29.04.2021

OVG Lüneburg – Reine Negativziele in Regionalplänen unzulässig

Das OVG Lüneburg hat kürzlich entschieden, dass sog. reine Negativziele in Regionalplänen zum Ausschluss der Windenergienutzung unzulässig sind. Mit dieser Entscheidung schließt sich das OVG Lüneburg der Rechtsauffassung des OVG Münster an und erklärte die Windenergieplanung des LKR Diepholz in dessen RROP für unwirksam (diese finden sie hier) .

Der Landkreis Diepholz hatte sich entschieden, bei seiner Windenergieplanung einen anderen als den von der Rechtsprechung vorgegeben Weg zu wählen. Er ermittelte zwar wie üblich Vorranggebiete für die Windenergienutzung. Gleichzeitig aber legte er als weiteres Ziel der Raumordnung fest, das insgesamt 17 verschiedene Gebietsarten nicht für die Windenergienutzung in Anspruch genommen werden dürfen. So erklärte der Landkreis neben Landschaftsschutzgebieten verschiedenste Vorranggebiete zu Ausschlussgebieten für die Windenergienutzung.

Gesamträumliches Planungskonzept zwingend

Dem schob das OVG Lüneburg jetzt einen Riegel vor. Eine solche Festlegung von Ausschlussflächen durch Negativziele der Raumordnung ist nicht etwa auf Grundlage von § 35 Abs. 3 S. 2 HS. 1 BauGB zulässig. Dieser regelt, dass raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen. Nach Auffassung des OVG Lüneburg ist aber die Regelung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB  hinsichtlich der Festlegung von Ausschlussflächen für die Windenergienutzung spezieller und darf nicht umgangen werden. Die Spezialität des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB beruhe auf dem gesetzgeberischen Willen, eine Konzentrationsflächenplanung gerade nicht als ausschließlich negativ wirkende Verhinderungsplanung zuzulassen, sondern nur auf der Grundlage eines schlüssigen (gesamträumlichen) Planungskonzepts, in welchem einerseits positiv geeignete Standorte für die Windenergienutzung festgelegt und andererseits ungeeignete Standorte im übrigen Planungsgebiet ausgeschlossen werden.

Reine Negativziele Umgehung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB

Reine Negativziele etablieren hingegen, so das Gericht treffend, ein Konzept der Standortsteuerung der privilegierten Windenergienutzung (auch) durch Ausschlussflächen, das auf eine Wirkung über § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB angelegt ist, obwohl diese Norm infolge ihrer Spezialität gegenüber § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB für die Verwirklichung solcher Konzepte nicht zur Verfügung steht. Daher urteilte das OVG doch sehr deutlich „dass sich das Planungskonzept des Antragsgegners und insbesondere das Planungsergebnis der Negativziele als systematischer Versuch darstellt, sich den Anforderungen (...) an eine Konzentrationsflächenplanung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu entziehen, und zwar insbesondere einer eigenen systematischen Analyse des Planungsraums und (teilweise) auch der Identifikation sogenannter harter Tabuzonen.“

Derartige Negativziele finden sich immer wieder in Regionalplänen bzw. erfreuen sich bei den Planungsträgern durchaus zunehmender „Beliebtheit“. Wohl deshalb, da sie damit unmittelbare Genehmigungshindernisse zu kreieren suchen –  deren rechtliche Wirksamkeit natürlich einmal unterstellt. Ähnlich umfangreich wie die „Ausschluss-Liste“ des Landkreis Diepholz dürften die zielförmigen Ausschlussgebiete des LEP IV in Rheinland-Pfalz sein. Wäre das OVG Lüneburg zuständig, müsste es den LEP IV wohl sofort für unwirksam erklären müssen. Die zuständigen Verwaltungsgerichte in Rheinland-Pfalz haben dies indessen bislang nicht gewagt oder konnten dies nochmal umgehen. Sollten aber künftig dort oder anderswo reine Negativziele in Regionalplänen vor Gericht landen, so hat die klare und richtige Entscheidung des OVG Lüneburg die Erfolgsaussichten enorm erhöht.

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