15.01.2024

Stromsteuerbefreiung für biogen erzeugten Strom entfallen

Ohne größere mediale Berichterstattung oder Unmutsbekundungen der breiten Öffentlichkeit und deshalb auch weitgehend unbemerkt sind zum 01.01.2024 wichtige Steuerbefreiungen für biogen erzeugten Strom ausgelaufen. Wie die Bundesregierung bereits am 12.12.2023 bekannt machte (siehe hier), betrifft das die Stromsteuerbefreiungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StromStG (- dies zumindest in Teilen). Gemäß diesen Normen ist Strom aus Anlagen, in denen erneuerbare Energien eingesetzt werden, unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Fällen von der Stromsteuer – immerhin 2,05 Cent pro Kilowattsunde – befreit. Für dezentrale Versorgungskonzepte handelt(e) es sich mitunter um einen zentralen, jedenfalls einmal um einen wesentlichen Baustein für den wirtschaftlichen Anlagenbetrieb.

Was ist passiert?

Damit ist nun aber – zumindest teilweise – Schluss. Hintergrund dafür sind allerdings nicht akute Sparzwänge der Bundesregierung, sondern vielmehr europarechtliche Vorgaben und Zwänge. Wie zahlreiche Förderungen oder Vergünstigungen im Bereich der Energieerzeugung ist auch die Stromsteuerbefreiung nach § 9 StromStG europarechtlich als Beihilfe einzustufen. Sie bedarf daher der Genehmigung durch die EU-Kommission bzw. jedenfalls einer beihilferechtlichen Freistellung. Gemäß § 9 Abs. 9 StromStG wurden die (hier relevanten) Steuerbefreiungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StromStG daher schon grundsätzlich nur nach Maßgabe und bis zum Auslaufen der hierfür erforderlichen Freistellungsanzeige bei der EU-Kommission gewährt. Eben Letzteres ist nun zum 31.12.2023 eingetreten:

Wer ist betroffen?

Betroffen sind vor allem Anlagen, die flüssige Biomasse einsetzen; und zwar unabhängig von ihrer Größe. Hier ist die Befreiungsmöglichkeit gänzlich entfallen. Das ist insofern konsequent, als der Gesetzgeber Strom aus flüssiger Biomasse vor allem unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten schon seit Jahren nicht mehr für förderwürdig hält und den rechtlichen Rahmen hier sukzessive enger zieht.

Ähnlich (hart) betroffen sind auch Klärgas- und Deponiegasanlagen. Denn auch bei ihnen ist die Steuerbefreiung ohne Rücksicht auf die Anlagengröße komplett entfallen. Das dürfte, weil derartige Anlagen überproportional von bzw. an kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen betrieben werden, vor allem die ein oder andere finanziell klamme Gemeinde sicher sehr schmerzen.

Für Strom aus fester Biomasse ist das Privileg aus § 9 Abs. 1 StromStG demgegenüber „nur“ teilweise entfallen. Betroffen sind hier Anlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 20 MW oder mehr. Wesentlich empfindlicher – weil in der Gesamtzahl ungleich höher – trifft das Auslaufen der Freistellungsanzeigen schon die Betreiber von Anlagen, in denen gasförmige Biomasse eingesetzt wird. Hier sind nämlich bereits Anlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 2 MW oder mehr – also sicher nicht wenige öffentliche und private dezentrale Versorgungskonzepte – erfasst.

Der Teufel steckt aber im Detail

Welche Versorgungskonstellationen konkret das Auslaufen des Steuerprivilegs betrifft, ist dabei nicht ganz einfach zu beurteilen. Im Hinblick auf flüssige Biomasse, Klärgas und Deponiegas ist die Rechtslage noch recht überschaubar: Hier sind sowohl Eigenverbrauchskonstellationen als auch die Drittbelieferung sowie Anlagen jedweder Größenordnung betroffen.

Komplizierter wird es aber bei fester und gasförmiger Biomasse: Für Anlagen mit einer elektrischen Leistung von mehr als 2 MW kam die Steuerbefreiung bisher schon grundsätzlich nur im Falle des Selbstverbrauchs in Betracht. Die Belieferung etwa von Nachbarn oder Gewerbetreibenden aus solchen Anlagen konnte gestützt auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG also sowieso nicht stromsteuerfrei erfolgen. Anders verhält sich dies jedoch bei Anlagen mit einer elektrischen Leistung von maximal 2 MW. Hier kann auch die Belieferung Dritter durchaus steuerfrei erfolgen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 b) StromStG). Da vom Auslaufen der Freistellung aber ohnehin nur Anlagen ab 2 MW betroffen sind, könnte man annehmen, in solchen Konstellationen ändere sich nichts.

An dieser Stelle steckt der Teufel dann aber im Detail: Zu beachten ist nämlich, dass die zum 01.01.2024 entfallene Freistellung die Gesamtfeuerungswärmeleistung der Stromerzeugungsanlage in den Blick nimmt. Die Privilegien nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StromStG knüpfen aber an die elektrische Leistung an. Das genaue Verhältnis von Feuerungswärmeleistung zu elektrischer Leistung wiederum hängt maßgeblich von der elektrischen Effizienz der Anlage ab und ist damit letztlich einzelfallabhängig zu beurteilen. Erfahrungsgemäß könnten beim Einsatz von Biogas aber bereits Anlagen ab 800 kWel und größer vom Auslaufen der Freistellungsanzeige betroffen sein.

Kein Bestandsschutz

Zu beachten ist schließlich, dass vom Auslaufen der Stromsteuerbefreiung ALLE adressierten Anlagen betroffen sind. Eine Unterscheidung nach Bestands- oder Neuanlagen (etwa mit Inbetriebnahme nach dem 31.12.2023) findet im Stromsteuerrecht bekanntlich nicht statt. Stromsteuerbefreiungen sind hier also seit dem 01.01.2024 generell nicht mehr möglich; Entlastungen für das Kalenderjahr 2023 nur noch bis zum 31.12.2024.

Copyright by prometheus Rechtsanwaltsgesellschaft mbH | All rights reserved. | Impressum | Datenschutz | Sitemap