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News
06.04.2023

Update: Unwirksamkeit des Teilplans Windenergie Mittelthüringen – Entscheidungsgründe veröffentlicht

Über vier Monate nach Verkündung seines Urteils über die Normenkontrollanträge gegen den Sachlichen Teilplan Windenergie Mittelthüringen hat das OVG Weimar nunmehr die Entscheidungsgründe veröffentlicht.

Dabei hat das Gericht die Urteilsbegründung eigentlich relativ knapp gehalten. Da es „Mängel in zentralen Festlegungen des Teilplans, die zu einer Überarbeitung des Plankonzepts in seinen Grundzügen führen dürften“ erkannte, ließ es viele der von den Antragstellern zahlreich vorgetragenen formellen und materiellen Mängel dahinstehen. Formelle Mängel in den diversen Bekanntmachungen wollte das Gericht ohnehin nicht erkennen.

„Harter“ Ausschluss der Landschaftsschutzgebiete

Umfangreich und in aller Deutlichkeit – und zu Recht – kritisierte das Gericht hingegen den „harten“ Ausschluss von Landschaftsschutzgebieten. Windenergie sei dort keineswegs schlechthin ausgeschlossen. Denn das Naturschutzrecht beschränke den Landschaftsschutz auf die in § 26 BNatSchG genannten Eigenschaften und Funktionen, nach Maßgabe näherer Bestimmungen. Für einen Ausschluss der Landschaftsschutzgebiete sei es daher „unabdingbar erforderlich“, dass der Planungsträger die Schutzzwecke des jeweiligen Gebietes überprüft. Dies hatte die Planungsregion Mittelthüringen nicht getan bzw. jedenfalls war eine entsprechende Prüfung nicht dokumentiert.

„Weicher“ Ausschluss des 1-250m-Siedlungsabstand

Ebenso konnte das Gericht den weichen 1.250m-Abstand um alle vorhandenen Siedlungsflächen im Innenbereich nicht nachvollziehen. Es vermisste eine plausible, handfeste Begründung, weshalb sich ein derart großer Vorsorgeabstand – der noch dazu über die Empfehlung des Windenergieerlasses hinausgeht – gegen die Belange der Windenergie durchzusetzen vermag. Erfreulicherweise kritisierte das Gericht zusätzlich, dass der Planungsträger – wie so häufig – diesen Vorsorgeabstand einheitlich zu allen Baugebietstypen angelegt hatte, also ohne zu unterscheiden, ob er damit ein Reines Wohngebiet schützt oder ein Dorfgebiet mit entsprechend niedrigerem Schutzanspruch gegenüber Immissionsbelastungen. Dabei ließ das Gericht auch nicht das Argument gelten, ein regionaler Planungsträger habe schließlich eine Typisierungsbefugnis, es sei ihm also erlaubt, zu pauschalieren. Diese Typisierungsbefugnis ginge verloren, wenn der Planungsträger einen so großen Schutzabstand wählt, dass selbst Flächen gepuffert werden, die nicht einmal mehr im immissionsschutzrechtlichen Einwirkungsbereich liegen.

Aus den gleichen Gründen war im Übrigen daher genauso der weiche 1.250m-Abstandspuffer zu unbebauten, aber im Flächennutzungsplan vorgesehenen Flächen fehlerhaft.

Reduzierung des Siedlungsabstands gegenüber Bestandsanlagen

Zudem wollte der Planungsträger laut Planungskonzept diesen weichen 1.250m Siedlungsabstand pauschal auf 1.000m reduzieren, soweit auf der Potenzialfläche Bestandsanlagen vorhanden waren, um dort die Windenergienutzung weiter zu ermöglichen. Das hielt das Gericht zwar für grundsätzlich zulässig, kritisierte aber, dass dabei nicht einheitlich und konsequent vorgegangen worden war. Der Planungsträger hatte letztlich ohne ein einheitliches System, je nach Standort ganz unterschiedlich um die Bestandsanlagen herum gemessen. Das genüge nicht den Anforderungen an einen „weichen“ Ausschluss.

Angesichts dieser Mängel sah sich das Gericht schließlich nicht einmal mehr zur Prüfung veranlasst, ob der Windenergienutzung substanziell Raum verschafft wurde. Da die 12 Vorranggebiete zusammen eine Fläche von 2.342ha umfassten und damit ganze 0,63% der Regionsfläche der Windenergie zur Verfügung gestellt wurden, dürfte das Gericht dem Planungsträger auf diese Weise einen weiteren Kritikpunkt erspart haben.

Wahrscheinlich sämtliche in Thüringen aktive Projektierer dürften nun mit Spannung den letzten Schritt in diesem fast vier Jahre dauernden Verfahren erwarten: Dass dieses Urteil rechtskräftig wird – wenn nicht die Planungsgemeinschaft dies mittels Antrag auf Zulassung der Revision zumindest einstweilen zu verhindern gedenkt.

Meldung vom 22.11.2022

Sachlicher Teilplan Windenergie Mittelthüringen unwirksam!

Das OVG Weimar hat den Sachlichen Teilplan Windenergie Mittelthüringen für unwirksam erklärt. In seiner heutigen Urteilsverkündung gab das Gericht den insgesamt sechs, unter anderen durch unser Haus betreuten Normenkontrollanträgen statt.

Das Gericht begründete seine Entscheidung mündlich zusammenfassend u.a. damit, dass der Planungsträger Landschaftsschutzgebiete, in denen per Verordnung ein Bauverbot besteht zu Unrecht als harte Tabuzonen ausgeschlossen hat. Hieran hatte es schon in der mündlichen Verhandlung Zweifel angedeutet. Zudem kritisierte das Gericht, dass der Planungsträger bei der Bestimmung der weichen Tabukriterien seine Typisierungsbefugnis generell überspannt hat. Insbesondere konnte es nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet in Mittelthüringen aus Vorsorgegründen ein 1.250m-Abstand zu Wohnnutzungen sachgerecht sein soll, während in den übrigen Planungsregionen – so im Übrigen auch der Windenergieerlass – ein Abstand von 1.000m für ausreichend erachtet wird.

Die schriftlichen Urteilsgründe folgen in den nächsten Wochen. Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil rechtskräftig wird.

 

Meldung vom 10.11.2022

OVG Weimar verhandelt Sachlichen Teilplan Windenergie Mittelthüringen

Am gestrigen Mittwoch verhandelte das OVG Weimar insgesamt sechs Normenkontrollklagen gegen den Sachlichen Teilplan Windenergie der Planungsregion Mittelthüringen. Seit Dezember 2018 ist dieser Plan in Kraft. Wie lange er das noch bleiben wird, hat nun das Gericht zu entscheiden.

Das Gericht erörterte insbesondere die formelle Rechtmäßigkeit der Planung und deutete an, dass es wohl keine Bekanntmachungsmängel erkennen kann. Insbesondere scheint das Gericht in der Bekanntmachung keinen ausdrücklichen Hinweis auf die hier gewollte außergebietliche Ausschlusswirkung des Plans gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB für erforderlich zu halten, wie es beispielsweise das OVG Münster verlangt.

Mit den vorgetragenen materiellen Mängeln dürfte sich das Gericht aber erheblich schwerer tun. So problematisierte es die harten 400m-Siedlungsabstände, die der Planungsträger u.a. auch zu Kurparken und Gemeinbedarfsflächen im Außenbereich (z.B. für Bildung, Forschung, Kultur, Soziales, religiöse Einrichtungen) angesetzt hatte, da diese nur gelegentlich von Menschen genutzt werden. Ebenso deutete es Zweifel am weichen 1.250m-Abstand jedenfalls zu Zelt- und Campingplätzen sowie am harten Ausschluss bestimmter Landschaftsschutzgebiete und von Wald in Landschaftsschutzgebieten sowie der Zone II von Wasserschutzgebieten an. Damit würde es insoweit die Entscheidung des VG Gera zum Regionalplan Ostthüringen bestätigen. Ebenso war natürlich Thema, ob der Sachliche Teilplan Windenergie Mittelthüringen, der sage und schreibe 0,63ha der Planungsregion als Vorranggebiete ausweist, der Windenergie substanziell Raum verschafft. Ob das OVG Weimar deshalb den Teilplan „halten“ oder für unwirksam erklären wird, ließ es gestern aber nicht klar durchblicken.

Mit umso mehr Spannung ist daher die Urteilsverkündung zu erwarten, die für den 22.11.22, 09:00h terminiert ist.