05.03.2019

Negative Strompreise – Vergütungskürzung für Windenergie?

Sturmtief „Bennet“ bescherte der Strombörse in der Nacht vom 04.03.2019 zum 05.03.2019 wieder einmal negative Strompreise. Dies haben die deutschen Übertragungsnetzbetreiber auf ihrer Informationsplattform mitgeteilt. Für zahlreiche Windenergieanlagen bedeutet das eine Kürzung ihrer Einspeisevergütung – oder doch nicht?

Vergütungskürzung durch § 51 EEG

Hintergrund ist eine Regelung in § 51 Abs. 1 EEG 2017: Sie sanktioniert eine Stromeinspeisung in Zeiten, in denen der Strompreis am Spotmarkt der Strombörse in der vortätigen Auktion in mindestens sechs aufeinanderfolgenden Stunden negativ ist. Für diesen gesamten  Zeitraum verringert sich der anzulegende Wert auf Null. Wird dennoch Strom eingespeist, erhalten Anlagenbetreiber weder eine Marktprämie noch eine gesetzliche Einspeisevergütung. Davon betroffen sind Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung ab 3 MW und sonstige Anlagen mit einer installierten Leistung ab 500 kW, wenn sie nach dem 31.12.2015 in Betrieb gegangen sind.

Negative Strompreise in Windparks

Doch auch Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 3 MW bleiben von der Vergütungskürzung nicht immer verschont. Denn das Gesetz ordnet an, dass die Leistung mehrerer Anlagen zu addieren ist, wenn ihre Inbetriebnahme innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten erfolgte. Weitere Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Anlagen auf demselben Grundstück, demselben Gebäude, demselben Betriebsgelände oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden. Diese sogenannte Anlagenaddition trifft dabei jeweils nur den zuletzt in Betrieb genommenen Generator.

Windparks werden aber häufig in engem zeitlichem Zusammenhang errichtet. Negative Strompreise können gerade hier zum Tragen kommen. Es stellt sich allerdings vielfach die Frage, ob und welche Anlagen für eine Vergütungskürzung bei negativen Strompreisen addiert werden müssen. Aufgrund ihrer Größe und der notwendigen Abstandsflächen befinden sich mehrere Windergieanlagen indes nur in seltenen Ausnahmefällen auf demselben Grundstück. Es kommt deshalb vor allem auf die Definition der sonstigen unmittelbaren räumlichen Nähe an.

Empfehlung der Clearingstelle EEG KWKG

Hiermit setzt sich die Clearingstelle EEG KWKG in ihrer erst kürzlich veröffentlichten Empfehlung 2017/11 vom 27.09.2018 auseinander. Die Empfehlung hatte zwar nicht negative Strompreise nach § 51 EEG 2017 im Blick, sondern die Leistungsgrenze für die Ausschreibungspflicht. Inhaltlich kommt es allerdings in beiden Fällen auf eine Anlagenaddition nach § 24 Abs. 1 EEG 2017 an, so dass sich die Ergebnisse der Empfehlung übertragen lassen.

Die Clearingstelle EEG KWKG bestimmt – in Fortführung ihrer bisherigen Entscheidungspraxis zu Solaranlagen – die sonstige unmittelbare räumliche Nähe nicht anhand absoluter Entfernungsangaben. Vielmehr hat sie einen Kriterienkatalog mit Indizien entwickelt, die für das Vorliegen der erforderlichen räumlichen Nähebeziehung sprechen sollen. Bei Windparks sollen insbesondere ein identischer faktischer Betreiber oder Errichter, identische Anlagentypen, eine gemeinsame Planung und gemeinsam genutzte Infrastruktureinrichtungen sowie ein einheitliches Anlagenzertifikat für den gesamten Windpark für eine Anlagenaddition sprechen. Unter Anwendung dieser Kriterien dürften wohl viele Windparks in ihrer Leistung zu addieren sein.

Erste betreiberfreundliche Rechtsprechung

Zwischenzeitlich gibt es aber auch erste Rechtsprechung zur Anlagenaddition bei negativen Strompreisen, die andere Kriterien anlegt. So hatte das Landgericht Frankfurt (Oder) über drei kleinere Windenergieanlagen unterschiedlicher Betreiber zu entscheiden, die in einer Entfernung von knapp 850 m errichtet worden waren. Der Netzbetreiber addierte alle drei Anlagen und reduzierte die Vergütung für Zeiten negativer Preise auf Null. Der Betreiber der zuerst in Betrieb genommenen Anlage wehrte sich hiergeben und verlangte vom Netzbetreiber die Auszahlung der vollen Marktprämie. Das Landgericht Frankfurt/Oder verneinte die erforderliche unmittelbare räumliche Nähe. Diese sei nur gegeben, wenn der Abstand zwischen den Anlagen mit demjenigen vergleichbar ist, der üblicherweise auf einem identischen Betriebsgelände vorherrscht. Hierfür waren 850 m nach Auffassung des Gerichts zuviel. Die Entfernung dürfe höchstens 500 m betragen. Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass bei Windenergieanlagen aufgrund der erforderlichen Abstände das Kriterium der räumlichen Nähe in aller Regel ohnehin nicht erfüllt sein dürfte.

Abrechnungen der Netzbetreiber genau prüfen

Es lohnt sich also, Abrechnungen der Netzbetreiber bei negativen Preisen genau zu prüfen. Häufig sind diese nämlich schon deshalb fehlerhaft, weil sie die Vergütung für sämtliche Anlagen im Windpark reduzieren. Laut gesetzlicher Anordnung ist dies jedoch nur zulässig für die Anlagen, die erstmals die Leistungsgrenze von 3 MW überschreiten. Mit anderen Worten: Die Vergütung für die zuerst in Betrieb genommene Anlage mit einer Leistung von weniger als 3 MW ist auch in Zeiten negativer Strompreise ungekürzt zu zahlen. Aber auch für die weiteren Anlagen ist ein näherer Blick auf die räumliche Situation vor Ort sinnvoll. Gern unterstützen wir Sie dabei.

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