrat einen Entwurf zur Änderung des BGB und des WEG vorgelegt, um den Einbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zu fördern. Der erste Entwurf verschwand offenbar „in der Schublade“, der Antrag wurde daher durch den Bundesrat, konkret: auf Initiative der Bundesländer Bayern und Sachsen, nochmals am 28. November 2017 eingebracht. Auch dieser Entwurf wurde nicht weiterverfolgt. Allerdings wurde im Juni 2018 auf Beschluss der Justizministerkonferenz eine länderoffene Arbeitsgruppe zur Reform (nur) des WEG eingerichtet, die im August 2019 ihren Abschlussbericht vorlegte. Darauf folgten am 11. Oktober 2019 ein nochmaliger Gesetzentwurf des Bundesrates (wir berichteten hier) und am 13.01.2020 der Referentenentwurf  des BMJV zum WEMoG, das entgegen seiner Überschrift auch Änderungen des BGB (Mietrecht) enthält und im Wesentlichen unverändert nunmehr durch das Bundeskabinett beschlossen wurde.

Ob die Reform nun unverändert und vor allem wann sie in Kraft tritt, steht derzeit nicht fest. Immerhin ist im Entwurf geregelt, dass die hier relevanten Änderungeregelungen zu WEG und BGB am ersten Tag des zweiten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft treten sollen.

Zu den Änderungen im Mietrecht …

§ 554 Abs. 1 S. 1 BGB-E gewährt dem Wohnungsmieter u.a. einen Anspruch gegen seinen Vermieter auf Zustimmung zu baulichen Veränderungen der Mietsache, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge – also nicht nur PKW, sondern auch z.B. E-Bikes – dienen. Durch Aufnahme des neuen § 554 BGB in § 578 Abs. 1 BGB gilt dies auch für Gewerberaummieter und Grundstücksmieter. Die Lademöglichkeit muss allerdings auf der gemieteten Fläche tatsächlich eingerichtet werden können, eine räumliche Erweiterung des Gebrauchsrechts wird durch die Neuregelung nicht gewährt.

§ 554 Abs. 1 S. 2 BGB-E sieht vor, dass der Anspruch des Mieters nicht besteht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sind nach dem Wortlaut der Norm auch die Interessen anderer Nutzer im Gebäude und die Belange des Klimaschutzes zu berücksichtigen.

Die Begründung des Gesetzentwurfs zählt bereits auf, welche Belange bei der Interessenabwägung regelmäßig in Betracht gezogen werden können. Auf Seiten des Mieters wird das (auf der Hand liegende) Veränderungsinteresse benannt und ausgeführt, dass dieses von seiner individuellen Situation und dem Ausstattungszustand der Mietsache abhänge – der Anspruch besteht also nicht „selbstverständlich“, sondern der Mieter muss sein Interesse schlüssig darlegen. Bezüglich des Vermieters werden u.a. genannt:

  • das Interesse des vermietenden Wohnungseigentümers an vorheriger Einholung eines Zustimmungsbeschlusses der WEG (um die er sich dann jedoch auch tatsächlich bemühen muss),
  • das Interesse des Vermieters an eigener Vornahme der Maßnahme (jedenfalls wenn er dies denn auch tatsächlich dem Mieter anbietet und durchführt),
  • das Interesse des Vermieters an Absicherung des Rückbaurisikos (hierfür sieht § 554 Abs. 3 BGB-E vor, dass der Mieter sich zu einer gesonderten Sicherheitsleistung verpflichten kann, für die dann § 551 Abs. 3 BGB entsprechend gilt).

Gem. § 554 Abs. 2 BGB-E ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

In der praktischen Anwendung der Norm wird voraussichtlich insbesondere die Interessenabwägung Probleme bereiten, bis eine gefestigte Rechtsprechung besteht. Allerdings ist davon auszugehen, dass in vielen Fällen auf den Einzelfall zugeschnittene Modernisierungsvereinbarungen nach § 555f BGB zwischen den Vertragsparteien geschlossen werden, gerade auch um Streitigkeiten zu vermeiden.

In dem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Norm lediglich Anspruch auf Zustimmung zur Vertragsänderung gibt, nicht etwa das Recht zur Selbstvornahme. Die Begründung des Gesetzentwurfs hebt dies ausdrücklich hervor.

… und im WEG-Recht

Der Kern der Reform ist § 20 WEG-E mit folgendem Wortlaut:

§ 20 Bauliche Veränderungen

(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die

(…) 2. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge

dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.

(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.

§ 20 WEG-E ersetzt den bisherigen § 22 Abs. 1 und 2 WEG. Er beinhaltet in seinem Abs. 2 Nr. 2 die privilegierte bauliche Veränderung, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge (also auch hier geht es nicht nur um Elektroautos, sondern z.B. auch um E-Bikes) dient. Dazu gehört nach dem Gesetzentwurf nicht nur das Anbringen einer Wallbox, sondern auch alle dazugehörigen Änderungen wie das Verlegen der Stromleitungen, Eingriffe in die Stromversorgung sowie die Verbesserung bereits vorhandener Ladeeinrichtungen. Auch hier gilt, dass der Anspruch nur besteht, wenn der Wohnungseigentümer nach den in der WEG geltenden Regelungen das Recht hat, das betreffende Fahrzeug während des Ladevorgangs im Bereich der Lademöglichkeit abzustellen; der Anspruch erweitert also nicht sein räumliches Nutzungsrecht.

Die Kosten der Maßnahme hat derjenige Wohnungseigentümer zu tragen, dem sie gestattet wurde bzw. auf dessen Verlangen die Veränderung durchgeführt wurde, vgl. § 21 Abs. 1 WEG-E. Zugleich gebühren nur ihm die Nutzungen.

Für Wohnungseigentümer, die eine Ladestation errichten wollen, bedeutet dies, dass sie – notfalls mittels Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 S. 2 WEG-E) – die Zustimmung der anderen Eigentümer erzwingen können. Für die Beschlussfassung selbst reicht nach § 25 Abs. 1 S. 1 WEG-E die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, was eine deutliche Erleichterung der Handhabung in der Praxis mit sich bringt.

Allerdings bestehen im Fall von § 20 Abs. 4 WEG-E, wenn also durch die bauliche Veränderung die Wohnanlage „grundlegend umgestaltet“ oder ein Wohnungseigentümer „unbillig“ benachteiligt wird, weder der Anspruch auf Zustimmung noch das Recht der WEG zur Beschlussfassung über den Einbau von Ladeinfrastruktur. Diese Regelung wird voraussichtlich erhebliche Anwendungsprobleme bereiten, insbesondere weil in § 20 Abs. 4 sowie in § 21 Abs. 2 WEG-E einige neue unbestimmte Rechtsbegriffe ins Spiel gebracht werden, die – laut Gesetzesbegründung – Einzelfallentscheidungen ermöglichen sollen. Dazu zählen vor allem die Begriffe „angemessene“ bauliche Veränderung (§ 20 Abs. 2), „grundlegende Umgestaltung“ einer Wohnanlage (§ 20 Abs. 4), „unbillige“ Benachteiligung (§ 20 Abs. 4), „Anpassung an Anlagen vergleichbarer Art“ (§ 21 Abs. 2) und „angemessener“ Amortisationszeitraum (§ 21 Abs. 2). Diese Begriffe stammen überwiegend aus dem Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe und wurden seither übernommen. Problematisch ist dies deshalb, weil es für die Auslegung dieser Begriffe noch keine Rechtsprechung gibt, auf die zurückgegriffen werden kann. Gerade im Bereich des WEG-Rechts, in dem es nach wie vor zu wenig spezialisierte Gerichte gibt, ist dies besonders misslich.

Ein weiteres Problem tritt hinzu: In § 21 WEG-E ist geregelt, wer die Kosten der Maßnahme zu tragen hat. Zur Regelung über die Folgekosten schweigt der Entwurf jedoch. Somit setzt sich die bisherige Problematik des § 16 Abs. 4 WEG fort. Der dringenden Forderung des DAV, eine Klarstellung zur Folgekostentragung in den Entwurf aufzunehmen, wurde nicht Folge geleistet.

Es fällt auch auf, dass der Anspruch des Mieters weiter formuliert ist als der Anspruch des vermietenden Eigentümers gegen die Gemeinschaft. Dieser hat gegenüber der WEG nur einen Anspruch auf Gestaltung oder Durchführung „angemessener“ baulicher Maßnahmen, wobei über die Art der „ordnungsgemäßen“ Durchführung die WEG durch Beschluss entscheidet. Insoweit sitzt der vermietende Wohnungseigentümer, wenn die Reform gemäß dem jetzt beschlossenen Entwurf in Kraft tritt, in Einzelfällen „zwischen den Stühlen“.

 

Lassen Sie uns hierüber und über andere spannende aktuelle Themen rund um die Energiewende im Gebäudesektor auf dem Kongress „Energiewende in der Wohnungswirtschaft“ am 06./07.10.2020 in Herrenkrug diskutieren!

Für weitere Fragen zum Thema stehen wir Ihnen gern zu Verfügung.