Kohleausstiegsgesetz zum Dritten – Änderung des BImSchG und der VwGO
Der Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes des Bundeswirtschaftsministeriums (wir berichteten dazu bereits hier und hier), insbesondere der geplante 1.000m-Mindestabstand zu Wohnnutzungen, ist seit Tagen in der Diskussion. Neben dem – zu Recht – unter massiver Kritik stehenden Mindestabstand zu Wohnnutzungen finden sich aber weitere Änderungen im BImSchG und in der VwGO, die ebenfalls einschneidende Entwicklungen auslösen könnten.
Änderungen des BImSchG
So soll die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklagen gegen Windenergievorhaben entfallen. Denn Widersprüche und Klagen führten, so die Entwurfsbegründung, vor allem bei Windenergieanlagen zu einer deutlichen Verlangsamung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Die Neuregelung soll im BImSchG implementiert werden und offenbar auch Rechtsmittel von Umweltverbänden umfassen. So „revolutionär“ diese Neuregelung auf den ersten Blick klingen mag, ihre praktische Auswirkung dürfte sich in Grenzen halten. Denn seit jeher wird die Mehrzahl der Genehmigungen mit einer sog. Sofortvollzugsanordnung kombiniert, sodass durch diese behördliche Anordnung die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage entfällt und sofortiges Baurecht besteht. Ein Antragsteller spart sich mit der Neuregelung zwar den Aufwand für den erforderlichen Sofortvollzugsantrag. Aber an Anzahl und Bedeutung der gerichtlichen Eilverfahren, mit denen Kläger dann zunächst die aufschiebende Wirkung ihrer Rechtsmittel und einen vorläufigen Baustopp zu erreichen suchen, wird sich wohl kaum ändern.
Verlängerte Einwendungsfristen …
Im Rahmen der förmlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, in denen eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist, soll die Einwendungsfrist von bisher zwei Wochen – bzw. von einem Monat für UVP-Pflichtige Vorhaben – auf zwei Monate verlängert werden. Diese Frist soll auch für anerkannte Umweltvereinigungen gelten. Damit habe die betroffene Öffentlichkeit ausreichend Zeit für eine Information und eine effektive Beteiligung sei sichergestellt, so der Entwurf. Eine Beschleunigung der ohnehin schon langen Genehmigungsverfahren wird dadurch jedenfalls nicht erreicht.
… und neue Präklusionsvorschrift
Quasi im Gegenzug zu dieser Ausweitung von Beteiligungsrechten soll aber in einem neuem § 10 Abs. 3a BImSchG eine neue Präklusionsvorschrift eingeführt werden. D.h.mit Ablauf der Einwendungsfrist sollen künftig – sowohl im Genehmigungsverfahren als auch in einem nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren – grundsätzlich alle Einwendungen ausgeschlossen sein. Dieser Einwendungsausschluss soll auch für Umweltverbände gelten. Diese Regelung wäre letztlich eine Kehrtwende zur Rechtsentwicklung der letzten Jahre, die die Rechtsprechung des EuGH ausgelöst hatte. Dennoch will sich das Ministerium sicher sein, dass damit eine neue „europarechtskonform ausgestaltete materielle Präklusionsvorschrift“ eingeführt wird. Ob die geplante Neuregelung in dieser Form dem Ausbau der Windenergie langfristig dienlich sein wird, bleibt indes abzuwarten.
Änderung der VwGO – weniger ist mehr?
Zudem strebt der Entwurf eine Beschleunigung von Klageverfahren an. Dies hofft das Ministerium allein durch eine Instanzenverkürzung zu erreichen. Künftig sollen in erster Instanz die Oberverwaltungsgerichte für Klagen gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen von „Stromerzeugungsanlagen“ zuständig sein. Diese wären damit natürlich auch für die Eilverfahren zuständig. Was sich das Ministerium angesichts der schon jetzt erheblichen Verfahrensdauern bei den Oberverwaltungsgerichten gedacht haben mag, dazu schweigt auch die Entwurfsbegründung. Möglicherweise plant das Ministerium ja demnächst eine massive personelle Aufstockung der Oberverwaltungsgerichte…