26.11.2018

Aufhebung der Genehmigung nur bei fehlender Heilungsmöglichkeit der UVP-Vorprüfung

Mit seinem aktuellen Urteil vom 28.09.2018 hat das VG Aachen (6 K 612/17) festgestellt, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung rechtswidrig sei. Die durchgeführte UVP-Vorprüfung genüge den Anforderungen des § 3c UVPG a.F. nicht. Das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, eine UVP sei nicht erforderlich, sei hinsichtlich der Annahme, bezogen auf den Schwarzstorch seien keine erheblichen Umweltauswirkungen  zu erwarten, insbesondere sei nicht mit der Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Zugriffsverbots i.S.d. § 44 Abs. 1 BNatSchG zu rechnen, nicht nachvollziehbar.

Voraussetzung: konkrete Möglichkeit der Heilung

Im Rahmen seiner Entscheidung, mit der der betroffene immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid aufgehoben wurde, stellt das Gericht fest, dass nach § 4 Abs. 1b S. 1 UmwRG eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung einer Zulassungsentscheidung führe, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden könne. Das Gericht dürfe im Urteilstenor lediglich die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der Entscheidung aussprechen, soweit die konkrete Möglichkeit einer Heilung des Verfahrensfehlers im ergänzenden Verfahren bestehe.

Im Hinblick auf die konkrete Möglichkeit beschreibt das Gericht, dass die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nur dann in Betracht kommt, wenn die Fehlerbehebung nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheint. Es müsse sich abzeichnen, dass sich der Mangel in absehbarer Zeit beseitigen lässt. Wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung feststeht, dass eine Beseitigung des Mangels aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf unabsehbare Zeit nicht in Betracht kommt, steht dem Vorhaben ein unüberwindliches Hindernis entgegen, welches der Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren keinen Raum mehr ließe.

Fehlende Heilungsmöglichkeit nach VG Aachen

Unter Heranziehung einer aktuellen Raumnutzungsanalyse zum Schwarzstorch ist das VG Aachen in seinem Urteil zu der Feststellung gekommen, dass die geforderte konkrete Möglichkeit einer Heilung des Verfahrensfehlers im ergänzenden Verfahren nicht bestehe.

… trotz erkannter Heilungsansätze

Gleichzeitig führt das Gericht jedoch aus, dass das Fehlen der konkreten Möglichkeit der UVP-Heilung für einzelne Windenergieanlagen des beantragten insgesamt aus fünf Anlagen bestehenden Vorhabens nicht festgestellt werden könne. Die Kammer erläutert sogar, dass eine Heilung bei Modifizierung der Betriebszeiten der Anlagen (Abschaltmaßnahmen) oder bei einem Verzicht auf die zwei „problematischen“ Windenergieanlagen möglich wäre. Es obliege aber nicht dem erkennenden Gericht, das beantragte Vorhaben in beliebige Vorhabenteile aufzuspalten und den Genehmigungsbescheid etwa nur hinsichtlich der voraussichtlich kritischen Anlagen aufzuheben und im Übrigen zu bestätigen.

Ausblick

Ob auch das OVG Münster, sowohl die für die Heilung erforderliche Modifizierung der Betriebszeiten oder den teilweisen Verzicht auf die einzelnen Anlagen als Sache der Genehmigungsbehörde bzw. des Betreibers ansieht und daraus die fehlende Möglichkeit der Heilung der UVP-Vorprüfung ableitet, ist fraglich. Dies sieht bspw. der VGH Mannheim anders. In seinem Beschluss vom 06. Juli 2016 (3 S 942/16) hat der VGH auf eine Beschwerde dem Eilantrag nur im Hinblick auf die einzelnen unproblematischen Anlagen eines Windenergievorhabens stattgegeben und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen.

Berufungszulassung schon wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache

Das VG Aachen hat jedenfalls die Berufung nicht zugelassen. Für die Berufungszulassung spricht jedoch bereits der Umstand, dass vorliegend nur die standortbezogene UVP-Vorprüfung einschlägig war. Das VG Aachen geht in seinem Urteil, ohne weiter auf diese Frage einzugehen, davon aus, dass auch im Rahmen der UVP-Vorprüfung die Belange des Artenschutzes zu prüfen sind. Dies ist in der Rechtsprechung jedoch bisher nicht eindeutig geklärt. Nach Entscheidung des BVerwG hat bereits diese Frage grundsätzliche Bedeutung:

„Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Revisionsverfahren kann voraussichtlich zur Klärung der sich auch nach der durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geänderten Rechtslage stellenden Frage beitragen, ob und gegebenenfalls inwieweit Belange des Artenschutzes bei der standortbezogenen Vorprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz zu berücksichtigen sind.“

BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2018 (7 B 11/17)

Daher hätte das VG Aachen bereits aus diesem Grund die Berufung zulassen müssen. Es bleibt nun die Zulassung der Berufung und die Entscheidung des OVG Münster in der Sache abzuwarten.

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