08.11.2019

WEA-Weiterbetrieb geplant? Grundstückssicherung nicht vergessen!

Mit dem 31.12.2020 endet für tausende Windenergieanlagen der Zeitraum der EEG-Vergütung. Betreiber, die den Weiterbetrieb ihrer Anlagen planen, müssen jetzt die entsprechenden Weichen stellen. Hierbei darf die vollständige und passende Sicherung der für den Anlagenbetrieb erforderlichen Grundstücke nicht aus dem Auge verloren werden, will man später keine böse Überraschung erleben.

Der Fokus

Bei der Prüfung, ob der Weiterbetrieb einer WEA bzw. eines Windparks Sinn macht, sind viele schwierige „Baustellen“ gleichzeitig zu bearbeiten. Neben den zu berücksichtigenden genehmigungsrelevanten Aspekten muss ein Konzept erarbeitet werden, das den wirtschaftlichen Weiterbetrieb gewährleistet. Schwerpunkte hierbei sind neben dem Stromverkauf die Themen Wartung und Versicherung. Zugleich und mit derselben Priorität muss jedoch auch die Grundstückssicherung geprüft und müssen ggfs. entsprechende Nachträge zu Nutzungsverträgen geschlossen werden, um die restliche Betriebsdauer in der besonderen Situation des Weiterbetriebs rechtlich und zugleich wirtschaftlich abzusichern.

Heutzutage sind die Grundstücksnutzungsverträge, zumindest bei Projektierern bzw. Betreibern, die mit Fremdkapital arbeiten, weitgehend standardisiert. Bei den WEA, für die sich jetzt die Entscheidungsfrage „Weiterbetrieb ja oder nein“ stellt, war dies jedoch oftmals noch nicht der Fall. Gerade aus diesem Grunde sollten Betreiber die vorhandenen „Alt-Verträge“ einer entsprechend sorgfältigen Prüfung unterziehen. Nur und erst wenn die Nutzung der Grundstücke für die beabsichtigte Restlaufzeit rechtlich und zu wirtschaftlich machbaren Konditionen gesichert ist, macht es Sinn, die für die Sicherung des Weiterbetriebs erforderlichen weiteren Investitionen zu tätigen.

Laufzeitregelungen

Besonderes Augenmerk sollte auf die Laufzeitregelungen in den betreffenden Grundstücksnutzungsverträgen gelegt werden. Heutzutage ist es üblich, dass Festlaufzeiten mit anschließenden einseitigen Verlängerungsoptionen vereinbart werden. In „Alt-Verträgen“ finden sich jedoch oft Festlaufzeiten ohne Verlängerungsoption(en). Ist die Vertragslaufzeit für die beabsichtigte Restlaufzeit nicht ausreichend, muss nachverhandelt werden. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Beginn der Festlaufzeit an die Vertragsunterzeichnung anknüpft und nicht an ein bestimmtes Ereignis wie etwa den Baubeginn auf dem Vertragsgrundstück oder die Inbetriebnahme der betreffenden WEA.

Für den Fall, dass eine oder mehrere einseitige Verlängerungsoption(en) vereinbart sind, ist darauf zu achten, dass im Vertrag ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Betreiber bei Aufgabe der windenergetischen Nutzung auf dem Vertragsgrundstück vereinbart ist. Dies ist bei aktuellen Verträgen Standard, findet sich jedoch oft in „Alt-Verträgen“ nicht. Ohne eine solche Regelung kann der Weiterbetrieb zum finanziellen Fiasko werden, wenn zugleich die Zahlung von Nutzungsentgelt bis zum Vertragsende vereinbart ist.

Auch § 544 S. 1 BGB sollte nicht übersehen werden. Hiernach kann jede Vertragspartei nach Ablauf von 30 Jahren nach Überlassung der Mietsache den Mietvertrag außerordentlich kündigen. Hierbei handelt es sich um eine zwingende Regelung, d.h. sie ist nicht vertraglich abdingbar. Davon ausgehend, dass trotz des Urteils des OLG Schleswig vom 17.6.2016, Az. 4 U 96/15 (siehe hier) nach allgemeiner Auffassung zumindest die typischen WEA-Standortverträge weiterhin (Grundstücks-)Mietverträge sind, muss geprüft werden, ob bei Weiterbetrieb die 30-Jahres-Frist überschritten wird. Ist dies der Fall, sollte unbedingt eine neue Laufzeitvereinbarung getroffen werden, was rechtlich unproblematisch möglich ist (siehe hierzu BGH, Urteil vom 27.11.2003, Az. IX ZR 76/00).

Nutzungsentgeltregelungen

Die Regelungen zum Nutzungsentgelt sollten ebenfalls unbedingt einer kritischen Durchsicht unterzogen werden. Lautet z.B. die Regelung in einem WEA-Standortgrundstücksvertrag oder in einem Abstandsflächenvertrag dahingehend, dass als Nutzungsentgelt ausschließlich x % „der EEG-Einspeisevergütung“ der betreffenden WEA vereinbart sind, muss eine Neuregelung gefunden werden. Es liegt zwar in rechtlicher Hinsicht nahe, dass eine solche Vereinbarung nach Wegfall der EEG-Einspeisevergütung rechtlich dahingehend umzudeuten ist, dass der Begriff „EEG-Einspeisevergütung“  im Vertrag ersetzt wird durch „Einspeisevergütung“ bzw. „Stromerlös“. Dies ergibt sich entweder nach den Grundsätzen des § 313 BGB oder in Ausfüllung einer Regelungslücke. Allerdings ist diese Rechtsfolge nicht zwingend und wäre zudem ggfs. für den Betreiber wirtschaftlich nicht darstellbar. Grundsätzlich besteht also in einer solchen Situation Nachverhandlungsbedarf.

Dasselbe gilt, wenn feste Mindestbeträge vereinbart sind, die nach Auslaufen der EEG-Vergütung für den Betreiber nicht mehr wirtschaftlich darstellbar sind.

… und immer wieder die Schriftform …

Bei dem Abschluss von Nachträgen zu Grundstücksnutzungsverträgen muss strikt darauf geachtet werden, dass diese die Schriftform des § 550 BGB wahren. Dies gilt jedenfalls für WEA-Standortverträge, die wie ausgeführt nach allgemeiner Auffassung als Grundstücksmietverträge einzuordnen sind. Neben der „äußeren Form“ muss mithin eindeutig Bezug genommen werden auf den Ausgangsvertrag und etwaige bisherige Nachträge. Es muss klar erkennbar sein, welche konkreten Regelungen wie geändert werden sollen. Zudem muss im Nachtrag eine eindeutige Feststellung dahingehend erfolgen, dass es im Übrigen bei den bisherigen Regelungen bleibt (vgl. BGH Urteil vom 11.12.2013, Az. XII ZR 137/12). Zu beachten ist, dass die Nichteinhaltung der Schriftform bei Abschluss eines Nachtrages im Zweifel dazu führt, dass die Schriftform des gesamten Vertragswerks „verloren geht“. Rechtsfolge des Fehlens der Schriftform ist die Kündbarkeit des Vertrages nach § 542 Abs. 1 BGB.

In dem Zusammenhang sollte geprüft werden, ob die „Alt-Verträge“ und die bisher geschlossenen Nachträge der Schriftform genügen. Hierzu ist es erforderlich, dass zu allen wesentlichen Vertragsbedingungen (insbesondere Mietgegenstand, Mietzins, Vertragsdauer, Vertragsparteien) hinreichend bestimmbare Regelungen im Vertrag getroffen sind (siehe hierzu u.a. BGH, Urteil vom 24.7.2013, Az. XII ZR 104/12). Zur Schriftformproblematik besteht umfangreiche Rechtsprechung und es ist jeweils eine Einzelfallprüfung erforderlich. Ggfs. ist der Abschluss von Nachträgen zur Heilung von Schriftformmängeln ratsam.

Weiterer Nachverhandlungsbedarf

Neben den o.g. Aspekten, die für den Abschluss von Nachträgen zu den bestehenden „Alt-Verträgen“ sprechen, gibt es weitere Situationen, in denen Nachverhandlungen sinnvoll sein können. Dies gilt z.B. für den Fall, dass in einem Vertrag vereinbart ist, dass Kabel und Wege nach Aufgabe der Nutzung komplett und unbedingt zurückgebaut werden müssen. Aus Sicht des Grundstückseigentümers ist dieser Rückbau ggfs. nun nicht mehr erforderlich. Man kann dann z.B. regeln, dass der Grundstückseigentümer nach Vertragsende auf den Rückbau verzichtet (ggfs. gegen Zahlung eines Abgeltungsbetrages). Der Betreiber erspart hierdurch die betreffenden Rückbaukosten. Ein solcher Nachtrag ist unproblematisch, wenn die Scheinbestandteilseigenschaft der Kabel eindeutig besteht. Denn durch einen Nachtrag wie gerade erläutert verlieren die Kabel ihre Scheinbestandteilseigenschaft nicht. Es muss allerdings klargestellt werden, dass der Eigentumsübergang erst nach Vertragsende erfolgt.

Auch weitere zwischenzeitliche Entwicklungen können dazu führen, dass der Abschluss von Nachträgen sinnvoll oder gar erforderlich ist. Hierzu muss jeweils der Einzelfall betrachtet werden. Ggfs. lassen sich hierdurch in der Weiterbetriebsphase erhebliche Kosten sparen.

Es ist also nicht nur rechtlich erforderlich, sondern im Einzelfall auch durchaus wirtschaftlich lohnenswert, bei der Planung des Weiterbetriebs die „Grundstücksseite“ zu beleuchten.

Wir stehen Ihnen hierzu gern zur Verfügung.

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