Wie wir unlängst berichteten, hat das baden-württembergische Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft auf jene zwei Beschlüsse des VG Freiburg vom Februar und März 2019 reagiert, in welchen das Gericht die sog. Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Windenergieanlagen auf eine Waldumwandlungsgenehmigung erstreckt hatte.
Das Umweltministerium will es nun doch ganz genau nehmen. Es hat den jüngsten Erlass zum Umgang mit Waldumwandlungsgenehmigungen nochmal leicht überarbeitet. Einzig relevante Ergänzung dürfte allerdings der Hinweis sein, dass diese Thematik nicht nur Windenergievorhaben betreffen wird, sondern generell alle immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Vorhaben, wie z.B. Abbauvorhaben. In Baden-Württemberg scheint man sich damit über das Ausmaß der bisherigen Verwaltungspraxis klarzuwerden. Bisher erteilte die Verwaltung sämtliche Waldumwandlungsgenehmigungen isoliert. Dieser jahrelang praktizierten Auffassung hatte das Verwaltungsgericht Freiburg in zwei Beschlüssen eine klare Absage erteilt. Waldumwandlungsgenehmigungen müssten im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens von der Immissionsschutzbehörde erteilt werden. Dies gelte sowohl für Rodungen, die für die Anlagenstandorte selbst erforderlich werden als auch für Rodungen zur Errichtung der Zuwegungen.
Ob dies der VGH Mannheim auch so sehen wird, wird sich in den nächsten Monaten entscheiden. Danach wird das Ministerium den Erlass womöglich noch einmal überarbeiten.
News vom 27. Juni 2019
Aufräumen in Baden-Württemberg – Neue Erlasslage zu Waldumwandlung
Das baden-württembergische Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat auf jene zwei Beschlüsse des VG Freiburg vom Februar (die Entscheidung finden Sie hier) und März 2019 reagiert, in welchen das Gericht die sog. Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Windenergieanlagen auf eine Waldumwandlungsgenehmigung erstreckt hatte.
Bisher waren in Baden-Württemberg derartige Waldumwandlungsgenehmigungen, die für die Errichtung von Windenergieanlagen erforderlich wurden, isoliert von den Regierungspräsidien erteilt worden. Diese jahrelange Praxis hielt das VG Freiburg für rechtswidrig. Waldumwandlungsgenehmigungen seien eine unmittelbare Voraussetzung für die Errichtung von Windenergieanlagen. Sie entfalteten eine „unmittelbare Freigabewirkung“ für das Windenergievorhaben und seien deshalb in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren „einkonzentriert“. Die Waldumwandlungsgenehmigung müsse daher vom Landkreis als Immissionsschutzbehörde erteilt und die Umweltauswirkungen der Waldumwandlung in der UVP-Vorprüfung bzw. in der UVP im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens geprüft werden. Dies gelte nicht nur für jene Waldumwandlungen, die für die eigentlichen Anlagenstandorte erforderlich sind. Erfasst seien ebenso jene, die schon für die Errichtung der Zuwegungen benötigt werden. Die dort streitgegenständlichen Genehmigungen wurden daher vorläufig außer Vollzug gesetzt!
Neuer Erlass als Übergangslösung
Obwohl diese Beschlüsse derzeit noch vom VGH Mannheim überprüft werden, hat das Umweltministerium Handlungsbedarf gesehen. Dies ist durchaus nachvollziehbar. In noch laufenden Genehmigungs- und Widerspruchsverfahren müssen Behörden und Antragsteller prüfen, wie die Umweltauswirkungen einer Waldumwandlung korrekt abgearbeitet werden können. Das Ministerium hat daher nun einen neuen Erlass veröffentlicht, in dem er – allerdings ausdrücklich als „Übergangslösung“ – insbesondere folgendes Vorgehen empfiehlt:
Während laufender immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren sollten zusätzlich Antragsunterlagen vorgelegt werden, die eine Entscheidung über die Waldumwandlung ermöglichen. Die Unterlagen sollen sich dabei auch auf die Zuwegung erstrecken. Im Rahmen von Dritt-Widerspruchsverfahren könne die waldrechtliche Abwägung und die nachträgliche Aufnahme waldrechtlicher Nebenbestimmungen im Rahmen eines Abhilfebescheides durch die Ausgangsbehörde erfolgen. Auf etwaig isoliert vom Regierungspräsidium erteilte Waldumwandlungsgenehmigung solle der Antragsteller seinen Verzicht erklären.
Berücksichtigung der Waldumwandlung in UVP(-Vorprüfung) erforderlich!
Deutlich brisanter sind allerdings die Empfehlungen, wie nun mit Umweltverträglichkeits-(Vor-)Prüfungen umgegangen werden solle. Das Ministerium empfiehlt: Sollten im Rahmen des BImSchG-Verfahrens die Auswirkungen der Waldumwandlung in der Vorprüfung/UVP nicht berücksichtigt worden sein, so müsse dies nun in der Regel nachgeholt werden. Ebenso müsste umgekehrt im Waldumwandlungsverfahren in der dortigen Vorprüfung/UVP die Prüfung der Auswirkungen der Waldumwandlung für die weiteren Auswirkungen des Vorhabens nachgeholt werden! D.h. die im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens bzw. im Rahmen des Waldumwandlungsverfahrens (isoliert) erfolgten Vorprüfungen/UVP müssten nun „zusammengeführt“ werden.
Heilungslawine rollt auf Behörde und Betreiber zu – Projektierer sollten sorgfältig prüfen
Diese Empfehlungen kommen leider ein paar Jahre zu spät. Es wird aller Voraussicht nach in der Praxis einen enormen Aufwand bedeuten und zu erheblichen Problemen führen, längst durchgeführte UVP-Vorprüfungen und UVPs hinsichtlich der Umweltauswirkungen der Waldumwandlungen zu ergänzen und „zusammenzuführen“. So kann gerade wenn Waldumwandlungen ein größeres Ausmaß erreichen, allein dies schon die Pflicht zur Durchführung einer „großen“ UVP auslösen. In diesem Fall wären Antragsteller z.B. jetzt gezwungen, in einem evtl. kurz vor Abschluss stehenden Genehmigungsverfahren oder gar noch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zwecks Heilung eine große UVP „einzuschieben“ oder nochmal durchzuführen.
Zudem werden schwierige Fragen zu klären sein. So ist z.B. fraglich, ob überhaupt und in welchem Umfang die Auswirkungen der „Zuwegungsrodungen“ ebenfalls berücksichtigt werden müssen. All dies wird mindestens monatelange Verzögerungen nach sich ziehen, die sich durch die zu erwartende Belastung der Behörden, die jetzt vor einem Berg zu heilender UVP-Vorprüfungen und UVPs der letzten Jahre stehen dürften, noch verschärfen werden. Antragsteller sollten sich also zügig mit der Problematik auseinandersetzen, um die Genehmigungserteilung und gleichermaßen bereits erteilte Genehmigungen rechtlich abzusichern.