VGH Mannheim – Einkonzentration von Waldumwandlungsgenehmigungen
Der VGH Mannheim hat in seinen lange erwarteten Beschlüssen entschieden: Waldumwandlungsgenehmigungen sind in immissionschutzrechtliche Genehmigungen für Windenergieanlagen einzukonzentrieren. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Rodungsflächen auf den Anlagenstandorten der Windenergieanlagen selbst liegen. In diesem Fall handele es sich um eine „die Anlage betreffende Entscheidung“ i.S.d. § 13 BImSchG. Dies hatten die Genehmigungsbehörden in Baden-Württemberg – nicht zuletzt aufgrund der entsprechenden bishergigen Anweisungen im Windenergieerlass – jahrelang anders gehandhabt. So wurden Waldumwandlungsgenehmigungen separat vom Regierungspräsidium, die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Windenergieanlagen von den Landkreisen erteilt. Bereits kurz nach den erstinstanzlichen Entscheidungen des VG Freiburg Anfang letzten Jahres hatte das baden-württembergische Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft einen neuen Erlass zum Umgang mit Waldumwandlungsgenehmigungender veröffentlicht (wir berichteten hier).
Waldrechtliche Nebenbestimmungen und UVP fehlen
Mit der Entscheidung des VGH Mannhein ist nun klar, die Regierungspräsidien sind jedenfalls für Waldumwandlungen auf den Anlagenstandorten unzuständig und die von den Landkreisen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen praktisch unvollständig und rechtswidrig. Letzteren mangelt es schon an der erforderlichen waldrechtlichen Abwägung der betroffenen Belange und ihnen fehlen die erforderlichen waldrechtlichen Nebenbestimmungen.
Hinzu kommt: Ab einer Rodungsfläche von 10ha ist nach der Anlage 1 zum UVPG eine UVP zwingend vorgeschrieben. Erreicht ein Windenergievorhaben diesen Schwellenwert, so ist im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ein förmliches Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen könnten daher zusätzlich an einem sog. absoluten Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 UVPG leiden und damit einem ganz erheblichen Anfechtungsrisiko ausgesetzt sein – jedenfalls solange sie nicht bestandskräftig sind. Sowohl bereits erteilte Genehmigungen als auch anhängige Genehmigungsanträge sollten daher einer strengen Prüfung unterzogen werden.
Widerspruchserhebung nach fast 1 1/2 Jahren zulässig
Dies gilt umso mehr, als der VGH die Zulässigkeit der Widerspruchserhebung augenscheinlich auch in durchaus grenzwertigen Fällen bejahen will. Im zu entscheidenden Fall erfolgte die Widerspruchserhebung gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung durch einen Naturschutzverband nach fast 1 1/2 Jahren (!). Trotz flächendeckender Diskussionen in den Medien über Projekt und über die Genehmigungserteilung und trotz einem monatelangen, bewusst-taktischen Abwarten des Naturschutzverbandes. Dieser erhob nach eigenen Ausführungen bewusst erst in dem Zeitpunkt Widerspruch, als das Projekt der Zuschlag im Ausschreibungsverfahren nach dem EEG erreicht hatte. Ab dann begannen aber die gesetzlichen Realisierungspflichten und es drohen erhebliche Strafzahlungen für einen Genehmigungsinhaber, wenn er nicht innerhalb der gesetzlichen Frist das Vorhaben realisiert – z.B. aufgrund eines anhängigen Gerichtsverfahren. Weder das Verwaltunggericht Freiburg noch der VGH Mannhein wollten hieraus eine Verfristung oder eine Verwirkung des Widerspruchsrechts ableiten.
Andere Gericht legen – sogar bei Privatklägern – strengere Maßstäbe an. Trotzdem herrscht mindestens in Baden-Württemberg spätestens mit dieser Entscheidung des VGH Mannheim sowohl auf Behördenseite wie auf Projektiererseite erheblicher Prüfungsbedarf.