12.04.2024

Grundstücksnutzung – Blog rund um die Flächensicherung für EE-Projekte

Flächensicherung ist bei EE-Projekten der erste Schritt in die konkrete Planung und zugleich deren Basis. Ohne gesicherte Flächen kein gesichertes Projekt. Gute Grundstücksnutzungsverträge zeichnet aus, dass sie klar und verständlich, ausgewogen und natürlich rechtlich belastbar sind. Die Umsetzung dieser Prinzipien bereitet in der Praxis oft Probleme. Dies nicht nur deshalb, weil sich Projektierer mit ihren Standardvertragswerken üblicherweise am AGB-Klauselrecht messen lassen müssen. Auch die mittlerweile Bibliotheken füllende Rechtsprechung zur Schriftform ist von Relevanz, da bestimmte EE-Grundstücksnutzungsverträge als Mietverträge angesehen werden …

In unserem Blog stellen wir Ihnen ausgewählte Rechtsprechung und Gesetzesvorhaben vor, die für die Praxis der EE-Flächensicherung von Bedeutung sind.

Meldung vom 12.04.2024

Geplante Änderung zum Schriftformerfordernis

Soll ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, muss er gem. § 550 S. 1 BGB in schriftlicher Form geschlossen werden. Anderenfalls gilt er als auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist damit ordentlich kündbar. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind Grundstücksnutzungsverträge, die die Errichtung von WEA / PV-FFA gestatten, regelmäßig (Grundstücks-)Mietverträge, sodass die Schriftformproblematik sie über den Verweis in § 578 Abs. 1 BGB unmittelbar betrifft. Wir berichten hierzu regelmäßig, u.a. in unseren News vom 27.06.2021 und vom 10.12.2021.

Seit Jahren werden immer wieder Reformen zum Schriftformerfordernis gefordert und angestoßen. Da diese Problematik genau so auch Gewerberaummietverträge betrifft, kommen insbesondere von den dortigen Branchenverbänden immer wieder entsprechende Forderungen. Reformansätze landen dann aber regelmäßig „irgendwo in der Schublade“.

Ein Referententwurf aus dem BMJ (abrufbar hier) findet nun jedoch offenbar den Weg in den Bundestag:

Geplante Änderungen

Das Bundeskabinett hat am 13.03.2024 einen Entwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen (Regierungsentwurf abrufbar hier). Dieser weicht etwas von dem o.g. Referententwurf ab.

Nach dem Regierungsentwurf soll § 578 Abs. 1 BGB, mithin die o.g. „Einstiegsnorm“ für die branchenüblichen EE-Grundstücksmietverträge, um folgenden Satz ergänzt werden:

„[…] § 550 BGB gilt mit der Maßgabe, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in Textform geschlossen wird, als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt.“

Um der Textform (§ 126b BGB) zu genügen, reicht es aus, wenn lediglich eine lesbare Erklärung auf einem Datenträger abgegeben wird. Eine eigenhändige Unterschrift ist ebenso wenig erforderlich wie ein Vertragstext in Papierform. Beispiele für die Textform sind E-Mails sowie Textnachrichten.

Die Bundesregierung begründet die geplante Änderung damit, dass die Herabstufung des Formerfordernisses für Verträge nach § 578 BGB – von Schriftform auf Textform – die Fälle, in welchen sich die Vertragsparteien unter Berufung auf einen Schriftformverstoß vorzeitig aus dem Mietverhältnis lösen, effektiv reduziere. Zugleich genüge die Textform auch, um das Informations- und Dokumentationsinteresse eines Erwerbers, der in das Mietverhältnis eintritt, zu schützen. Dafür müsse also das Schriftformerfordernis nicht aufrecht erhalten bleiben.

Die geplante Übergangsvorschrift sieht folgendes vor:

  • Auf Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten der Neufassung abgeschlossen wurden, soll noch für eine Übergangszeit von 12 Monaten nach Inkrafttreten der Neuregelung die bisherige Fassung der Vorschrift weiter anzuwenden sein. In dieser Frist – darauf weist der Regierungsentwurf explizit hin – sollen noch auf das Fehlen der Schriftform des Mietvertrages gestützte Kündigungen möglich sein. Nach Ablauf der Übergangsfrist sei davon auszugehen, dass den Vertragsparteien – insbesondere auch Erwerbern – die veränderten Rechtsfolgen eines nicht formgültig abgeschlossenen Mietverhältnisses bekannt sind und sie genügend Zeit hatten, sich auf diese Änderungen einzustellen. Schriftformmangelkündigungen sollen danach also ausgeschlossen sein.
  • Sofern bei Inkrafttreten der Neufassung bereits bestehende Mietverträge geändert werden, sollen die Neuregelungen allerdings ab sofort auf das gesamte Mietverhältnis Anwendung finden. Der Regierungsentwurf hebt diesbezüglich hervor: „(…) es ist nicht relevant, ob der ursprüngliche Mietvertrag sowie die Änderung in Schriftform vereinbart worden sind oder nicht. Maßgeblich ist allein, ob die Textform eingehalten wurde.“

Der Regierungsentwurf wird im nächsten Schritt dem Bundesrat und der Bundesregierung zur Stellungnahme zugeleitet und sodann im Bundestag beraten werden.

Bewertung und Ausblick

Ob der beabsichtigte Wechsel vom Schriftform- zum Textformerfordernis die erhoffte praktische Entlastung mit sich bringen wird, bleibt abzuwarten. Zu beobachten wird insbesondere sein, inwieweit die umfangreiche Rechtsprechung des BGH, die bisher das Schriftformerfordernis „im weiteren Sinne“ definiert, künftig auf Mietverträge in Textform angewendet wird. Gemeint ist hiermit z.B. das Erfordernis der Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen in dem Vertragsdokument (siehe hierzu u.a. BGH Urt.v. 11.12.2023, XII ZR 137/12).

Wir werden Sie über das weitere Gesetzgebungsverfahren auf dem Laufenden halten.

Meldung vom 03.07.2022

Kammergerichtsentscheidung zu nicht beigefügter Vertragsanlage

Immer wieder stehen Vertragsanlagen im Fokus mietrechtlicher „Schriftform-Entscheidungen“. Das Kammergericht (Oberlandesgericht des Landes Berlin) hat am 04.11.2021 unter dem Az. 8 U 1106/20 ein lesenswertes Urteil (hier abrufbar) zu einer Schriftformmangel-Kündigung eines Gewerberaummietvertrages erlassen, die auf das Fehlen einer Vertragsanlage gestützt war. Diese Entscheidung stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Im Zentrum des Rechtsstreits stand – wie bei allen Schriftform-Rechtsstreitigkeiten – § 550 BGB, der über die Verweisvorschrift in § 578 Abs. 2, Abs. 1 BGB auf Grundstücksmietverträge entsprechend anzuwenden ist. Bekanntlich handelt es sich bei Grundstücksnutzungsverträgen, in deren Zentrum die Errichtung einer Windenergieanlage, einer Freiflächen-Photovoltaikanlage, eines Umspannwerks etc. steht, nach allg. Auffassung um derartige Grundstücksmietverträge. Die Entscheidung ist daher für die EE-Fächensicherung von Interesse.

Der Sachverhalt

Gegenstand des Verfahrens war – soweit es hier von Interesse ist – die Kündigung eines Gewerberaummietvertrages durch den Mieter bzw. seinen Anwalt. Die Kündigung war u.a. darauf gestützt, dass trotz der Regelung im Mietvertrag:

„Der Zustand der Mieträume zur Zeit des Vertragsabschlusses ergibt sich aus der Anlage „Mietraumbeschreibung und Übergabeprotokoll“, welche ergänzender Bestandteil des Mietvertrages ist.“

dem Mietvertrag in der abgeschlossenen Fassung unstreitig die Anlage „Mietraumbeschreibung und Übergabeprotokoll“ nicht beigefügt war. Der Vermieter trat der Kündigung mit dem Argument entgegen, das Fehlen der Anlage sei zur Schriftformwahrung nicht erforderlich, da sie keine wesentlichen Abreden enthalten hätte.

Die Entscheidung

Das Kammergericht hat sich der Ansicht des Vermieters angeschlossen und entsprechend die Kündigung zurückgewiesen.

Auch wenn die Wertung des Kammergerichts im Ergebnis kritisch zu sehen ist – in dem Urteil werden die Grundzüge zur Schriftformrelevanz von Vertragsanlagen, die aus den o.g. Gründen in der EE-Flächensicherung von Relevanz sind, gut dargestellt. Wir stellen Ihnen diese daher vor:

Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung des BGH die Schriftform des Mietvertrages nach § 550 BGB gewahrt ist, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses – aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt.

Weiter:

„Da auch formbedürftige Vertragsklauseln grundsätzlich der Auslegung zugänglich sind, reicht es aus, wenn der Inhalt der Vertragsbedingungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmbar ist (s. BGH, Urt. v. 04.11.2020 – XII ZR 104/19). Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser „verstreuten“ Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die allerdings in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss (BGH, Urt. v. 04.11.2020 – XII ZR 51/19).

In Bezug genommene Unterlagen, die für den Inhalt des Vertrags ohne Bedeutung sind, brauchen diesem in keinem Fall beigefügt zu werden (s. BGH, Urt. v. 07.07.1999 – XII ZR 15/97). Dass der Mietvertrag eine Anlage benennt, die nicht existiert, begründet nicht per se einen Formmangel (s. etwa BGH, Urt.v. 29.09.1999 – XII ZR 313/98 betr. Nichtexistenz des benannten Inventarverzeichnisses). Eine Anlage, die lediglich Karstellungs- oder Beweiszwecken dient, ist für die Schriftform ohne Bedeutung, weil sie keinen eigenen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert verkörpert (BGH Urt.v. 29.09.1999 – XII ZR 313/98).“

Das Kammergericht sah die vorgesehene Anlage „Mietraumbeschreibung“ als „bloß ergänzenden“ (nicht wesentlichen) Bestandteil des Mietvertrages und die vorgesehene Anlage „Übergabeprotokoll“ als nur Beweiszwecken dienend an – mit diesen Argumenten kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass diese Unterlagen für den Inhalt des Vertrages ohne Bedeutung seien. Eine Schriftformkündigung könne daher auf das Fehlen der Anlage „Mietraumbeschreibung und Übergabeprotokoll“ nicht gestützt werden.

Abgrenzung zum Urteil des OLG Hamm vom 26.11.2020, Az. 5 U 112/19

Das oben vorgestellte Urteil des Kammgerichts lässt sich gut dem Urteil des OLG Hamm vom 26.11.2020, Az. 5 U 112/19 (hier abrufbar) gegenüberstellen, dem seinerzeit große Aufmerksamkeit widerfahren war:

Das OLG Hamm hat eine auf das Fehlen einer Vertragsanlage gestützte Schriftformkündigung eines WEA-Grundstücksnutzungsvertrages für wirksam gehalten und dementsprechend den WEA-Betreiber in der Berufungsinstanz verurteilt, Windenergieanlagen etc. zurückzubauen. In dem dortigen Fall hatten die Parteien im Grundstücksnutzungsvertrag geregelt:

„Der Standort der WEA, der Verlauf der Verbindungs- und Anschlussleitungen sowie die Position der Umspann- und Transformatorenstationen sind in einem Lageplan (..) einzuzeichnen. Der Lageplan wird nach Erstellung Bestandteil dieses Vertrages. Vorher gilt der vorläufige Lageplan. Der Grundstückseigentümer erklärt sich bereit, innerhalb des o.g. Flurstücks einer notwendigen Verschiebung der WEA und der sonstigen Anlagen gegenüber der Darstellung im vorläufigen Lageplan zuzustimmen, sofern hierdurch keine unzumutbaren Belastungen entstehen.“

und war dem Vertrag dann kein Lageplan als Anlage beigefügt worden. Das OLG Hamm hat die vertragliche Regelung so gewertet, dass die Parteien durch den Lageplan die Ausübungsfläche auf dem Vertragsgrundstück von vornherein begrenzen wollten und dieser daher auch für die Bestimmung des Vertragsinhaltes wesentlich war. Denn eine Änderung der Ausübungsfläche sollte nach der o.g. Vertragsregelung nicht einseitig durch den Nutzer, sondern nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers möglich sein.

Welche Lehren sind für die EE-Flächensicherung aus dem Urteil des KG zu ziehen?

Aus der Gegenüberstellung des Urteils des KG vom 04.11.2021 und des Urteils des OLG Hamm vom 26.11.2020 lässt sich Folgendes gut ableiten: Bei der Frage, ob das Fehlen einer Vertragsanlage zur Nichteinhaltung der Schriftform des Grundstücksmietvertrages führt oder nicht, kommt es immer auf den Einzelfall an. Nur wenn sich aus dem Vertrag ergibt, dass die Anlage für den Vertragsinhalt von Bedeutung sein sollte, führt das Fehlen der Anlage dazu, dass die Schriftform des Vertrages nicht gewahrt ist.

Wird also z.B. vergessen, die Muster-Landpächter-Einverständniserklärung dem Vertrag beizufügen, dürfte dies irrelevant sein. Anders kann es aussehen, wenn die Muster-Eintragungstexte für die Grundbuchrechte nicht beigefügt werden. Und auch bei der Nichtbeifügung des im Vertrag als Anlage angegebenen Lageplans kommt es nach obenstehenden Maßgaben darauf an, was im konkreten Einzelfall der Lageplan enthalten sollte, welche Bedeutung also tatsächlich nach dem Wilen der Parteien den Darstellungen im Lageplan zukommen sollte.

Meldung vom 23.05.2022

BGH-Urteil zur Anknüpfung der Fälligkeit von Nutzungsentgelt an den Inbetriebnahmebeginn

Der Sachverhalt, über den der BGH mit Urteil vom 11.11.2021, Az. IX ZR 237/20 (siehe hier) entschieden hat, betraf die Vermietung einer Dach-Photovoltaikanlage und stand zudem in einem insolvenzrechtlichen Kontext. Die maßgeblichen Grundsätze der Entscheidung sind jedoch eins zu eins auf die Flächensicherung für Windenergieanlagen und Freiflächen-Photovoltaikanlagen übertragbar. Das Urteil ist daher von besonderer Relevanz.

Vorweg: Wer spätestens aus den Entscheidungen OLG Karlsruhe Urteil vom 25.4.2018 Az. 14 U 217/17 und OLG Hamm Urteil vom 2.7.2020 Az. 5 U 81/19 bei der Gestaltung seiner Grundstücksnutzungsverträge (konkret: bei den  Regelungen für den Zeitraum zwischen Vertragsunterzeichnung und Fälligkeit des vollen Nutzungsentgelts) seine Lehren gezogen hat, dürfte auf der sicheren Seite stehen.

Der Sachverhalt

Die C. GmbH und ihre Muttergesellschaft, die e. GmbH, hatten folgendes Vertragspaket als Geschäftsmodell entwickelt, das Anlegern (typischerweise Verbrauchern) von Vermittlern jeweils „aus einer Hand“ angeboten wurde:

Die e. GmbH verkaufte einzelne Photovoltaikmodule an Anleger und verpflichtete sich zur Herstellung einer betriebsbereiten PVA auf bestimmten Gebäuden. Die Anleger zahlten entsprechend zu Beginn der Investition den vereinbarten Kaufpreis an die e. GmbH und erwarben damit Eigentum an den PVA. Zugleich wurde vereinbart, dass die Anleger in die Nutzungsverträge zwischen der e.GmbH und dem jeweiligen Gebäudeeigentümer eintreten.

Mit gleichzeitig abgeschlossenem Vertragswerk mietete die C. GmbH die PVA von dem Anleger gegen monatliche Zahlung einer Miete. Zugleich überließ der Anleger der C. GmbH die Ausübung der Rechte aus dem Dach-Nutzungsvertrag. Die C. GmbH ließ sich zudem in dem Vertrag von dem Anleger die Ansprüche auf Stromeinspeisevergütung aus der PVA gegen den Netzbetreiber abtreten.

Und nun kommt der spannende Teil: Im Mietvertrag zwischen der C. GmbH und dem Anleger fand sich folgende Klausel: „Das Mietverhältnis wird begründet auf die Dauer von 10 Jahren ab dem Tag der Inbetriebnahme der Anlage.“ Aus nicht näher benannten Gründen wurde jedoch die streitgegenständliche PVA nicht an das Stromnetz angeschlossen, was der C. GmbH auch bekannt war. Trotzdem zahlte die C. GmbH an den Anleger ca. 4 Jahre lang die vereinbarte monatliche Miete für die PVA, insgesamt einen Betrag i.H.v. EUR 47.037,13.

Sowohl die C. GmbH als auch die e. GmbH gingen anschließend in Insolvenz.

Gegenstand des hiesigen Verfahrens war die Klage des Insolvenzverwalters über das Vermögen der C. GmbH gegen den Anleger auf Rückzahlung des o.g. Betrages im Wege der Insolvenzanfechtung. Er stützte den Anspruch maßgeblich auf folgende Argumentation: Mangels Inbetriebnahme habe das Mietverhältnis über die PVA nicht begonnen. Daher sei auch der Anspruch des Anlegers auf das monatliche Entgelt nicht entstanden. Die C. GmbH habe gewusst, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet gewesen sei und habe trotzdem die Zahlungen an den Anleger geleistet. Es handle sich damit um eine anfechtbare, da unentgeltliche gläubigerbenachteiligende Zahlung i.S.d. §§ 134 Abs. 1, 143 InsO.

Die erste und zweite Instanz gaben dem Insolvenzverwalter Recht. Der BGH hat indes das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung

Der BGH hat den Sachverhalt wie folgt rechtlich gewürdigt:

Klausel ist Fälligkeitsbestimmung, keine Bestimmung zum Beginn der Mietdauer

Der Anspruch auf Zahlung der Miete für die PVA ist nach Ansicht des BGH mit Vertragsabschluss entstanden. Die C. GmbH hat daher auf eine tatsächliche Schuld gezahlt. Die Klausel „Das Mietverhältnis wird begründet auf die Dauer von 10 Jahren ab dem Tag der Inbetriebnahme der Anlage.“ ist hinsichtlich des Fristbeginns unwirksam. (Anmerkung: Dass es sich um eine Klausel im Sinne des AGB-Rechts handelte, die C. GmbH Klauselverwender und der Anleger Verbraucher war, war unstreitig.)

Der BGH hebt diesbezüglich zunächst hervor, dass die Klausel „nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung bei objektiver Auslegung aus Sicht eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Verbrauchers“ nicht so zu verstehen ist, dass der Mietvertrag erst mit der Inbetriebnahme der PVA beginne. Denn gemäß dem Vertrag erbringe der Verbraucher seine Leistungspflichten (Überlassung der PVA, Übertragung des Dach-Nutzungsvertrages, Abtretung des Anspruchs auf Einspeisevergütung) bereits sofort mit Vertragsschluss.

Klausel ist als Fälligkeitsbestimmung unwirksam

Die o.g. Klausel sei nach alledem als Fälligkeitsbestimmung i.S.v. § 308 Nr. 1 Fall 2 BGB zu verstehen und als solche unwirksam. Nach dieser Vorschrift sind formularmäßige Bestimmungen unwirksam, durch die sich der Klauselverwender nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Erbringung einer Leistung vorbehält. Der BGH hebt hierzu hervor: Das Klauselverbot des § 308 Nr. 1 Fall 2 BGB soll den Verbraucher vor übermäßig langen Leistungfristen schützen, die ihn einerseits in seiner Dispositionsfreiheit behindern und es ihm andererseits schwer oder gar unmöglich machen, den Klauselverwender in Verzug zu setzen.

Die Leistungsfrist des Klauselverwenders sei nur dann hinreichend bestimmt, wenn sein Vertragspartner ohne besondere Mühe und Aufwand die Fälligkeit ermitteln kann. Das sei z.B. dann zu bejahen, wenn der Beginn der Frist von einem Ereignis abhängt, das von dem Vertragspartner des Klauselverwenders abhängt, dieser etwa Unterlagen vorlegen oder Maße mitteilen muss. Dagegen sei die Leistungsfrist für den Vertragsparner des Klauselverwenders nicht mehr berechenbar, „wenn ihr Beginn ausschließlich oder zusätzlich von einem Ereignis in der Sphäre des Klauselverwenders abhängt […] oder die aus sonstigen Gründen für den Vertragspartner keinen eindeutigen Zeitpunkt erkennen lassen.“

Nach diesen Maßstäben hält der BGH die o.g. Klausel für unwirksam. Denn sie lasse die Auslegung zu, dass der Anleger die Zahlung der Miete erst dann beanspruchen kann, nachdem die C. GmbH die Stromerzeugung aus ihrem freien Entschluss und zu einem vom Anleger weder kontrollier- noch forcierbaren Zeitpunkt aufgenommen hat.

Zitat des BGH:

„[…] es fehlt im Vertrag an jeglichen Anhaltspunkten für einen zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit dem tatsächlichen Beginn der Stromerzeugung zu rechnen ist. Die C. GmbH hat sich im Vertrag insoweit keiner zeitlichen Bindung unterworfen und hat es damit in der Hand, den Beginn der Stromerzeugung beliebig hinauszuschieben. Dem stehen die Interessen des Beklagten an einer eindeutigen Vertragsgestaltung gegenüber. Er ist während der nicht absehbaren Dauer des aus Nr. 1 a) Mietvertrag folgenden Schwebezustandes in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt, ohne sicher zu sein, dass er jemals in den Genuss der vereinbarten Miete gelangen wird. […] Die Unwirksamkeit der Klausel hat zur Folge, dass der Beklagte beginnend mit Vertragsabschluss einen jeweils monatlich fälligen Anspruch auf Zahlung der Miete hatte.“

Welche Lehren sind für die EE-Flächensicherung aus dem Urteil zu ziehen?

Klauseln wie die hier streitgegenständliche werden nach wie vor oft in EE-Grundstücksnutzungsverträgen verwendet.

Wenn man sich dazu entscheidet, die feste Vertragslaufzeit nicht an die Vertragsunterzeichnung zu knüpfen, sondern an einen danach folgenden Zeitpunkt (Baubeginn oder Inbetriebnahme der Anlage o.ä.), ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings steckt der Teufel oftmals im Detail. Denn der Zeitpunkt muss klar und deutlich definiert sein. Unklar kann er z.B. sein, wenn ohne flankierende Regelungen an „die Inbetriebnahme des Windparks“ angeknüpft wird.

Zugleich ist es wichtig, einerseits im Vertrag hervorzuheben und andererseits sich zu vergegenwärtigen, dass der Vertrag in jedem Fall mit Unterzeichnung und nicht erst mit dem betreffenden Ereignis beginnt. Denn der Eigentümer geht dort wie hier in Vorleistung und soll dies ja auch, indem er die Flächen zur Verfügung stellt, Dienstbarkeiten zum Eintrag bringt etc. Zugleich muss man sich stets darüber im Klaren sein, dass diese Klauseln der AGB-Kontrolle unterliegen, s.o.

Nach dieser Maßgabe ist dringend zu empfehlen, klare und angemessene Regelungen dazu zu treffen, wie lange und unter welchen Bedingungen der Grundstückseigentümer an den Vertrag gebunden ist, ohne dass das Ereignis eintritt, das zur Zahlung des regulären Nutzungsentgelts führen soll, und die Möglichkeiten zur Vertragsbeendigung in diesem Zeitraum ebenso eindeutig und verständlich zu regeln.

Mit Blick auf die oben dargestellte Konsequenz einer unwirksamen Fälligkeitsbestimmung sollte das Thema nicht auf die leichte Schulter genommen werden …

Weitere News zur EE-Flächensicherung:

07.01.2022 – News zur Problematik Erbschaftsteuer / Schenkungsteuer bei Freiflächen-PVA

10.12.2021 – News zum Diskussionsentwurf des BMJV zur Schriftform-Reform

07.09.2021 – News zur Widerrufsproblematik

27.06.2021 – News zu einem BGH-Urteil zur Vollständigkeitsklausel

03.05.2020 – News zu einem BGH-Urteil zur Schriftform

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