Änderung der BauO in Sachsen: 1.000m-Abstand für Windenergieanlagen
Nun gibt es ihn auch in Sachsen: Einen gesetzlichen 1.000m-Abstand für Windenergieanlagen. Dieser Abstand ist nicht nur zu Wohngebäuden im beplanten oder unbeplanten Innenbereich einzuhalten. Selbst zu „zulässiger Wohnbebauung im Außenbereich, die aus mindestens fünf Wohngebäuden besteht„, muss – immerhin nur der Mast – 1.000m Abstand einhalten. Wie es einst die „berüchtigte“ 10H-Regelung Bayern vorgemacht hat, wird mit dem neuen § 84 in der Sächsischen Bauordnung nicht abstandsgerechten Anlagen die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB entzogen. Und diese damit im Außenbereich praktisch unzulässig.
Übergangsregelungen und Ausnahmen vom 1.000m-Abstand
Im Vergleich zum Kabinettsentwurf (wir berichteten hier) wurden zwar ein paar Übergangsregelungen und Ausnahmen hinzugefügt.
Ausnahmen für Regionalpläne und Bauleitpläne
Der 1.000m-Abstand gilt so nicht für Regionalpläne und Bauleitpläne, die noch vor Inkrafttreten der Neuerung beschlossen wurden. Nur: was soll das heißen? Sollen dort auch nicht abstandsgerechte Windenergieanlagen doch genehmigt werden können und diese Pläne vollziehbar bleiben? In der Plenarsitzung wurde auf die Problematik der Vollziehbarkeit der Regionalpläne hingewiesen, die Regierungskoalition scheint diese mit der beschlossenen Ausnahmeregelung behoben haben zu wollen. Der Gesetzeswortlaut dürfte indes absehbar für Verwirrung sorgen.
Übergangsregelung
Bei der Übergangsregelung für laufende Genehmigungsverfahren hat der Gesetzgeber im Vergleich zum Kabinettsentwurf nachgebessert.
Der 1.000m-Abstand gilt nun nicht für im Genehmigungsverfahren befindliche Vorhaben, wenn die Vorhabensträger es schaffen, ihre Antragsunterlagen bis zum 30.09.2022 zu vervollständigen. Für Anträge, die die üblichen artenschutzfachlichen Erfassungen erst beauftragt haben, wird dieser Stichtag zu knapp bzw. nutzlos sein. Zudem wird die schon jetzt oft leidige Frage der Vollständigkeit eines Antrages weiter an Brisanz gewinnen. Sowohl im Genehmigungsverfahren selbst als auch in anschließenden Klageverfahren von Nachbarn und Umweltverbänden – so zeigen die Erfahrungen aus Bayern – wird dies zu Diskussionen führen.
Für Vorbescheidsanträge soll die Übergangsregelung ausdrücklich nicht gelten.
Ausnahmen bei kommunaler Zustimmung
Der Abstand gilt schließlich auch dann nicht, wenn die betroffene(n) Gemeinde(n) und Ortschaft(en) einem geringeren Abstand zustimmt/ zustimmen. Die Zustimmung der Gemeinde erfolgt dabei jeweils durch Beschluss des Gemeinderates im Einvernehmen mit den Ortschaftsräten der Ortschaften, auf deren Gebiet das Vorhaben geplant ist, sowie mit den Ortschaftsräten der Ortschaften auf deren Gebiet Wohngebäude mit einem Abstand von weniger als 1.000 m zum Vorhaben stehen. Als ob die Einholung einer solchen Zustimmung der verschiedenen Gremien nicht schon schwierig genug wäre. Der Gesetzgeber sah sich zusätzlich veranlasst, noch einmal deutlich auf die selbstverständlich unberührt bleibenden Möglichkeiten von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden hinzuweisen.
Der weitere Ausbau der Windenergie und der damit einhergehende Beitrag zum Klimaschutz und Energiesicherheit wird damit in Sachsen maßgeblich in die Verantwortung und in die Hände der Gemeinden gelegt. Eine ganz neue Art direkter Demokratie, ganz speziell für den Bereich der Windenergie.
Neue Abstandsflächentiefe für Windenergieanlagen
Sachsen hat zugleich die Abstandsflächenregelungen in der Bauordnung überarbeitet. Fast scheint es, um den künftig in Sachsen geltenden 1.000m-Abstand für Windenergieanlagen besser verdaulich zu machen. Nunmehr gilt für Windenergieanlagen im Außenbereich und in Sondergebieten eine Abstandsflächentiefe von 0,1H, mindestens aber 3m, was durchaus zu Erleichterungen für Projektierer führen kann.
Allerdings: Was nützt diese zugegebenermaßen geringe Abstandsflächentiefe, wenn das Vorhaben am 1.000m-Abstand scheitert? Die Nichteinhaltung der Abstandsflächen erweist sich eher selten als endgültiges Genehmigungshindernis. Gesetzliche Mindestabstände zu Wohnnutzungen, noch dazu im Außenbereich, sind hingegen inzwischen leider erpobtes Mittel, den Ausbau der Windenergie erfolgreich zu stoppen.
Fazit und Ausblick
Damit scheint Sachsen das Wettrennen mit dem Bund um die Einführung bzw. Abschaffung von Mindestabstandsregelungen vorerst gwonnen zu haben.
Es bleibt die Hoffnung, dass der Bundesgesetzgeber bei der Neuregelung des § 249 Abs. 3 BauGB noch etwas mehr Mut beweist als bisher vorgesehen. Im Interesse des viel beschworenen notwendigen deutlichen Ausbaus der Windenergie an Land wird die dort bisher vorgesehene Befugnis der Länder zur Abschaffung bereits in Kraft getretener landesrechtliche Mindestabstandregelungen nicht ausreichen. Vielmehr müssen die betroffenen Länder die Regelungen abschaffen müssen.