23.11.2018

Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen

Der neue Entwurf des Gesetzes zur Änderung des EEG 2017 (Energiesammelgesetz, zum Gesetzesentwurf berichteten wir hier) knüpft die finanzielle Förderung von Windenergieanlagen in § 100 Abs. 10 nach EEG künftig an eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung nach § 9 Abs. 8 des EEG-Entwurfs. Dies soll für neue Windenergieanlagen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bis 01.01.2020 und Bestandsanlagen bis 01.01.2021 erfolgen.

Ausgangslage: Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen

Bislang werden Windenergieanlagen ab einer Gesamthöhe von 100 m über Grund nur mit einer „Hindernisbefeuerung“ gemäß der AVV Kennzeichnung – in der Regel eine Nachtkennzeichnung durch rote Warnlichter – genehmigt. Hiermit wird der Flugverkehr auf die Windenergieanlage als Hindernis hingeweisen und so einer Kollision mit Luftfahrzeugen vorgebeugt. Dies ist aus Gründen der Sicherheit des Luftverkehrs sinnvoll und zweckmäßig, hat aber in der Vergangenheit dazu geführt, dass gerade bei modernen, größeren Windparks die rotleuchtenden Warnlichter teilweise wie ein Band in der Landschaft noch kilometerweit zu sehen sind.

Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung

Dies führt gerade nachts bei Anwohnern zu Kritik und Beschwerden. Deshalb möchte der Gesetzgeber den Beschwerden mit der Regelung über eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen begegnen. Um mehr Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie an Land und mithin für die Energiewende insgesamt zu schaffen, sollen die Warnlichter vnur bedarfsgerecht blinken, wenn sich ein Luftfahrzeug nähert.

Möglichkeiten der technischen Umsetzung: Radar

Eine solche bedarfsgerechte Kennzeichnung lässt sich zum einen technisch durch Radarsysteme umsetzen. Diese tasten den Nachthimmel durchgehend nach Bewegungen von Luftfahrzeugen ab und lassen im Fall einer Erfassung die roten Warnlichter aufleuchten. Wirtschaftlich betrachtet dürfte die Ausrüstung von Windparks mit Radartechnologie jedoch kostenintensiv sein. Laut Gesetzgeber werden die Kosten eines Radarsystems mit 100.000 € veranschlagt. Zudem wäre für die Nutzung von Radartechnologie eine zusätzliche Zuweisung einer eigenen Radarfrequenz durch die Bundesnetzagentur notwendig.

Möglichkeiten der technischen Umsetzung: Transponder

Eine andere Möglichkeit zur Umsetzung einer bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung ist die Ausrüstung der Windparks mit Transponder-Erfassungsgeräten. Viele Luftfahrzeuge verwenden heute Transponder, die fortlaufend Signale über sich in den Luftraum aussenden. Erfassungsgeräte an den Windenergieanlagen könnten diese Signale auffangen und erhielten demnach die Information, dass sich ein Luftfahrzeug in der Nähe befindet. Sie können dann ebenfalls auf Bedarf die Nachtkennzeichnung aktivieren. Die Kosten für die Anschaffung solcher Transponder-Erfassungsgeräte würden sich laut Gesetzgeber wohl auf 30.000 € für einen gesamten Windpark belaufen.

Gesetzesentwurf: Einsatz von Transpondern

Da Ausrüstung mit Transponder-Erfassungsgeräten erscheint dem Gesetzgebers somit wirtschaftlich günstiger als die Radartechnologie. Er hat sich daher für die Transpondertechnologie als gesetzliches Regelbeispiel für die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung im neuen § 9 Abs. 8 S. 3 EEG-Entwurf entschieden. Für kleinere Windenergieanlagen, für die selbst die Anschaffung von Transponder-Erfassungsgeräten wirtschaftlich unzumutbar ist, gibt es eine Sonderregelung. Laut Gesetzentwurf kann eine Ausnahme beantragt und auf das Erfordernis einer bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung verzichtet werden. Eine Förderung nach EEG erfolgt im Ausnahmefall trotzdem.

Sachfremde Vermischung mit Förderung nach EEG

Bei nüchterner Betrachtung stellt sich der gesetzgeberische Vorstoß einer bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung jedoch als mangelhaft dar. Zwar kann der Idee einer bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung dem Grunde nach zugestimmt werden, nicht jedoch im EEG. Im EEG geht es um eine Förderung und wirtschaftliche Steuerung des Ausbaus der Windenergienutzung. Eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung hingegen zielt auf die Verringerung von Störwirkungen, die von Windenergieanlagen ausgehen. Die Absicht des Gesetzgebers, beides miteinander zu verknüpfen, ist schlichtweg sachfremd. Stattdessen sollte der Gesetzgeber die Sachbereiche finanzielle Förderung (EEG) und die Verringerung von Störwirkungen (Immissionsschutz) strikt voneinander trennen.

Einsatz von Transpondern ist Eingriff in den Markt

Kritikwürdig ist zudem die Bezugnahme im Gesetzentwurf auf den Einsatz spezieller Transponder-Erfassungsgeräte als mögliche bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung. Denn es gibt auch Anbieter für spezielle Radarsysteme zur Erfassung von Luftfahrzeugen, über die eine bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung ebenso gesteuert werden kann. Durch den Gesetzentwurf werden aber nunmehr solche Unternehmen möglicherweise benachteiligt.  Der Gesetzgeber greift mit seiner Regelung zum von Transponder-Erfassungsgeräten als einziges Regelbeispiel in § 9 Abs. 8 S. 3 EEG-Entwurf in den Markt ein.

Widerspuch zu Vorgaben für einheitlichen europäischen Luftraum

Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Transponder-Erfassungsgeräten für die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung im EEG-Entwurf regelt der Gesetzgeber auch die Verordnung über die Flugsicherungsausrüstung der Luftfahrzeuge (FSAV) neu. Danach wird eine Transponderpflicht für Luftfahrzeuge im Bereich des „unkontrollierten Luftraums“ – also dem Luftraum, in dem Windenergieanlagen hineinragen – während der Nachtzeit eingeführt. Bislang bestand für Luftfahrzeuge im Bereich des sog. „unkontrollierten Luftraums“ keine Transponderpflicht zur Nachtzeit. Eine Transponderpflicht für den „unkontrollierten Luftraum“ ist auch nach der Verordnung (EU) 923/2012 (SERA.6005) nicht vorgesehen. Führt der deutsche Gesetzgeber eine Transponderpflicht in der FSAV ein, weicht er somit von den europarechtlichen Vorgaben ab. Das widerspricht damit aber dem europäischen Willen, einen einheitlichen europäischen Luftraum mit einheitlichen Voraussetzungen zu schaffen.

Zusätzliche Kosten für Bestandswindenergieanlagen

Schließlich werden durch die sachfremde Vermischung von Fragen der Förderung des wirtschaftlichen Ausbaus der Windenergienutzung mit der Verringerung von Störwirkungen auf die Umwelt bei der bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung im EEG-Entwurf den Betreibern von Bestandswindenergieanlagen ab 1. Januar 2021 noch zusätzliche Kosten auferlegt, wenn sie eine Förderung nach dem EEG erhalten wollen. Schon heute sind Windenergieanlagen teure und hochtechnologische Anlagen. Gerade für die Förderung einzelner oder kleinerer Bestandsanlagen dürften daher zusätzliche Kosten für ein Transponder-Erfassungsgerät wirtschaftlich schwer zumutbar sein. Dem dürfte auch die vom Gesetzgeber im Entwurf vorgesehene Ausnahme im Fall wirtschaftlicher Unzumutbarkeit keine hinreichende Abhilfe schaffen, da der Anlagentreiber hierfür zunächst ein Ausnahmeverfahren zu durchlaufen hat, in dem er die wirtschaftliche Unzumutbarkeit darlegen und beweisen muss. Eine Förderung nach EEG wird somit zumindest erheblich verzögert.

Fazit

Die Regelung zur einer bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung für Windenergieanlagen im neuen Entwurf des Gesetzes zur Änderung des EEG 2017 ist damit mindestens verbesserungsbedürftig. Grundsätzlich sollte aber die Frage gestellt werden, ob eine solche Regelung wirklich in das EEG gehört. Es bleibt abzuwarten, wie die Praxis darauf reagieren wird und wie schnell es zur rechtlichen Nagelprobe kommt.

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