Thüringer Klimagesetz in Kraft getreten
Nachdem die GRÜNEN-Fraktion bereits im Jahr 2014 den Gesetzentwurf für ein Klimagesetz vorgelegt hatte, ist das „Thüringer Gesetz zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Thüringer Klimagesetzt – ThürKlimaG –) nun endlich am 29.12.2018 in Kraft getreten. Der Landesgesetzgeber verfolgt damit durchaus ambitionierte Ziele. So soll etwa bis 2030 eine Treibhausgasreduktion von 70% gegenüber 1990 erreicht werden (§2 Abs.5 ThürKlimaG). Bis 2050 wird eine Minderung um 95% angestrebt. Die Landesverwaltung soll bis 2030 klimaneutral arbeiten, auch für den Gebäudebestand wird bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität angestrebt. Außerdem strebt das Land an, bis zum Jahr 2040 seinen Energiebedarf vollständig aus einem Mix aus erneuerbaren Energien zu decken.
Ausweisung von 1% der Landesfläche für die Windenergie
Zu diesem Zweck soll neben der Energieeinsparung und der Steigerung der Energieeffizienz insbesondere ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgen. Für die Windenergienutzung wird dabei ausdrücklich die Bereitstellung von 1% der Gesamtfläche des Landes verbindlich festgelegt (§ 4 Abs.2 ThürKlimaG). Das ThürKlimaG greift in diesem Punkt die bereits im Koalitionsvertrag der Landesregierung und dem folgend auch im thür. Windenergieerlass vom 21.06.2016 angestrebte 1%-Zielsetzung auf und verfestigt diese nun in einer landesgesetzlichen Aussage.
Verbindliche Vorgabe für die Regionalplanung?
Dies könnte klingt nach einer guten Nachricht für alle, die auf eine Ausweitung der Windvorranggebiete in der aktuellen Fortschreibungsrunde der Thüringer Regionalpläne hoffen. Denn die bislang vorliegenden Entwürfe in den aktuell landesweit laufenden Verfahren zur Aufstellung bzw. Änderung der Regionalpläne entsprechen dieser Forderung quantitativ nicht. Allerdings hatte die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des ThürKlimaG bereits in einigen Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass sich aus der generellen Zielsetzung (z.B. des Windenergieerlasses), 1% der Landesfläche für die Windenergienutzung bereitzustellen, keinerlei verbindliche Vorgaben für die einzelnen Regionen ableiten ließen, weil dies die Besonderheiten der Regionen außer Acht ließe. Soll heißen: Allein der Umstand, dass ein Regionalplan nicht 1% der Fläche für die Windenergienutzung bereitstellt, genügt danach noch nicht, um von einer fehlerhaften Planung auszugehen.
Zwar fragt sich, ob sich diese Rechtsprechung auch jetzt noch, nach Inkrafttreten einer solchen in Gesetzesform vorliegenden Zielvorgabe aufrechterhalten ließe. Denn immerhin handelt es sich jetzt nicht mehr um eine bloße vertragliche Vereinbarung der Regierungsfraktionen bzw. bloße Empfehlung aus einem Erlass, sondern um eine gesetzliche und damit verbindliche Vorgabe. Es bleibt aber dabei, dass bislang weiterhin eine regionenbezogene Zielvorgabe fehlt. Deshalb ist nun die Landesregierung aufgerufen, entsprechende regionenbezogene Vorgaben für die Nutzung der Flächen zu erarbeiten, um das 1%-Ziel landesweit zu erreichen. Denkbar ist aber zudem, dass aus den Regelungen des ThürKlimaG auch für die Regionalverbände die Verpflichtung erwächst, regionale Klimakonzepte zu entwickeln, die dann eine entsprechende regionsspezifische Betrachtung beinhalten müssten, allerdings ist auch das vorerst noch „Zukunftsmusik“.
Beachtlich bei Abwägungs- und Ermessensentscheidungen
Der Gesetzgeber hat allerdings auch ausdrücklich im ThürKlimaG geregelt: „Dieses Gesetz ist bei Abwägungs- und Ermessensentscheidungen zu beachten“. Selbst wenn also (noch) keine regionsspezifischen Vorgaben für die Vorranggebietsausweisungen vorliegen, dürfte die vorgenannte Beachtenspflicht gelten. Diese könnte zumindest dazu führen, dass jede Planung oder sonstige behördliche Entscheidung, die sich auf Regional- oder Landesplanung bezieht, – wie die landesplanerische Untersagung – einer erneuten Überprüfung dahingehend zu unterziehen ist, ob die Vorgaben und Ansätze des ThürKlimaG ausreichend beachtet wurden. Verbleibt z.B. ein Regionaler Planungsträger mit seinen ausgewiesenen oder vorgesehenen Vorranggebieten für die Windenergienutzung unterhalb der geforderten 1%, dürfte dies zumindest ein erhöhtes Erläuterungs- und Rechtfertigungsbedürfnis auslösen. Anderenfalls würde diese Zielmarke zu einem „Papiertiger“ verkommen.
Was kann man tun?
Jeder, der von den in Aufstellung oder Änderung befindlichen Thüringer Regionalplänen betroffen ist (etwa auch im Rahmen landesplanerischer Untersagungen), sollte daher die aktuelle Situation versuchen zu nutzen. Denn die Fortschreibungen der Thüringer Regionalpläne sind noch nicht abgeschlossen. Wer also verhindern will, dass sich die regionalplanerische Situation für die nächsten viele weitere Jahre – ohne 1% der Landesfläche für die Windenergienutzung – verfestigt, sollte jetzt schnellstmöglich handeln und versuchen, mit dem ThürKlimaG für eine größere Ausweisung von Windvorranggebieten zu kämpfen. Gleiches gilt für diejenigen, deren Planungen oder Genehmigungsverfahren zur Sicherung der derzeit laufenden Regionalplanverfahren von landesplanerischen Untersagungen betroffen sind.