Finaler Leitfaden zum Messen und Schätzen bei EEG-Umlagepflichten veröffentlicht
Nach mehr als einem Jahr Konsultation hat die Bundesnetzagentur am 08.10.2020 die finale Version ihres Leitfadens „Messen und Schätzen bei EEG-Umlagepflichten“ veröffentlicht (abrufbar hier). Bereits im Juli 2019 hatte die Behörde eine Konsultationsfassung zur Diskussion gestellt und mit den betroffenen Marktakteuren abgestimmt (wir berichteten hier). Wohl auch bedingt durch die COVID19-Pandemie ließ das Endergebnis nun deutlich länger auf sich warten als zunächst angekündigt.
Was lange währt, wird endlich gut?
Doch dies ist nicht der einzige Grund für die Verzögerung. Auf der Grundlage der eingegangenen Stellungnahmen hat die Bundesnetzagentur vielmehr eine umfassende Überarbeitung des Leitfadens vorgenommen. Dies wird bereits am erweiterten Umfang des Leitfadens deutlich, der von 53 Seiten in der Konsultationsfassung auf stolze 82 Seiten angewachsen ist. Dabei verfolgt die Bundesnetzagentur die grundlegenden Leitlinien der Konsultationsfassung konsequent weiter, konkretisiert diese aber an einzelnen Stellen. So zeichnet sich die finale Fassung des Leitfadens durch eine Ausweitung von Vereinfachungsregeln und Anwendungsbeispielen aus. Dies dürfte die Anwendung in der Praxis erheblich erleichtern.
Erleichterungen für Messen und Schätzen
Insbesondere stellt der Leitfaden wiederholt klar, dass der Eigenversorger nicht jede einzelne Strommenge messen muss. Es obliegt ihm lediglich, unter Berücksichtigung der konkreten Situation vor Ort zu entscheiden, welche Strommengen er messen und voneinander abgrenzen möchte, um die Eigenversorgungsprivilegien ganz oder teilweise geltend machen zu können. So kann es beispielsweise ausreichen, auf einem großen Betriebsgelände mit durchmischten Verbräuchen lediglich einzelne (größere) Eigenverbräuche zu messen und nur für diese die Privilegien in Anspruch nehmen möchte.
In diesem Zusammenhang bekennt sich die Bundesnetzagentur ausdrücklich zur Anwendbarkeit der sog. gewillkürten Vorrangregelung. Danach kann der Eigenversorger in einer Viertelstunde selbsterzeugte Strommengen vorrangig den gemessenen Eigenverbräuchen zuordnen, selbst wenn in derselben Viertelstunde auch messtechnisch nicht erfasste Mischverbräuche stattfanden. Dies war bisher in der Praxis nicht flächendeckend akzeptiert worden. Einzelne Netzbetreiber verlangten vielmehr eine anteilige Zuordnung der Stromerzeugung zu Eigenverbrauch und Drittverbrauch, was wiederum eine dezidierte Messung jeder einzelnen Strommenge erfordert hätte. Dem erteilt die Bundesnetzagentur nun eine klare Absage.
Konkretisierung der geringfügigen Stromverbräuche Dritter
Auch zur Frage, wann ein nach § 62a EEG 2017 geringfügiger Stromverbrauch Dritter vorliegt, gibt der Leitfaden eine Reihe von zusätzlichen Orientierungshilfen an die Hand. In einer sog. „Whitelist“ definiert die Bundesnetzagentur typische Geräte und Anwendungsfälle, für die im Regelfall von einer Geringfügigkeit ausgegangen werden kann. Verbrauchsgeräte mit geringfügigem Verbrauch sollen danach solche sein, die eine Leistungsaufnahme von max. 0,4 kW haben. Hier sei schon rein rechnerisch sichergestellt, dass diese selbst im Dauerbetrieb die Obergrenze von 3.500 kWh im Jahr nicht überschreiten. Doch auch Geräte mit einer größeren Leistungsaufnahme können noch als ein geringfügiger Verbrauch eingestuft werden, wenn diese typischerweise nur eine eingeschränkte Betriebsdauer haben (z.B. gemischt genutzte Multifunktionsdrucker oder Kopiergeräte).
… und dennoch – Messkonzept aufstellen!
Einschränkend ist anzumerken, dass der Leitfaden rechtlich nicht verbindlich ist. Gleichwohl bietet er einen guten ersten Anhaltspunkt für die Beurteilung der individuellen Pflichten zum Messen und Schätzen. Dies entbindet den Eigenversorger allerdings nicht davon, sämtliche Eigen- und Drittverbräuche genau zu analysieren und ein EEG-konformes Messkonzept aufzustellen. Gern unterstützen wir Sie dabei.
Gerade wenn für die Vergangenheit keine ausreichenden Messwerte vorhanden sind, muss das Messkonzept bis 31.12.2020 umgesetzt sein, damit für die Vergangenheit die Möglichkeit einer sachgerechten Schätzung in Anspruch genommen werden kann (wir berichteten hier). Jedenfalls nach gegenwärtigem Sachstand wird diese Frist auch im Zuge der aktuellen EEG-Novellierung nicht noch einmal verschoben. Wird die Frist nicht eingehalten, droht für die Vergangenheit der vollständige Verlust von EEG-Umlageprivilegien und damit eine Nacherhebung der EEG-Umlage. Für die Zukunft gilt dies ohnehin. Das kann teuer werden.