26.06.2020

Städtebauliche Verträge – Übernahme von Folgekosten

Das OVG Lüneburg hatte sich kürzlich mit der Übernahme von Folgekosten in einem städtebaulichen Vertrag zu befassen. Das Gericht erachtete den dort geschlossenen Vertrag für unwirksam.

Gemeinde und Investoren hatten die Übernahme diverser Folgekosten vereinbart. So übernahmen die Investoren u.a. die Kosten einer Grundschulerweiterung und einen Teil der Kosten eines noch einzurichtenden Ganztagsbetriebs. Für den Fall einer Zuordnung des Baugebiets zu einem anderen Grundschuleinzugsbezirk verpflichteten sie sich zu einem Beitrag zu den erforderlichen Ausbaukosten an der dann zuständigen Grundschule. Zudem verpflichteten sie sich zur Zahlung eines Zuschusses für die erstmalige Herstellung der Fahrbahn, der Straßenentwässerung und Beleuchtung. Sie übernahmen die Betriebskosten für die öffentlichen Beleuchtungsanlagen (bis zur Übernahme durch die Stadt) und verpflichteten sich, nach Fertigstellung die auf 20 Jahre „kapitalisierten Pflegekosten der Grünanlagen im Plangebiet“ einschließlich der Ausgleichsflächen zu erstatten.

Folgekosten für Pflege der öffentlichen Grünflächen über 20 Jahre

Das Gericht störte sich insbesondere an der vereinbarten Übernahme der Pflegekosten der öffentlichen Grünflächen (Kinderspielflächen, Jugendplatz, öffentlichen Straßenraumbegrünung, Ausgleichsflächen). Hier fehle es an der erforderlichen Kausalität zwischen Vorhaben und Maßnahme. Die Abwälzung der Unterhaltungskosten über einen Zeitraum von 20 Jahren liefe darauf hinaus, dass die Gemeinde dauerhaft ein Baugebiet mit denselben fiskalischen Vorteilen, aber ohne die finanziellen Lasten ihrer „Altbaugebiete“ erhielte. Dies begründete bereits einen beachtlichen Abwägungsmangel, da die Gemeinde (auch) in diesem Punkt von der Wirksamkeit des Vertrages ausgegangen war. Zudem scheint das Gericht schon Zweifel daran zu haben, ob die langfristige Pflege öffentlicher Grünflächen überhaupt noch als „städtebauliche Maßnahme“ i.S.d. § 11 BauGB angesehen werden kann.

Erweiterung des Schulbetriebs

Ebenso äußerte das Gericht erhebliche Bedenken an der vertraglichen Übernahme der Kosten für Schulerweiterungsmaßnahmen. Hierin liege kein durch das Vorhaben verursachter Mehraufwand. Der vereinbarte Kostenbeteiligungsschlüssel lasse vielmehr vermuten, dass Anknüpfungspunkt der Folgekostenvereinbarung der Gesamtaufwand für die Einrichtung des Ganztagsbetriebs ist. Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass die Einrichtung des Ganztagsbetriebes insgesamt erst durch das Vorhaben kausal verursacht würde. Übernommen werden mithin Kosten für Maßnahmen, die gleichzeitig durch mehrere Baugebiete ausgelöst sein können.

Das Gericht bezeichnete die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs nach alldem als hoch. Es gab dem Eilantrag daher statt und setzte den dahinterstehenden Bebauungsplan für ein neues Wohngebiet vorläufig außer Vollzug.

Diese Entscheidung macht erneut deutlich, dass Gemeinden beim Abschluss von Folgekostenverträgen nicht zu „ausufernde“ Vereinbarungen treffen dürfen. So attraktiv derartige Kostenübernahmen für Gemeinden natürlich sind, sie müssen sorgfältig geprüft werden. Andernfalls droht die Unwirksamkeit von Vertrag und Bebauungsplan.

 

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