Update: Der Mustervertrag der FA Wind zu § 6 EEG 2021 liegt vor
Mit der Reform des EEG 2021 im Sommer diesen Jahres wurde § 36k EEG 2021 a.F. – die damalige Neuregelung zur finanziellen Beteiligung von Kommunen an Windenergieprojekten – durch § 6 EEG 2021 ersetzt (wir berichteten hier und hier). Der Arbeitskreis der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) hat nunmehr die zu § 36k EEG 2021 a.F. erstellten Musterverträge (für Einzel-WEA und Windparks) sowie die Begleitdokumente (Selbstverpflichtungserklärung, Beiblätter) an § 6 EEG 2021 angepasst. Sie finden die Dokumente hier zum Download.
Inhaltliche Änderungen des § 6 EEG 2021
Neben der neuen Platzierung der Vorschrift enthält § 6 EEG 2021 im Vergleich zu § 36k EEG 2021 a.F. auch einige inhaltliche Klarstellungen sowie Neuerungen.
Ein Hauptaspekt der Änderungen ist die Beschränkung der Regelung auf Anlagen, die eine finanzielle Förderung nach dem EEG 2021 in Anspruch nehmen. Diese Klarstellung ist zu begrüßen. Denn aus dem Wortlaut des § 36k EEG 2021 a.F. ergab sich nicht eindeutig, ob die Zuwendung über das Förderende hinaus angeboten und vereinbart werden soll/kann/darf. Diese Frage hat sich nunmehr erledigt.
§ 6 EEG 2021 enthält sodann – wiederum klarstellend – eine Regelung zur Beteiligung von Landkreisen, soweit im Zuwendungsradius gemeindefreie Gebiete befindlich sind. Ferner wurde der Referenzpunkt zur Bestimmung des 2.500-Meter-Radius festgelegt: Maßgeblich ist die Turmmitte.
Eine wichtige und zugleich erfreuliche Änderung ist zudem die nun eröffnete Anwendbarkeit von § 6 EEG 2021 auf PV-Freiflächenanlagen. Die finanzielle Zuwendung darf allerdings ausschließlich an die Standortgemeinde, also die Gemeinde, auf deren Gebiet sich die Anlage befindet, erfolgen. Soweit die Anlage auf gemeindefreiem Gebiet errichtet wird, ist der Landkreis i.S. der Neuregelung betroffen. Zudem ist die Vereinbarung zur Zahlung bereits vor Beschluss des erforderlichen Bebauungsplans unzulässig.
Anpassungen des Mustervertrages im Einzelnen
Angesichts der Neuerungen in § 6 EEG 2021 hat der Arbeitskreis der FA Wind die Musterverträge zur gemeindlichen finanziellen Beteiligung inhaltlich und redaktionell aktualisiert.
Da § 6 EEG 2021, abweichend von § 36k EEG 2021 a.F., nun eine Verbindung zwischen EEG-Förderzeitraum und Vertragslaufzeit enthält, waren Anpassungen des Mustervertrages zur Vertragsdauer und Kündigung erforderlich. Dies ist in § 1 des Mustervertrages erfolgt.
Auch die neue Präzisierung des maßgeblichen Referenzpunktes für die Bestimmung des Umkreises ist in § 1 des Mustervertrages umgesetzt. Ebenso die Erweiterung der Anwendbarkeit des § 6 EEG 2021 auf Landkreise.
Geringfüg geändert wurde zudem § 7 des Mustervertrages, der die Vertragsdauer sowie Kündigungsmöglichkeiten regelt. Demnach bleibt es bei einer Laufzeit von 20 Jahren. Allerdings soll anschließend nur noch eine Verlängerungsoption von 5 Jahren greifen. In der Vorgängerfassung waren noch zwei Verlängerungsoptionen angelegt. Als neuer wichtiger Kündigungsgrund wurde nun zwar das Ende des Anspruchs des Betreibers auf finanzielle Förderung nach dem EEG aufgenommen. Dies soll aber nur dann gelten, wenn der Anspruch wegen des Endes des Vergütungszeitraums nicht mehr besteht.
Offene Fragen
Die angepassten Musterverträge lassen eine Regelung zu PPAs vermissen. Sie enthalten insbesondere kein Kündigungsrecht für den Fall eines Umstiegs von einer EEG-Vergütung zu einem PPA. Angesichts der erheblichen praktischen Relevanz dieser Problematik empfehlen wir hierzu eine vertragliche Regelung.
Kritisch sehen wir zudem die weiterhin in § 5 des Mustervertrages normierte klare Untersagung einer Zweckbindung der Zuwendung. Selbstredend dürfen, schon aufgrund der haushaltsrechtlichen Bindungen der Gemeinde, Zuwendungsverträge keine strikten Zweckbindungen regeln. Allerdings sind aus unserer Sicht weiche, rechtlich unverbindliche Regelungen rechtssicher möglich. Diese würden darauf abzielen, dass die Zuwendung zumindest teilweise in die Ortsteile fließt, die von den Windparkimmissionen tatsächlich betroffen sind. Denn dort ist die Notwendigkeit sichtbarer Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung naturgemäß am höchsten.
Generell ist zu konstatieren, dass die Musterverträge den Standard für Zuwendungsverträge an Kommunen darstellen sollen und werden. Es ist allerdings bereits jetzt zu beobachten, dass die Erwartungshaltungen der Kommunen häufig darüber hinausgehen. Insoweit lassen die Musterverträge durchaus Raum für abweichende gesetzeskonforme Regelungen, die im Einzelfall aber sorgfältig geprüft werden sollten. Kommen Sie bei Fragen zur rechtssicheren vertraglichen Gestaltung gern auf uns zu.
Meldung vom 25.06.2021
Fachagentur Windenergie an Land veröffentlicht Musterverträge zu § 36k EEG 2021
Seit dem 01.01.2021 ermöglicht § 36k EEG 2021 Betreibern von neuen Windenergieanlagen, betroffene Gemeinden auf freiwilliger Basis finanziell an der Windenergienutzung zu beteiligen (wir berichteten hier). Diese Möglichkeit einer Akzeptanzsteigerung vor Ort stößt in der Branche auf sehr breites Interesse.
Zur Umsetzung des § 36k EEG 2021 hat die Fachagentur Windenergie an Land in den vergangenen Monaten gemeinsam mit Branchenvertretern und Kommunen zwei abgestimmte Musterverträge (zu den Konstellationen Einzelwindenergieanlage und Windpark) erarbeitet. Ziel der Initiative war es, möglichst universell einsetzbare Standardverträge zu etablieren und konsensfähige Lösungen für offene Rechtsfragen zu finden. Die Musterverträge wurden nun, zusammen mit einem Muster für eine einseitige Verpflichtungserklärung, einem umfangreichen Beiblatt sowie Hinweisen zur Kommunikation, am 17.06.2021 auf der Website der Fachagentur Windenergie an Land veröffentlicht (abrufbar hier).
Wesentliche Regelungsinhalte
Der Mustervertrag Einzelstandort behandelt die Konstellation „ein Projektierer – eine Gemeinde – eine Windenergieanlage“. Gegenstand des Mustervertrages Windpark ist hingegen die Konstellation „ein Projektierer – eine Gemeinde – mehrere Windenergieanlagen“. Auch imWindpark-Vertragsmuster erfassen jedoch, wie auch in § 36k EEG 2021 angelegt, die Regelungen letztendlich jede Windenergieanlage spezifisch. Daher sind die beiden Musterverträge inhaltlich im Wesentlichen identisch.
Die Verträge sehen die Beifügung verschiedener Anlagen vor. So gehört in die Anlage 1 ein Lageplan mit der Darstellung der Planung des Projektierers bei Vertragsschluss. Anlage 2 enthält eine Übersicht über die Geodaten der Windenergieanlage(n), des sich daraus ergebenden Anteils der Gemeinden im 2.500-Meter-Radius sowie weitere Parameter der Windenergieanlage(n) wie Anlagentyp, Nabenhöhe, installierte Leistung und erwartete Jahresstrommenge (jeweils soweit bekannt).
Zeitpunkt des Vertragsschlusses
Die Musterverträge sollen, ausweislich der Erläuterungen der Fachagentur Windenergie an Land, in einem frühen Planungsstadium abgeschlossen werden. Dies sei notwendig, um bereits in der Planungsphase den mit dem Vertrag beabsichtigten Akzeptanzeffekt zu erzeugen. Zumindest eine Planung zu den Geodaten muss jedoch bei Vertragsschluss vorliegen. Anderenfalls ist die Anlage 2 nicht einsetzbar und ist der Vertragsschluss damit auch nicht sinnvoll. Für den Vorab-Zeitraum kann die zugleich von der Fachagentur Windenergie an Land als Muster herausgegebene einseitige Verpflichtungserklärung eingesetzt werden.
Regelungen zur Zahlung der Beteiligung
In den Verträgen wird zunächst die Planung des Betreibers erläutert und klargestellt, dass diese sich noch ändern kann. Der Betreiber verpflichtet sich sodann verbindlich, der Gemeinde ab Inbetriebnahme der jeweiligen Windenergieanlage(n) den anteiligen (maximalen) Betrag nach § 36k EEG 2021 zu zahlen. In § 4 sind die relevanten Strommengen definiert. § 6 enthält den Abrechnungszeitraum gegenüber der Gemeinde. Hier wurde – abweichend vom Kalenderjahr – der Zeitraum 01.12.-30.11. definiert. Mit dieser Regelung wird bezweckt, dass der Betreiber die Erstattung dann jeweils zum 28.02. des Folgejahres bei dem Netzbetreiber beantragen kann. Für die Abrechnung der fiktiven Strommengen schlägt die Fachagentur Windenergie an Land einen 5-Jahres-Zeitraum vor.
Laufzeit des Vertrages
Gem. § 7 beginnt der Vertrag mit Unterzeichnung. Die Laufzeit ist auf 20 Jahre mit anschließender zweimaliger Verlängerungsmöglichkeit um 5 Jahre angelegt. Außerordentliche Kündigungsrechte sollen für die Parteien u.a. entstehen, wenn der Betrieb der Windenergieanlage(n) endgültig eingestellt wird. D.h. der Vertrag ist von seiner Laufzeit her bis zur endgültigen Außerbetriebnahme angelegt, da die Fachagentur Windenergie an Land davon ausgeht, dass bis zu diesem Zeitpunkt der Erstattungsanspruch gegen den Netzbetreiber besteht.
Einseitige Zuwendung des Betreibers ohne Gegenleistung der Gemeinde
In den Verträgen findet sich mehrfach die Feststellung, dass es sich um eine einseitige Zuwendung des Betreibers ohne Gegenleistung handelt. Dies hilft nicht darüber hinweg, dass sich die Problemkreise Strafbarkeit bzw. Kopplungsverbot stellen können, wenn der Vertrag „unglücklich“ angeboten, verhandelt, abgeschlossen oder umgesetzt wird. Beim Vertragshandling muss strikt vermieden werden, dass auch nur der Verdacht einer Gegenleistung der Gemeinde aufkommen kann. Hierauf weist auch die Fachagentur Windenergie an Land in dem unbedingt lesenswerten Beiblatt „Gute Kommunikation im Kontext der Umsetzung des § 36K EEG 2021“ zutreffend hin.
Von § 36k zu § 6 EEG 2021 – Was nun?
Nur wenige Tage nach Veröffentlichung der Musterverträge wurde bekannt, dass § 36k EEG 2021 wieder aus dem Gesetz gestrichen wird. Inhaltlich verschwindet die Regelung allerdings nicht aus dem EEG, sondern findet sich künftig im neuen § 6 EEG 2021 n.F. wieder (wir berichteten hier). Dieser führt die finanzielle Beteiligung von Kommunen an Windenergieprojekten nun im Grundsatz fort. Gleichzeitig klärt die neue Vorschrift die eine oder andere offene Rechtsfrage, die sich aus der Vorgängerregelung ergab. So ist nun beispielsweise klargestellt, dass der 2.500-Meter-Radius zur Ermittlung der betroffenen Gemeinden von der Mitte des Turmfußes aus zu bemessen ist.
Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass § 6 EEG 2021 n.F. auf den zweiten Blick durchaus relevante Änderungen im Vergleich zu § 36k EEG 2021 enthält, die im Vertrag abgebildet werden müssen. Die Musterverträge sind also in jedem Fall der neuen Rechtslage anzupassen. Dies betrifft zum einen die Vertragslaufzeit: Der Gesetzgeber hat nun klargestellt, dass eine Erstattung der geleisteten Zahlungen durch den Netzbetreiber nur in Betracht kommt, wenn bzw. solange der Anlagenbetreiber Zahlungen auf Basis des EEG in Anspruch nimmt. Damit dürfte eine Erstattungsfähigkeit über den Förderzeitraum hinaus wohl vom Tisch sein. Hiervon war aber die Fachagentur Windenergie an Land bei der Erstellung der Musterverträge noch ausgegangen.
Vorsicht bei PPA!
Zum anderen – und dies dürfte deutlich schwerer wiegen – hat der Gesetzgeber auch den Kreis der Anlagenbetreiber, die zu einer finanziellen Beteiligung von Kommunen berechtigt sind, geändert. Während es nach § 36k EEG 2021 ausreichend war, dass die Betreiber einen Zuschlag für ihre Anlage erhalten haben, ist es nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EEG 2021 n.F. erforderlich, dass auch tatsächlich eine finanzielle Förderung für die Anlage in Anspruch genommen wird. Auf den ersten Blick könnte man nun meinen, dass es sich dabei lediglich um eine Formalie handelt.
Allerdings wirft dies die Frage auf, wie damit umzugehen ist, wenn der Anlagenbetreiber während des Förderzeitraums (dauerhaft oder vorübergehend) anstelle der geförderten Direktvermarktung den Windstrom über PPA vermarktet. Für derartige Fälle wird man über Möglichkeiten des Betreibers, sich einseitig vom Vertrag zu lösen, nachdenken und dies entsprechend im Vertrag abbilden müssen. Anderenfalls könnten Risiken mit Blick auf eine eventuelle Strafbarkeit nach §§ 331-334 StGB zu befürchten sein. Jedenfalls aber läuft der Betreiber ansonsten Gefahr, auf den Zahlungen sitzenzubleiben.
Finanzielle Beteiligung bei Solaranlagen
Erfreulicherweise und für die Branche doch etwas überraschend erlaubt § 6 Abs. 3 EEG 2021 n.F. künftig auch die finanzielle Beteiligung der Standortgemeinden bei Freiflächenanlagen (wir berichteten hier). Auf derartige Anwendungsfälle erstreckt sich der Mustervertrag der Fachagentur Windenergie an Land – denknotwendig – bislang nicht. Mit entsprechenden Anpassungen an die PV-spezifischen Anforderungen dürften sich die Musterverträge als Grundlage gleichwohl gut eignen. Solche Anpassungen sind allerdings auch zwingend notwendig. Kommen Sie bei Rückfragen hierzu gern auf uns zu.