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News
01.12.2025

Will MV wegen NEST-Prozess der BNetzA die Axt an die Energiewende legen?

Die Bundesnetzagentur hat am 25.10.2025 die finalen Festlegungen in dem seit Februar 2024 von ihr geführten NEST-Prozess angekündigt. Sie sollen u.a. die Regelungen der Anreizregulierungsverordnung ablösen und nach dem Willen der BNetzA Ende 2025 in Kraft treten (siehe Pressemeldung des BNetzA hier).

Viele werden sich hierunter kaum etwas vorstellen können. Die kreativen Köpfe bei der Bundesnetzagentur verwenden das Akronym „NEST“ für den Prozess „Netze. Effizient. Sicher. Transformiert“. Gegenstand des Prozesses sind dabei u.a. die Festlegungen RAMEN (hier abrufbar). Im Kern geht es also um die künftige Gestaltung und Bemessung der Netzentgelte. Eigentlich nicht allzu spektakulär.

Doch im Fahrwasser des NEST-Prozesses droht nun ein Gesetzesentwurf Mecklenburg-Vorpommerns (MV) aus der Schublade gekramt zu werden, der mit Effizienz und Transformation wenig bis nichts zu tun hat, sondern die Axt an die Säulen der Energiewende legt.

Was ist da eigentlich los?

Bereits im Juli diesen Jahres brachte MV einen Gesetzesantrag den Bundesrat ein (hier). Der Entwurf hat nicht nur das Potenzial , die Transformation des Energiesektors auszubremsen, sondern auch die 25 Jahre alte Regelungssystematik des EEG über den Haufen zu werfen. Vorgesehen ist konkret, den bisher unbedingt geltenden Anschlussanspruch für EE-Anlagen aus § 8 EEG 2023 – dies jedenfalls für Anlagen über 135 kW installierter Leistung – auszusetzen. Jedenfalls sofern beabsichtigt ist, die Anlage in einem als „kapazitätslimitiert ausgewiesenen Leitungsabschnitt“ anzuschließen. Statt eines gesetzlichen Anschlussanspruchs sollen Betreiber betroffener Anlagen künftig nur noch gegen Abschluss eines Netzanschlussvertrags unter Verzicht auf Entschädigungszahlungen nach dem Redispatch 2.0 angeschlossen werden können.

Unter als „kapazitätslimitiert ausgewiesenem Leitungsabschnitt“ soll dabei eine Hochspannungsleitung einschließlich aller zu ihrem Betrieb notwendigen Anlagen zu verstehen sein, die der Netzbetreiber für die Dauer von vier Jahren als kapazitätslimitiert ausweist, wenn die technisch mögliche Stromerzeugung der unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Anlagen im vorangegangenen Kalenderjahr um mehr als drei Prozent angepasst wurde.

Angesichts steigender Engpässe im Netz und damit verbunden dem Anstieg der Regelungen von EE-Anlagen ein sinnvoller, jedenfalls nachvollziehbarer Ansatz möchte man meinen. Seit Juli 2025 liegt der Entwurf wohl beim zuständigen Wirtschafts- und dem mitberatenden Umweltausschuss des Bundesrates. Still ruht der See.

Planungssicherheit war offenbar gestern

 Anlagenbetreiber würden durch die Änderung aber bei Lichte betrachtet so schlecht gestellt, wie noch nie in der 25-jährigen Geschichte des EEG. Sie würden nämlich ihren gesetzlichen Anspruch auf Netzanschluss nach § 8 Abs. 1 S. 1 EEG 2023 und damit einen der zentralen Bausteine für die Planungssicherheit verlieren.

Nach aktueller Rechtslage muss ein Netzanschluss von EE-Anlagen unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, und zudem vorrangig erfolgen. Nach dem von MV geplanten § 8 Abs. 9 EEG hätten Anlagenbetreiber künftig aber nur noch ein Recht auf Abschluss eines Netzanschlussvertrages mit befristetem Redispatch-Vorbehalt mit dem aufnehmenden Netzbetreiber.

Zudem soll im Netzanschlussvertrag gem. des angedachten § 8 Abs. 9 Nr. 1 darauf zu weisen sein, dass für die vollständige Aufnahme der erzeugten Strommenge keine Garantie mehr besteht. Damit würde im Ergebnis auch der in § 11 EEG 2023 geregelte Anspruch auf unverzügliche, vorrangige Abnahme des EE-Stroms – ebenfalls eine der Säulen des EEG – untergaben.

Planungssicherheit, der auch der BGH zuletzt einen sehr großen, wenn nicht gar entscheidenden Stellenwert beigemessen hat (siehe hier), sieht anders aus. Aus dem MV-Vorschlag wird vielmehr ein erhebliches Finanzierungsrisiko resultieren. Investoren benötigen nämlich verlässliche Einspeise- und Betriebsbedingungen, um ein Projekt bewerten und finanzieren zu können. Der Gesetzesentwurf steht daher zurecht deutlich in der Kritik.

Und wie kommt hier der NEST-Prozess in Spiel?

Laut Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern setze die Gesetzesinitiative beim fehlenden Anreiz zum Netzausbau an (Plenarprotokoll abrufbar hier). In der Begründung des Gesetzesinitiative heißt es insoweit, es sollten künftige sowie bestehende Redispatchkosten gesenkt und die Letztverbraucher von daraus resultierenden, höheren Stromkosten entlastet werden. Denn die Redispatchkosten des Einen seien aktuell hohe Netzausbaukosten des Anderen.

Deshalb solle mit dem Gesetzesentwurf auch eine Übergangsphase geschaffen werden, nach deren Ablauf sich die Redispatchkosten basierend auf den NEST-Plänen der Bundesnetzagentur negativ auf die Erlöse der Netzbetreiber auswirken. Das sei Anreiz genug für die Netzbetreiber, betroffene Leitungsabschnitte in der 4-jährigen Übergangsphase so auszubauen, dass nach ihrem Ablauf die erforderliche Kapazität zur Verfügung steht.

Der Anfang vom Ende?

Worin allerdings in dem Gesetzesvorschlag eine Steigerung der nötigen Netzausbauanreize liegen soll, bleibt fraglich. Denn nach den Plänen der BNetzA hätte die neue NEST-RAMEN-Systematik schon unmittelbar diese Folge. Gerade deshalb liefen die Netzbetreiber im Anhörungsprozess gegen die Ideen der BNetzA Sturm. Damit stellt sich die MV-Initiative im Ergebnis aber als nichts anderes dar, als eine zeitliche Verzögerung des ohnehin schon schleppenden Netzausbaus und damit als eine Demontage der Erfolgsgaranten des EEG. Eine vierjährige „Schonfrist“ für Netzbetreiber ist nämlich ein grundfalsches Signal in Zeiten, in denen der Ausbaurückstand in manchen Gebieten schon jetzt auf bis zu 10 Jahre beträgt.

Deshalb sollten die Vorgaben und der Rahmen für eine effizientere Bewirtschaftung der Netzte sowie ein sinn- und maßvolles Überbauen vorhandener Netzkapazitäten, wie sie § 8a EEG 2023 bereits angedacht ist, verlässlicher und verbindlicher geregelt werden. Denn auch dies würde teure Redispatch-Maßnahmen reduzieren bzw. weitgehend erübrigen, im Übrigen aber den Energiewendemotor am Laufen halten.

Zudem ist der MV-Gesetzesentwurf auch nicht frei von Widersprüchen. Warum die Regelung, die auf kapazitätslimitierte Hochspannungsleitungen zielt, bereits bei Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als  135 kW ansetzen soll, bleibt rätselhaft. Die geeignete Spannungsebene für solche Anlage ist nämlich die Nieder- allenfalls die Mittelspannung. Will man hier also bereits den Einstieg in den kompletten Ausstieg aus dem gesetzlichen Anschlussanspruchssystem des EEG vorbereiten? Ein Schuft, der dabei Böses denkt …