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News
15.09.2025

Update: BVerwG weist Revision zurück

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Vorhabenträgerin für das Windenergieanlagenprojekt im Landkreis Göttingen zurückgewiesen und das Erfordernis eines ergänzenden Verfahrens bestätigt.

In diesem wird die fehlende Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung nachzuholen sein. Zwar betonte das BVerwG, dass sich der Natura 2000-Gebietsschutz grundsätzlich nicht auf gebietsexterne Flächen erstreckt. Gleichwohl seien im vorliegenden Einzelfall erhebliche Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebiets auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht offensichtlich ausgeschlossen.

Die von der Behörde durchgeführte Prüfung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbotes bemängelte das BVerwG demgegenüber nicht. Für die Genehmigungserteilung komme es nach der Feststellung des Gerichts auf die Sachlage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung an. Zukünftige Entwicklungen seien deshalb grundsätzlich nicht maßgeblich.

Die zeitliche Anwendbarkeit von § 6 WindBG verneinte das Gericht, da für die „endgültige“ behördliche Entscheidung i. S. d. § 6 WindBG, bis zu der eine Anwendung hätte verlangt werden können, auf die Genehmigungserteilung abzustellen sei und diese hier bereits ergangen war.

Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung des BVerwG. Sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen, werden wir über diese und daraus resultierende Konsequenzen berichten

Meldung vom 12.09.2025

BVerwG verhandelt zu § 6 WindBG, Habitatschutz und Artenschutz

Am 11.09.2025 verhandelte das BVerwG zu wichtigen Fragen des Habitatschutzes, des Artenschutzes und des § 6 WindBG. Vorausgegangen war ein Urteil des OVG Lüneburg vom 10.09.2024. Das OVG hatte die Revision gegen das Urteil selbst wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Wir berichten mit einem Eindruck aus der mündlichen Verhandlung:

Um was geht es?

Der Kläger, eine Umweltvereinigung, wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und dem Betrieb von fünf Windenergieanlagen im Landkreis Göttingen (Niedersachsen). Die Anlagen liegen innerhalb ausgewiesener Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen. Westlich des Vorhabens befindet sich ein Vogelschutzgebiet.

Die Vorgängerentscheidung des OVG Lüneburg

Das OVG hatte festgestellt, dass der Genehmigungsbescheid des beklagten Landkreises wegen verschiedener formeller und materieller Mängel rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

Verstoß gegen Vorschriften zum Habitatschutz, Artenschutz und UVP

Unter anderem ging das GOVG von einer fehlerhaften UVP und Natura 2000-Vorprüfung sowie von einem Verstoß gegen das spezielle Artenschutzrecht aus. Letzteres sogar, obwohl die Genehmigung zum Schutz des Rotmilans eine mehrmonatige Abschaltung der Windenergieanlagen am Tag vorsieht.

Anwendbarkeit von § 6 WindBG abgelehnt

Entscheidungserheblich für einen Teil der zu beurteilenden Rechtsfragen war die Vorfrage des zeitlichen Anwendungsbereiches von § 6 WindBG. Das OVG hatte eine freiwillige Anwendbarkeit des § 6 WindBG abgelehnt. Zwar sei § 6 WindBG bei bereits laufenden Genehmigungsverfahren anwendbar, bei denen der Antrag vor dem 29.03.2023 gestellt wurde und bei denen noch keine endgültige Entscheidung ergangen ist, wenn der Antragsteller dies gegenüber der Behörde verlangt. Vorliegend habe aber bereits eine „endgültige“ Entscheidung vorgelegen, da hierbei auf die Genehmigungserteilung abzustellen sei und die Genehmigung schon erteilt war. In einem anschließenden Widerspruchs- oder Klageverfahren nach Genehmigungserteilung stehe das Optionsrecht zur Anwendung von § 6 WindBG nicht mehr zur Verfügung. Für diese Frage hatte das OVG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Verhandlung des BVerwG, 7. Senat

Nun hatte das BVerwG über die Frage der Anwendbarkeit von § 6 WindBG und weitere Fragen des Habitatschutzes und des Artenschutzes zu befinden, nach dem Vorhabenträgerin von der zugelassenen Revision Gebrauch gemacht hatte. Der Vorsitzende des zuständigen Senats des BVerwG sprach in der mündlichen Verhandlung selbst davon, dass sich in dem zu beurteilenden Fall schwierige „Grenzfragen stellten“.

§ 6 WindBG

Zu der Frage der zeitlichen Anwendbarkeit von § 6 WindBG und zum Begriff der „endgültigen“ Entscheidung argumentierte das Gericht in der mündlichen Verhandlung eng an der zugrunde liegenden EU-Notfallverordnung. Im Ergebnis brachte es zum Ausdruck, dass nach vorläufiger Einschätzung des Senats viele dafür spreche, dass für die „endgültige“ Entscheidung auf den Abschluss des behördlichen Verfahrens abzustellen sei. Unklar blieb nach den Aussagen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, ob mit dem behördlichen Verfahren die Genehmigungserteilung oder ggf. auch ein behördliches Widerspruchsverfahren gemeint ist.

Habitatschutz

Im Zusammenhang mit dem Habitatschutz befasste sich der Senat in der Verhandlung intensiv mit dem Prüfungsmaßstab einer Natura 2000-Vorprüfung. Es wurde erörtert, ob das OVG für das hier genehmigte Vorhaben den richtigen Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt hatte, da das Windenergievorhaben hier immerhin ca. 1.500 m von dem Vogelschutzgebiet entfernt liegt. Das Gericht führte in der Verhandlung aus, dass die administrative Grenze des Vogelschutzgebietes nicht vernachlässigt werden darf. Daran knüpfte es die Frage an, ob richtiger Maßstab für die Natura 2000-Vorprüfung (nur) die Frage ist, ob ernsthaft zu besorgen ist, dass das WEA-Vorhaben außerhalb des Vogelschutzgebietes die Population im Gebiet beeinträchtigt. Zudem müsse man sich auch die Frage stellen, ob die hier vorliegende Besonderheit bei der Natura 2000-Vorprüfung zu berücksichtigen ist, dass die Windenergieanlagen mehre Monate im Jahr zur Tagzeit nicht betrieben werden dürfen. Denn in diesem Zeitraum könnten die WEA per se keine Auswirkungen auf kollisionsgefährdete Vögel haben.

Artenschutz

Hinsichtlich der Vorschriften des speziellen Artenschutzes erörterte der Senat mit den Verfahrensbeteiligten schließlich die Prognose zur Beurteilung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos. Er stellte dort die „Grenzfrage“, ob in die Prognose unter bestimmten Voraussetzungen auch potenzielle künftige Brutplätze einzubeziehen sind, wie dies das OVG Lüneburg in seiner Entscheidung angenommen hatte. Der Senat wies im Gespräch mit den Beteiligten darauf hin, die Daueraufgabe Artenschutz ende nicht mit der Genehmigungserteilung. Diese sei vom Betreiber der WEA während der gesamten Betriebsdauer zu beachten und von den Behörden zu überwachen. Diese Aussage lässt darauf schließen, dass der Senat dazu neigt, eine Berücksichtigung von potenziell künftigen Wiederansiedlungen bereits im Genehmigungsverfahren als nicht erforderlich anzusehen.

Pressemitteilung angekündigt

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung die Veröffentlichung einer Pressemitteilung angekündigt. Über diese werden wir nach ihrer Veröffentlichung selbstverständlich informieren. Ebenso über die Urteilsgründe, nachdem sie niedergeschrieben sind.