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News
19.02.2025

Neue Einschränkung für Vorbescheide nach § 9 Abs. 1a BImSchG

Alsbald wird eine Einschränkung der speziell für Windenergieanlagen geltenden Regelung für Vorbescheide nach § 9 Abs. 1a BImSchG in Kraft treten. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am letzten Freitag dem vom Bundestag am 31.01.2025 beschlossenen „Gesetz für mehr Steuerung und Akzeptanz beim Windenergieausbau“ zugestimmt. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf, treffend „Lex Sauerland“ getauft, ist zwar – nach der Anhörung der Sachverständigen – bis zur Unkenntlichkeit eingekürzt und verändert worden. Nur noch die Änderung in § 9 Abs. 1a BImSchG ist davon übrig geblieben. Aber damit entfällt trotzdem bundesweit ein effektives Instrument zur Durchsetzung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Windenergievorhaben, die außerhalb von noch „in Aufstellung befindlichen Windenergiegebieten“ geplant sind.

Drohende Entprivilegierung

Der Anlass für diese in aller Eile durch das Parlament geschleuste Neuregelung: Im Moment sind Windenergievorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB privilegiert zulässig. Zugleich haben neuere Pläne keine außergebietliche Ausschlusswirkung mehr. Teilweise gibt es auch schlicht keine Steuerung der Windenergienutzung durch einen Plan. Deshalb ist im Moment für  Windenergievorhaben auch außerhalb von bestehenden oder künftigen Windenergiegebieten zumindest schonmal die planungsrechtliche Zulässigkeit gegeben. Das wird sich aber mit Inkrafttreten der Regionalpläne und dem Erreichen der Flächenbeitragswerte nach dem WindBG ändern. Dann wären diese Vorhaben „entprivilegiert“ und deshalb im Außenbereich praktisch kaum mehr genehmigungsfähig. Projektierer, die in den letzten Jahren schon viel Vorarbeit in ein Projekt gesteckt, womöglich schon die zivilrechtlichen Nutzungsverträge geschlossen hatten, fragten sich angesichts der drohenden Entprivilegierung deshalb in den letzten Monaten zu Recht, ob und wie sie ihre langwierigen Windenergievorhaben noch realisieren könnten.

§ 9 Abs. 1a BImSchG als Schutz vor Entprivilegierung

Da half der erst letzten Sommer in Kraft getretene § 9 Abs. 1a BImSchG. Dieser ermöglicht speziell für Windenergievorhaben einen stark verkürzten Prüfungsumfang für Vorbescheidsanträge. Es bedarf demnach für Vorbescheide nach § 9 Abs. 1a BImSchG weder einer vorläufigen, positiv ausfallenden Gesamtprognose noch einer vollständigen UVP bzw. UVP-Vorprüfung. Voraussetzung bleibt nach § 9 Abs. 1a BImSchG lediglich, dass ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines solchen Vorbescheids besteht. Eine spürbare Erleichterung für Windenergievorhaben mit erheblichem Beschleunigungspotenzial für den Windenergieausbau!

Es überrascht deshalb wenig, dass in den letzten Monaten zahlreiche Projektierer versuchten, mittels Vorbescheidsantrag nach § 9 Abs. 1a BImSchG insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit für ihre Vorhaben abzuklären und über dessen Bindungswirkung abzusichern. Eben vor allem dann, wenn sie –  soweit absehbar – außerhalb der künftigen Flächenkulisse lagen. Aber so sei das doch nicht gemeint gewesen, hier drohe „Wildwuchs“, so die Befürchtungen, allen voran der Regionalplanung in NRW. Der Gesetzgeber müsse dringend handeln. Das hat er jetzt getan.

Kein berechtigtes Interesse für vereinfachte Vorbescheide außerhalb von Windenergiegebieten!

Die Neuregelung in § 9 Abs. 1a BImSchG spricht deshalb nunmehr Windenergievorhaben außerhalb der regionaplanerisch ausgewiesenen und künftigen Flächenkulisse ein berechtigtes Interesse an einem Vorbescheid für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Außenbereich generell ab. Nunmehr gilt: „Das berechtigte Interesse für einen Antrag auf Vorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 des Baugesetzbuchs besteht nicht, wenn der Vorhabenstandort außerhalb von ausgewiesenen Windenergiegebieten oder in Aufstellung befindlichen Windenergiegebieten im Sinne des § 2 Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (…) liegt. Denn mit dem Wind-an-Land-Gesetz habe der Bundesgesetzgeber „die Intention einer Konzentration von Windenergieanlagen in hierzu nach planerischen Kriterien auf Landesebene festzulegenden Windenergiegebieten bestätigt„, so die in Teilen rätselhafte Begründung.

Eine Ausnahme gibt es nur für Repoweringvorhaben nach § 16b BImSchG. Eine Stichtags- oder Übergangsregelung zumindest für bereits im letztem Jahr im Vertrauen auf die bisherige Vorbescheidsregelung anhängige gemachte Vorbescheidsanträge hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen, er wollte ja gerade auch diese Anträge „unschädlich“ machen.

Berechtigtes Interesse nach § 9 Abs. 1a BImSchG – wirklich nicht?

Droht jetzt all den anhängigen Vorbescheidsanträgen die postwendende (Teil-)Ablehnung? Aus politischer Sicht ist das vermutlich gewünscht, aus rechtlicher Sicht aber kein Automatismus. Denn beispielsweise eine noch laufende oder gar noch ganz am Anfang stehende Planung kann sich immer noch zu Gunsten des Vorhabens verändern. Zudem könnten womöglich die Gemeinden unter Nutzung der „Gemeindeöffnungsklausel“ helfend eingreifen. Und was ist eigentlich genau beantragt? Die Genehmigungsbehörden dürfen also keinesfalls den Einzelfall aus den Augen verlieren und einfach ab Inkrafttreten von § 9 Abs. 1a BImSchG hundertfach Ablehnungsandrohungen kopieren. Ein solches Vorgehen ist ihnen schon bei der Anwendung der Aussetzungsmöglichkeit des § 36 LPlG auf die Füße gefallen. Ob die Genehmigungsbehörden den damit einhergehenden Aufwand bewältigen können und wollen, bleibt abzuwarten.

Sobald also die Genehmigungsbehörden die Ablehnung des Vorbescheidsantrags ankündigen, sollten die betroffenen Vorhabensträgers genau prüfen, ob sie nunmehr auf Grund der Neuregelung in § 9 Abs. 1a BImSchG im konkreten Fall kein berechtigtes Interesse mehr für (vereinfachte) Vorbescheide für die bauplanungsgrechtliche Zulässigkeit haben – oder ob das vielleicht doch nicht so klar ist.