06.04.2022

Windenergienutzung muss im Vorranggebiet tatsächlich möglich sein – OVG Lüneburg

Das OVG Lüneburg stellt klar, Windenergienutzung muss in einem ausgwiesenen Vorranggebiet tatsächlich möglich sein. Die Einbeziehung von Flächen in ein Vorranggebiet, die der Windenergienutzung nicht hinreichend sicher zur Verfügung stehen, ist ein beachtlicher Abwägungsfehler. Das hat das OVG Lüneburg im Februar entschieden und das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Uelzen (RROP 2019) für unwirksam erklärt.

Vorranggebiet und Ermittlung von Tabuzonen

Das RROP 2019 sah Vorranggebiete für Windenergienutzung mit gleichzeitigem Ausschluss von Windenergieanlagen auf den übrigen Flächen vor. Im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens hatte sich das Gericht mit der Wirksamkeit dieser Konzentrationsflächenplanung zu befassen. Einer solchen Planung vorausgehen muss die Ermittlung der Bereiche, in denen Windenergienutzung ausgeschlossen ist.

Vorranggebiet nicht hinreichend auf Tabuzonen überprüft

Nach Auffassung des OVG wurden die sog. Tabuzonen im RROP 2019 jedoch nicht hinreichend identifiziert und deshalb teilweise mit Windvorranggebieten überplant. Namentlich Korridore von Hubschraubertiefflugstrecken der Bundeswehr sowie ein Trinkwasserschutzgebiet – beides potenziell harte Tabuzonen – seien nicht einmal exakt verortet worden. Ebenso durfte der Planungsträger nicht bloß feststellen, dass etwa Beeinträchtigungen des Denkmalschutzes durch Windenergieanlagen zu erwarten seien. Auch sei es nicht ausreichend festzustellen, dass Richtfunktrassen, Hochspannungsfreileitungen sowie Rohrfernleitungen zu berücksichtigen seien. Vielmehr sei der Planungsträger daraufhin verpflichtet gewesen, entsprechende Prüfungen selbst vorzunehmen und diese Flächen ggf. zur Tabuzone zu erklären.

Abwägungsfehler und falscher Maßstab für substanziellen Raum

Dass diese Flächen einer Windenergienutzung tatsächlich nicht sicher zur Verfügung stehen, aber trotzdem Bestandteil der Potenzialflächen sind, sei allein schon ein stets beachtlicher Mangel im Abwägungsergebnis. Obendrein problematisch an der fehlerhaften Zuordnung der Gebiete sei, dass sie Grundlage für die Bewertung ist, ob der Plan substanziell Raum für die Windenergienutzung schafft.

Höhenbegrenzung im Vorranggebiet

Des Weiteren beanstandete das OVG die Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen außerhalb der 1.000-Meter-Pufferzone um Siedlungen (weiches Tabukriterium). Zur Förderung eines Repowering wollte der RROP 2019 den Siedlungsabstand für „Altstandorte“ aufweichen und Anlagen in weniger als 1.000 m zulassen, deren Nabenhöhe 100 Meter nicht übersteigt.

Maßstab der Nabenhöhe ungeeignet

Das OVG stellt bereits den Maßstab für die Höhenbegrenzung – die Nabenhöhe – in Frage. Gehe es um Erscheinungsbild und Sichtbarkeit einer Windenergieanlage, wie der Planungsträger mitteilte, sei vielmehr die Gesamthöhe der geeignete Anknüpfungspunkt. Überdies sei die Regelung im RROP fehlerhaft nicht Bestandteil der Darstellung, sondern nur in einer Anlage zur Begründung zu finden.

Zweifel an Wirtschaftlichkeit und Verstoß gegen LROP

Wiederum sah das OVG primär die Verwirklichung der Windenergienutzung in Gefahr. Der RROP 2019 begründe nicht hinreichend, dass Windenergieanlagen mit einer maximalen Nabenhöhe von 100 Metern noch mindestens während der zehnjährigen Laufzeit des Plans wirtschaftlich betrieben werden könnten. Ohne nähere Prüfung der Umsetzungschancen eines Windenergieprojektes könne jedoch nicht abwägungsfehlerfrei von dem Grundsatz des Landesraumordnungsprogramms, wonach in Vorrang und Eignungsgebieten für Windenergienutzung keine Höhenbegrenzungen festgelegt werden sollen, abgewichen werden.

Abschlag bei Prüfung des substanziellen Raumes

Schließlich hätten die höhenbegrenzten Gebiete in die Beurteilung, ob der Windenergie substanziell Raum verschafft wurde, mit einem Abschlag eingehen müssen. Denn das maßgebliche Ziel, möglichst viel Strom aus erneuerbarer Energie zu gewinnen, könne hier nur eingeschränkt erreicht werden.

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