15.03.2019

Abschied vom „grünen Netz“ – Reform der Stromsteuer

Die seit drei Jahren geplante Reform der Stromsteuer hat endlich den Schritt in das parlamentarische Verfahren geschafft. Bereits im Jahr 2016 war ein Vorschlag der Bundesregierung zur Änderung des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes im Entwurfsstadium steckengeblieben. Im Oktober 2018 hatte das Bundesfinanzministerium erneut einen Referentenentwurf veröffentlicht. Am 14.03.2019 fand nunmehr die erste Lesung des Gesetzentwurfs (abrufbar hier) im Bundestag statt.

Umfassende Neuregelung der Stromsteuerbefreiungen

Kernpunkt der Reform ist eine umfassende Neuregelung der Stromsteuerbefreiungen in § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StromStG. Die Europäische Kommission sieht darin staatliche Beihilfen, die in der derzeitigen Form nicht fortbestehen können. Hierbei geht es vor allem um den Stromverbrauch aus dezentralen Stromerzeugungsanlagen. Wenn dieser aus erneuerbaren Energieträgern stammt und aus einem sog. „grünen Netz“ entnommen wird, das ausschließlich mit erneuerbaren Energieträgern gespeist wird, ergibt sich die Steuerbefreiung derzeit aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG. Darüber hinaus ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG Strom aus Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 MW privilegiert, wenn er vom Anlagenbetreiber selbst oder von einem Dritten in räumlichem Zusammenhang zur Anlage entnommen wird.

Privilegierung von großen EE-Anlagen nur noch bei Eigenverbrauch

Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Anwendungsbereich beider Befreiungstatbestände stark eingeschränkt werden. § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG soll künftig nur noch Strom aus erneuerbaren Energien erfassen, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als 2 MW erzeugt wird. Dieser soll zudem nur dann steuerfrei sein, wenn er zum reinen Eigenverbrauch des Anlagenbetreibers verwendet wird. Das Erfordernis eines „grünen Netzes“ entfällt. Gleichzeitig werden aber in Zukunft Lieferungen an Dritte aus solchen Anlagen in vollem Umfang steuerpflichtig sein, selbst wenn sie außerhalb des öffentlichen Netzes stattfinden. Insoweit wird die Stromsteuerbefreiung weitgehend an die Anforderungen der EEG-Umlage (wir berichteten hier) angelehnt.

Für Anlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von bis zu 2 MW bleibt die Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG sowohl für den Eigenverbrauch wie auch für die Belieferung Dritter erhalten. Die noch im Jahr 2016 diskutierte Absenkung der Leistungsgrenze auf 1 MW ist damit wohl vom Tisch. Allerdings soll dies künftig auf Strom aus erneuerbaren Energieträgern oder hocheffizienten KWK-Anlagen beschränkt sein.

Zudem findet das Erfordernis der Zeitgleichheit – ebenfalls bekannt von der EEG-Umlage – Eingang ins Stromsteuerrecht. Durch den neuen § 11a StromStDV soll sichergestellt werden, dass die Steuerbefreiungen nur dann eingreifen, wenn Erzeugung und Entnahme zeitgleich erfolgen.

Streitpunkt „grünes Netz“

Als Streitpunkt erweist sich dabei insbesondere die geplante Abschaffung des „grünen Netzes“. Mit seiner Stellungnahme vom 15.02.2019 lehnte der Bundesrat eine Änderung von § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG ausdrücklich ab. Er verweist insbesondere auf das Auslaufen der EEG-Vergütung für zahlreiche EE-Anlagen ab dem Jahr 2021. Diesen Anlagen müsse man eine wirtschaftliche Perspektive bieten, wozu Grünstromnetze einen entscheidenden Beitrag leisten könnten.

In ihrer Gegenäußerung stellt sich die Bundesregierung dem allerdings entgegen. In ihrer derzeitigen Fassung habe die Norm nahezu keinen Anwendungsbereich und führe zudem zu Abgrenzungsschwierigkeiten.

Wie geht es nun weiter … ?

Der Bundestag überwies den Gesetzentwurf zunächst zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. Nach den Plänen der Bundesregierung soll das Gesetz bereits zum 01.07.2019 in Kraft treten, vorbehaltlich einer Genehmigung durch die EU-Kommission.

Gleichzeitig beschloss der Bundestag auf Antrag der FDP-Fraktion, künftig die Stromsteuer zur Entlastung der Bürger abzuschaffen. Hierzu forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, die Stromsteuer ab 2021 auf das europäische Mindestmaß abzusenken und sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, die Stromsteuer zeitnah gänzlich abzuschaffen. Für private Haushalte beträgt der von Europa vorgegebene Mindestsatz nur 0,1 ct/kWh anstelle der durch deutsches Recht festgelegten 2,05 ct/kWh.

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