OVG Münster – § 2 EEG ermöglicht nicht privilegierte Windenergieanlagen im Außenbereich
Das OVG Münster hat in einem aktuellen und sehr positiven Urteil mit Hilfe von § 2 EEG die Errichtung von Windenergieanlagen im Außenbereich für planungsrechtlich zulässig erachtet, obwohl diese den 1.000m-Abstand zur Wohnbauung nach dem Ausführungsgesetz zum Baugesetzbuch (AG BauGB NRW) nicht einhielten und damit als nicht privilegiertes, sonstiges Vorhaben gem. § 35 Abs. 2 BauGB einzuordnen waren!
Ein solches „sonstiges“ Vorhaben hatte bislang eigentlich kaum eine Chance, im Außenbereich realisiert zu werden. Denn § 35 Abs. 2 BauGB lässt im Außenbereich ein nicht privilegiertes, sonstiges Vorhaben nur dann zu, wenn dieses öffentliche Belange nicht einmal „beeinträchtigt“. Wann das der Fall ist, ist zwar im Wege einer „nachvollziehenden Abwägung“, ob öffentliche Belange durch das Vorhaben beeinträchtigt werden, zu ermitteln. Diese Hürde schafften aber bislang in aller Regel nicht mal geschotterte Parkplätze oder einbetonierte Sitzbänke.
§ 2 EEG: Windenergie überwiegt öffentliche Belange
Indes – für Windenergieanlagen ist die Rechtslage mit Inkrafttreten des § 2 EEG nunmehr eine andere: Demnach liegen Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Nach Satz 2 sollen die erneuerbaren Energien, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Und eine solche Schutzgüterabwägung ist, so das OVG Münster, eben auch die nachvollziehende Abwägung im planungsrechtlichen Außenbereich, wenn keine Ausschlussplanung erfolgt ist, auch mit Blick auf die Belange des Landschaftsbilds und des Denkmalschutzes.
Daher vermochte das Gericht weder eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft bzw. ihres Erholungswerts noch des Bodenschutzes noch eine Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege noch eine Beeinträchtigung des Landschaftsbilds zu erkennen! Und hielt das Vorhaben daher für planungsrechtlich zulässig und verurteilte die beklagte Behörde zur Neuverbescheidung.
Vorbelastung als Sonderkonstellation
Das Gericht sah sich jedoch veranlasst, zu betonen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben um eine „Sonderkonstellation“ gehandelt habe. Die Anwendung des § 2 EEG in dem vorliegenden Zusammenhang führe in einer solchen Sonderkonstellation daher auch nicht zu einem „Dammbruch“, dass dann entgegen der gesetzgeberischen Steuerungsintention in großem Umfang Windenergienutzungen im Außenbereich nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig wären. Ebenso vermochte das Gericht auf Grund des Vorliegens einer Sonderkonstellation nicht die Befürchtung zu teilen, das Steuerungssystem des Gesetzgebers des Wind-an-Land-Gesetzes würde nicht mehr funktionieren, wenn über § 2 EEG in einer Vielzahl von Fällen nicht privilegierte Vorhaben im Außenbereich als zulässig anzusehen wären. Allerdings sah das Gericht diese Sonderkonstellation bereits in „der Vorprägung des Bereichs durch die bestehenden Anlagen des Windparks E. , die in unmittelbarer Nähe verlaufende Autobahn sowie die 110 kV-Freileitung“. Eine nicht allzu seltene Sonderkonstellation.
Trotz der offenkundigen Bemühung des Gerichts, hier nur einen „Einzelfall“ zu entscheiden, hat dieses Urteil faktisch Grundsatzcharakter. Ähnlich wie der Beschluss des BverwG zum Verbot von WEA im Wald ein schönes Beispiel, dass die konsequente Anwendung des Rechts den Ausbau der Windenergie spürbar voranbringen kann.