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News
03.02.2025

NRW beschließt Windenergie-Moratorium

Der Landtag in NRW hat letzten Donnerstag die Änderung des Landesplanungsgesetzes und damit ein sechsmonatiges landesweites Windenergie-Moratorium beschlossen. Kaum anders wird sich die neue Regelung in § 36a LPlG verstehen lassen. Denn mit ihr sind sämtliche „Entscheidungen über Vorhaben zur Windenergienutzung nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches (…) sowie Entscheidungen über deren Zulässigkeit“ (einschließlich Vorbescheidsanträge) „allgemein untersagt„, wenn „sich ein Raumordnungsplan zur Erreichung der Flächenziele des WindBG in Aufstellung befindet“ und wenn der jeweilige Vorhabenstandort außerhalb der im jeweiligen Entwurf des entsprechenden Raumordnungsplan vorgesehenen Windenergiegebiete liegt.

Eine Ausnahme gibt es nur für Repowering-Vorhaben im Sinne des § 16b BImSchG und für Vorhaben, für die bereits 10 Monate vor Inkrafttreten des Moratoriums vollständige Genehmigungsunterlagen bei der  Genehmigungsbehörde vorlagen. Dieses an die Genehmigungsbehörden gerichtete Verbot, über Windenergievorhaben zu entscheiden, gilt für sechs Monate ab Inkrafttreten des Gesetzes. Bis dahin, so die Hoffnung, müssten die Regionalpläne in NRW in Kraft getreten sein.

Steuerung in NRW – der dritte Versuch

NRW versucht damit zum dritten Mal, seine laufende Regionalplanung abzusichern und Windenergievorhaben außerhalb der aktuell favorisierten und wohlgemerkt eben noch lange nicht in Kraft getretenen regionalplanerischen Vorranggebietskulisse irgendwie zu verhindern – oder mit den Worten des Gesetzgebers zu „steuern“. Die erst letztes Jahr zwecks Steuerung beschlossene Aussetzungsmöglichkeit der Bezirksregierungen in § 36 LPlG hielt der 22. Senat des OVG Münster für kompetenzwidrig. Der achte Senat des OVG Münster sah das dann kurz Weihnachten zwar nicht ganz so streng. Aber hob die ihm vorgelegte Aussetzungentscheidung ebenfalls auf. Vor diesem Hintergrund bearbeiteten die Genehmigungsbehörden in den letzten Monaten ihre Genehmigungsverfahren zumeist weiter. Die erwartete Steuerungswirkung des § 36 LPlG blieb also aus.

Das war aus Sicht der Regionaplanung untragbar und forderte ein erneutes Einschreiten des Gesetzgebers. Ein mühsam errungener Interessenausgleich im Wege der Regionalplanung werden zunichte gemacht. Man könne diesen „Wildwuchs“ den Bürgern nicht mehr vermitteln und die Akzeptanz für den Windenergieausbau ginge verloren, wenn nicht „gesteuert“ werde. Dass Windenergievorhaben natürlich nur genehmigt werden können, wenn sie die zahllosen gesetzlich Genehmigungsvoraussetzungen erfüllen, die im immissionsschutzrechtlichen Verfahren abgeprüft werden müssen, also schlichtweg legal und diese eigentlich ja sogar von überragendem öffentlichen Interesse sind, das ist in der aktuellen Diskussion augescheinlich nicht entscheidend.

Nach der Aussetzungsmöglichkeit in § 36 LPlG und dem zuvor ebenfalls gescheiterten Versuch, die Regionalplanung über den Landesentwicklungsplan abzusichern, jetzt also ein gesetzliches Moratorium. Hunderte von Windenergievorhaben außerhalb der aktuell geplanten Vorranggebiete liegen damit auf Eis. Ihnen droht die Ablehnung, sobald die Regionalpläne so beschlossen werden würden, wie es aktuell absehbar ist. Diese Vorhaben könnten allenfalls noch auf die Befreiungsmöglichkeit hoffen, die der neue § 36a LPlG den Bezirksregierungen zugesteht. Dafür muss aber „eine Störung der Durchführung der Planung ausgeschlossen“ sein, was die Vorhabensträger zu beweisen haben. Diese werden deshalb wohl abwägen, ob sie ihr Geld und ihre Zeit in diese Befreiungsoption stecken – oder ob sie auf  Verbescheidung klagen. Nicht anders als die Vorhabensträger, die gegen die Aussetzungsentscheidungen der Bezirksregierung geklagt hatten. Und das eben mit Erfolg.

Windenergie-Moratorium NRW verfassungswidrig?

Gerichtsverfahren sind deshalb auch jetzt zu erwarten. Ob die zuständigen Senate des OVG Münster den neuen § 36a LPlG passieren lassen, bleibt abzuwarten. Und zu bezweifeln. Denn das ist nicht der erste Versuch eines Landesgesetzgebers, mittels landesweitem Moratorium seine schleppende Regionalplanung abzusichern. Schleswig-Holstein hat das schon durch. Das OVG Schleswig bescheinigte 2020 dem damaligen § 18a des schleswig-holsteinischen LaplaG Verfassungskonformität. Allerdings hauptsächlich deshalb, da es im Moratorium in Schleswig-Holstein keine anspruchsvernichtende Norm, sondern eine reine Verfahrensregelung erblickte. Nur: schon allein deshalb würde jedenfalls der 22. Senat des OVG Münster den alsbald in NRW geltenden § 36a LPLG vermutlich für verfassungswidrig halten!

Wenn der Senat – oder das BVerfG – denn noch rechtzeitig darüber entscheiden kann. Ob die Hunderte von Vorhaben außerhalb der aktuell absehbaren Voranggebietskulisse in NRW wenigstens über den Klageweg noch eine Realisierungchance haben, ist wohl letztlich eine Frage der Zeit. Denn sobald die Regionalpläne in Kraft treten und diese die Flächenbeitragswerte des WindBG erreichen, entfällt für Windenergievorhaben außerhalb der Windenergiegebiete die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Danach werden die rechtlichen Hürden für Windenergievorhaben außerhalb der regionalplanerischen Gebietskulisse nur noch höher und zahlreicher. Die schwer zu prognostizierenden politischen Entwicklungen auf Bundesebene noch gar nicht eingerechnet.

Der Gesetzgeber in NRW hat damit seinen Beitrag geleistet, der aus seiner Sicht für den Windenergieausbau in NRW erforderlich ist, nämlich eine wie auch immer konzipierte „Steuerung“. Die im Raum stehende Frage, ob das ein rechtlich zulässiger Beitrag ist, wird das OVG Münster beanworten müssen.