27.09.2019

Update: Zum Insolvenzverfahren der Senvion GmbH – Insolvenzplan beschlossen

Bekanntlich läuft derzeit das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Senvion GmbH am Insolvenzgericht Hamburg (Az. 67g IN 113/19). Wir berichteten zuletzt mit News vom 25.07.2019. Jetzt wurden entscheidende Weichen gestellt. Für Senvion-Kunden ist vor allem folgendes wichtig:

Insolvenzplan beschlossen

Am 10./11.9.2019 fand die erste Gläubigerversammlung in Hamburg statt. Im Ergebnis wurde der von der Senvion GmbH unter beratender Mitwirkung des Sachwalters RA Dr. Christoph Morgen verfasste Insolvenzplan von der Gläubigerversammlung beschlossen und durch das Insolvenzgericht bestätigt, § 248 InsO.

Gleichzeitig genehmigte der Gläubigerausschuss den Abschluss einer nicht-bindenden Exklusivitätsvereinbarung mit Siemens Gamesa über den Erwerb ausgewählter europäischer Service- und Onshore-Assets, welche dann gemäß Pressemitteilung aus dem Hause Senvion am 16.9.2019 unterzeichnet wurde.

Wesentlicher Inhalt des Insolvenzplans

Kernelement des beschlossenen Insolvenzplans ist die Ausgliederung der dem Betriebsteil Onshore Service zuzuordnenden Serviceverträge in die – ebenfalls im Insolvenzverfahren befindliche – Senvion Deutschland GmbH als aufnehmenden Rechtsträger nach § 123 UmwG im Rahmen eines dort durchzuführenden Kapitalschnitts gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte. Für diese Vertragsübertragung an die Senvion Deutschland GmbH ist die Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner aus den Service-Verträgen nicht erforderlich. Die Gesellschaftsanteile an der Senvion Deutschland GmbH sollen anschließend an einen Investor verkauft werden. Hierzu wurde wie erwähnt bereits eine Exklusiviätsvereinbarung mit Siemens Gamesa geschlossen.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Senvion GmbH wird hierdurch nicht beendet. Es wird in Eigenverwaltung fortgesetzt, das zurückbleibende Vermögen wird der weiteren Verwertung nach InsO zugeführt. Die Gläubigerbefriedigung erfolgt dann gemäß den §§ 187ff. InsO.

In dem Insolvenzplan finden sich keine weiteren Angaben zu Quotenhöhen, Auszahlungszeitpunkten etc. Hierzu ist im Insolvenzplan lediglich ausgeführt, dass die Erlöse aus den geplanten Kaufvorgängen, vermindert um einen an die Senvion Deutschland GmbH abzuführenden Teil in Höhe von EUR 2,0 Mio und soweit sie nicht auf Absonderungsrechte entfallen, der Insolvenzmasse zufließen und demzufolge den Insolvenzgläubigern zur Verfügung stehen.

Forderungsanmeldung

Zu beachten bleibt, dass die Frist zur Forderungsanmeldung für Insolvenzgläubiger am 2.8.19 endete. Wer die Frist zur Forderungsanmeldung versäumt hat, kann Insolvenzforderungen noch nachträglich – allerdings gegen Gebühr – anmelden.

Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf bestehende Liefer- und Wartungsverträge – § 103 InsO

Verträge, die bei Insolvenzeröffnung noch nicht vollständig beiderseitig erfüllt waren, laufen weiter und damit auch die Rechte und Pflichten für beide Parteien aus diesen Verträgen. Die Insolvenzeröffnung per se gibt den Vertragspartnern mithin i.d.R. kein Recht auf Beendigung eines solchen Vertrages. Allerdings besteht gem. § 103 InsO ein Wahlrecht von Senvion (welches im Einvernehmen mit dem Sachwalter ausgeübt werden soll, § 279 S. 2 InsO), ob diese Verträge weiterhin erfüllt werden und entsprechend Erfüllung auch vom Vertragspartner verlangt wird oder ob die Erfüllung abgelehnt wird – das sog. Erfüllungswahlrecht. Senvion muss sich auf Aufforderung unverzüglich hierzu erklären. Uns gegenüber hat sich Senvion in diesem Zusammenhang förmlich darauf berufen, dass das Wahlrecht erst nach der Gläubigerversammlung (s.u.) ausgeübt werden könne. Solange werden diese Verträge aktuell „in der Schwebe“ gehalten.

Soweit sich Senvion in Ausübung des Wahlrechts für die weitere Erfüllung eines Vertrages entscheidet, müssen beide Vertragspartner den Vertrag mit allen Rechten und Pflichten erfüllen und werden die Ansprüche des Kunden aus dem Vertrag zu Masseforderungen „aufgewertet“ (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO). Entscheidet sich Senvion gegen die weitere Vertragserfüllung, bleibt der Vertrag selbst zunächst bestehen und kann der Vertragspartner Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Vertrages nur zur Tabelle anmelden.

Außerordentliche Kündigung von Verträgen

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Senvion bezüglich eines jeden derzeit bestehenden Vertrages wie bisher zur Erfüllung aller Pflichten aus dem Vertrag verpflichtet ist. Dies bedeutet, dass für Kunden im Falle schwerwiegender Vertragsverletzungen u.U. ein Recht auf außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund entstehen kann.

Bei laufenden Service-Verträgen muss jeder Kunde anhand seiner individuellen Situation für sich prüfen, ob bzw. wann der Wechsel zu einem unabhängigen Dienstleister in Frage kommt, was allerdings die Sicherung des Zugriffs auf die Anlagensteuerung voraussetzt.

Keine Zwangsvollstreckung, Verfahrensunterbrechung

Derzeit sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Senvion unzulässig, § 89 InsO, und rechtshängige Verfahren von bzw. gegen Senvion bis zur Entscheidung über die Aufnahme des Verfahrens unterbrochen, § 240 InsO.

 

Kommen Sie mit Rückfragen oder Anliegen in diesem Zusammenhang gern auf uns zu.

 

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