Zur Frage, welche Regelungen für die Vergütungsverringerung bei älteren Solaranlagen gelten, wenn die notwendige Meldung zum Anlagenregister fehlt, meldet sich nun die Clearingstelle EEGΙKWKG zu Wort. In einem kürzlich veröffentlichten Schiedsspruch vom 13.05.2019 (abrufbar hier) kommt die Clearingstelle zu dem Ergebnis, dass bei Meldeverstößen von EEG-2012-Solaranlagen eine Vergütungsverringerung um 20 % greift.
Hintergrund ist eine Gesetzesänderung durch das Energiesammelgesetz. Bis Ende 2016 sah § 25 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2014 bei Meldeverstößen eine Vergütungsreduktion auf Null vor. Diese gravierende Sanktion entschärfte der Gesetzgeber mit Inkrafttreten des EEG 2017. Eine vollständige Vergütungskürzung greift nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2017 nur noch dann, wenn der Anlagenbetreiber keine Jahresmeldung an den Netzbetreiber abgegeben hat. Ist die Jahresmeldung dagegen fristgerecht erfolgt, wird die Vergütung infolge des Meldeverstoßes nur noch um 20 % gekürzt. Durch Einfügung eines neuen § 100 Abs. 2 Satz 3 EEG 2017 hat der Gesetzgeber nunmehr klargestellt, dass die nachträgliche Sanktionsmilderung für sämtliche ab dem 01.08.2014 eingespeiste Strommengen gelten soll – und zwar unabhängig vom Inbetriebnahmezeitpunkt der Anlage.
Kürzung auch für Solaranlagen nach EEG 2009
Auf den ersten Blick haben der Schiedsspruch der Clearingstelle EEGΙKWKG und das Urteil des OLG Hamm unterschiedliche Anknüpfungspunkte. Die Clearingstelle EEGΙKWKG hatte über eine EEG-2012-Solaranlage zu befinden, das OLG Hamm über eine EEG-2009-Solaranlage. Dennoch ergibt sich auf den zweiten Blick ein offener Widerspruch. Denn die Änderungen des Energiesammelgesetzes betreffen auch Solaranlagen mit Inbetriebnahme im Geltungsbereich des EEG 2009. Die Clearingstelle EEGΙKWKG weist vor diesem Hintergrund darauf hin, dass sich das OLG Hamm maßgeblich auf die Begründungen zur Urfassung des EEG 2017 gestützt hatte und die Änderungen durch das Energiesammelgesetz nicht hinreichend gewürdigt hat.
Zu früh gefreut also für Betreiber von EEG-2009-Solaranlagen – auch diese dürften nach dem geltenden Recht Vergütungskürzungen bei fehlender Meldung an das Anlagenregister unterliegen. Eine umso größere Bedeutung kommt der fristgerechten Jahresmeldung beim Netzbetreiber zum 28.02. des Folgejahres zu, um einen Totalausfall zu vermeiden. Zudem sollten Betreiber von Bestandsanlagen die aktuell bestehende Registrierungspflicht ihrer Anlagen zum Markstammdatenregister (wir berichteten hier) zum Anlass nehmen, etwaige Meldepflichtsverstöße schnellstmöglich für die Zukunft zu heilen.
Meldung vom 28.06.2019
Bereits seit Inkrafttreten des EEG 2009 mussten Betreiber von Solaranlagen den Standort und die installierte Leistung ihrer Anlage an die Bundesnetzagentur melden. Dies war schon damals zwingende Voraussetzung für den Vergütungsanspruch. Ab 2014 löste die Meldung zum Anlagenregister diese Meldepflicht ab. Seither beschäftigen pflichtwidrig unterbliebene Meldungen von Solaranlagen immer wieder die Rechtsprechung.
Bisherige Rechtsprechung zu Meldepflichten und Rückforderungen
Die Rechtsprechung sieht hier allein die Anlagenbetreiber in der Pflicht. In den bisher ergangenen Entscheidungen haben die Gerichte die Anlagenbetreiber regelmäßig zur Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Vergütung verurteilt. So hatte der BGH bereits im Jahr 2017 entschieden, dass es grundsätzlich dem Anlagenbetreiber selbst obliege, sich über die geltende Rechtslage und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach dem EEG zu informieren (Entscheidung hier abrufbar).
Nicht selten stellten die Netzbetreiber erst nach einigen Jahren fest, dass die Anlagenbetreiber die Anlage nicht ordnungsgemäß gemeldet hatten. Die Anlagenbetreiber hatten den zum Teil existenzbedrohenden Rückforderungen bisher rechtlich wenig entgegenzusetzen. Dies könnte sich nach einer Entscheidung des OLG Hamm nun zumindest für Solaranlagen mit Inbetriebnahme vor dem 01.01.2012 ändern.
OLG Hamm hält Übergangsvorschriften für lückenhaft
Für Überraschung sorgt vor diesem Hintergrund eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamm vom 10.05.2019 (abrufbar hier). Der Anlagenbetreiber hatte u.a. eine im Jahr 2009 in Betrieb genommene Solaranlage erst im Jahr 2017 an die Bundesnetzagentur gemeldet. Der Netzbetreiber forderte daraufhin die gesamte ausgezahlte Vergütung der Jahre 2015-2017 zurück. Nachdem das LG Paderborn den Anlagenbetreiber erstinstanzlich zur Rückzahlung verurteilt hatte, hob das OLG Hamm die Entscheidung insoweit wieder auf.
Das Gericht verwies zur Begründung darauf, dass nach den aktuellen gesetzlichen Regelungen keine Rechtsgrundlage für eine Reduzierung des Vergütungsanspruchs gegeben sei. Für Solaranlagen, die im Geltungsbereich des EEG 2012 oder später in Betrieb genommen wurden, ergebe sich diese Rechtsfolge aus § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014, der über die entsprechenden Übergangsvorschriften des EEG 2017 weiterhin anwendbar sei. Auch für Anlagen im Geltungsbereich des EEG 2009 sei zwar bereits in § 16 Abs. 2 Satz 2 EEG 2009 geregelt gewesen, dass ein Vergütungsanspruch nur bei erfolgter Meldung an die Bundesnetzagentur bestehe. Diese Vorschrift sei aber – so das OLG – mit Wirkung zum 01.08.2014 außer Kraft gesetzt worden. Auch die äußerst umfangreichen und unübersichtlichen Übergangsvorschriften des EEG 2014 und des EEG 2017 würden nichts Abweichendes regeln. Für eine ergänzende Auslegung der Übergangsvorschriften sei ebenso wenig Raum wie für eine analoge Anwendung der Vergütungsreduzierung.
Nach Auffassung des OLG Hamm kommt damit für Solaranlagen, die vor dem 01.01.2012 in Betrieb genommen und nicht ordnungsgemäß gemeldet worden sind, eine Vergütungsreduzierung nur dann in Betracht, wenn nach dem 31.07.2014 deren installierte Leistung verringert oder erhöht wurde. Sei dies nicht der Fall, stehe den Anlagenbetreibern der volle Vergütungsanspruch zu.
Revision zugelassen
Das Urteil dürfte weitreichende Folgen für Betreiber von Solaranlagen aus dem EEG 2009 haben, deren Meldung pflichtwidrig unterblieben ist. Insoweit war auch dem OLG Hamm durchaus bewusst, dass es durch seine Entscheidung eine Ungleichbehandlung der Betreiber von Solaranlagen nach dem EEG 2009 einerseits und dem EEG 2012/2014 andererseits herbeiführt. Das OLG hat daher die Revision zum BGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Es bleibt also abzuwarten, welche Auffassung das höchste deutsche Zivilgericht hierzu vertritt und was es dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Transparenz von Übergangsvorschriften ins Stammbuch schreibt.