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News
07.09.2025

Grundstücksnutzung – Blog rund um die Flächensicherung für EE-Projekte

Flächensicherung ist bei EE-Projekten der erste Schritt in die konkrete Planung und zugleich deren Basis. Ohne gesicherte Flächen kein gesichertes Projekt. Gute Grundstücksnutzungsverträge zeichnet aus, dass sie klar und verständlich, ausgewogen und natürlich rechtlich belastbar sind. Die Umsetzung dieser Prinzipien bereitet in der Praxis oft Probleme. Dies nicht nur deshalb, weil sich Projektierer mit ihren Standardvertragswerken üblicherweise am AGB-Klauselrecht messen lassen müssen. Auch die mittlerweile Bibliotheken füllende Rechtsprechung zur Schriftform ist von Relevanz, da bestimmte EE-Grundstücksnutzungsverträge als Mietverträge angesehen werden …

In unserem Blog stellen wir Ihnen ausgewählte Rechtsprechung und Gesetzesvorhaben vor, die für die Praxis der EE-Flächensicherung von Bedeutung sind.

Meldung vom 07.09.2025

Umsatzsteuerpflicht für Gemeinden

Gemeinden und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts waren bisher nur in wenigen Fällen umsatzsteuerpflichtig. Dies soll sich mit Beginn des Jahres 2027 endgültig ändern, mit entsprechenden Auswirkungen auch für Grundstücksnutzungsverträge mit Gemeinden. Anlass genug, um diese Problematik im Folgenden zu beleuchten.

Zur Beantwortung der Frage, ob eine juristische Person des öffentlichen Rechts als umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer im Sinne des UStG handelt, sind die §§ 2, 2 b UStG maßgeblich und entsprechend näher in den Blick zu nehmen:

Kurze Historie des § 2 b UStG

Die Gesetzesänderung, durch die § 2 b UStG entstanden ist, wurde bereits am 02.11.2015 beschlossen und trat zum 01.01.2017 in Kraft. Die Anwendung der neuen Regelung war jedoch nicht von deren Inkrafttreten an verpflichtend. Durch das Anberaumen einer Übergangsfrist sollte Zeit geschaffen werden, um die vielen Unklarheiten bezüglich der Auswirkungen der neuen Regelung in der Praxis zu beseitigen.

Mit Ablauf des 31.12.2026 soll nun die – zwischenzeitlich mehrfach verlängerte – Übergangsfrist endgültig auslaufen und die Regelung des § 2 b UStG verpflichtend zur Anwendung kommen.

Hintergrund der Neuregelung war die Anpassung der deutschen Besteuerungspraxis juristischer Personen des öffentlichen Rechts an europäisches Recht. Das Ziel ist, marktrelevante privatrechtliche Leistungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach den gleichen Grundsätzen der Umsatzsteuer zu unterwerfen wie die anderer Marktteilnehmer. So sollen Wettbewerbsverzerrungen durch steuerliche Bevorzugung vermieden werden.

Umsatzsteuerpflicht juristischer Personen des öffentlichen Rechts

Für die Frage, wer der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, ist der Begriff des Unternehmers maßgeblich. Der Begriff ist in § 2 Abs. 1 UStG definiert. Unternehmer ist demnach, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist.

Bisherige Rechtslage

Wann juristische Personen des öffentlichen Rechts als gewerblich oder beruflich tätig gelten und damit umsatzsteuerpflichtige Unternehmer im Sinne des UStG sind, regelte bisher die alte Fassung des § 2 Abs. 3 UStG. Danach waren juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§§ 1 Abs. 1 Nr. 6, 4  Körperschaftsteuergesetz) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Nur die in diesen Betrieben und Tätigkeitsbereichen ausgeführten Umsätze unterlagen der Umsatzsteuer. Andere Leistungen waren grundsätzlich nicht steuerbar, auch wenn sie nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt bewirkt wurden.

Neue Rechtslage

Durch die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2015 wurde die alte Fassung des § 2 Abs. 3 UStG gestrichen und § 2 b UStG eingeführt. Für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts ergibt sich aus der Formulierung des § 2 b UStG, dass nunmehr grundsätzlich die allgemeine Regelung des § 2 Abs. 1 UStG maßgeblich ist:

Grundsatz: Voraussetzungen der Unternehmereigenschaft

Wer als Unternehmer handelt, ist grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Vom Unternehmen umfasst wird dabei die gesamte selbständige und gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers.

Eine selbständige Tätigkeit liegt vor, wenn sie auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung ausgeübt wird. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Nicht erforderlich dabei ist eine Gewinnerzielungsabsicht. Eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit setzt voraus, dass Leistungen im wirtschaftlichen Sinn ausgeführt werden. Liegen Leistungen allein im Rechtssinn vor, reicht dies nicht aus. Eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen liegt vor, wenn diese im Rahmen eines Leistungsaustauschs ausgeübt wird. Lieferungen oder sonstige Leistungen müssen grundsätzlich gegen Entgelt bewirkt werden. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nachhaltig ausgeübt, wenn sie auf Dauer zur Erzielung von Entgelten angelegt ist. (Vgl. BMF Amtliche Umsatzsteuer-Handausgabe 2023).

Die Leistungserbringung unterliegt also der Umsatzsteuer, soweit es sich um eine steuerbare Leistung handelt. Ferner darf die Leistung nicht steuerbefreit sein.

Ausnahme: § 2 b UStG

§ 2 b Abs. 1 S. 1 UStG normiert nach seinem Wortlaut eine Ausnahme des dargestellten Grundsatzes. Demnach gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer, „soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben“.

Diese Ausnahme steht jedoch wiederum unter einem Vorbehalt: Juristische Personen des öffentlichen Rechts können nämlich bei Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt doch als Unternehmer anzusehen sein. Verschiedene Tätigkeitsbereiche, in denen das der Fall ist, sind in Abs. 4 der Norm aufgelistet. Werden etwa die Vermessungs- und Katasterbehörden tätig und erbringen sie Leistungen bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Landesverfassung und des Liegenschaftskatasters mit Ausnahme der Amtshilfe, gelten sie als Unternehmer, wenn sie auch sonst die Voraussetzungen eines Unternehmers im Sinne des § 2 UStG aufweisen.

Wird die juristische Person des öffentlichen Rechts tätig, ohne dabei als Unternehmer zu gelten, kommt das Korrektiv der Wettbewerbsverzerrung ins Spiel. Die Behandlung der juristischen Person als Nichtunternehmer ist nämlich ausgeschlossen, sofern eine solche „zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde“. Wann solche Wettbewerbsverzerrungen insbesondere nicht vorliegen, erläutern Abs. 2 und Abs. 3 der Norm. So liegt eine größere Wettbewerbsverzerrung etwa nicht vor, wenn der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts aus gleichartigen Tätigkeiten innerhalb eines Kalenderjahres erzielte Umsatz voraussichtlich 17.500 EUR nicht übersteigt.

Zusammenfassung

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist im konkreten Fall umsatzsteuerpflichtig, wenn folgende Punkte bejaht werden können:

  1. Es liegt eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen vor.
  2. Die rechtliche Grundlage ist:
    • privatrechtlich –> Unternehmereigenschaft und damit steuerbare Leistung ist gegeben
    • öffentlich-rechtlich –> Unternehmereigenschaft und damit steuerbare Leistung ist nach den Maßgaben von § 2 b UStG gegeben
  3. Die Leistung ist steuerpflichtig und nicht nach den §§ 4 ff. UStG steuerfrei.

Und was bedeutet das nun für Grundstücksnutzungsverträge mit Gemeinden?

Sachverhalt: Eine Gemeinde – juristische Person des öffentlichen Rechts – schließt mit einem Projektierer einen Grundstücksnutzungsvertrag mit üblichen mietvertraglichen Regelungen über ein kommunales Grundstück. Für die Nutzung wird ein Nutzungsentgelt vereinbart.

Hierbei handelt die Gemeinde als Unternehmerin, da sie selbständig und gewerblich, also zur Erzielung von Einnahmen, handelt. Ferner liegt mit dem Zurverfügungstellen des Grundstücks eine Leistung nicht bloß im rechtlichen, sondern auch im wirtschaftlichen Sinne vor. Die jeweiligen Leistungen stehen im Gegenseitigkeitsverhältnis, es findet ein Leistungsaustausch statt. Die Leistung der Gemeinde ist nachhaltig, da sie auf Dauer zur Erzielung von Entgelten angelegt ist.

Die Gemeinde handelt auf privatrechtlicher Grundlage, sodass die Unternehmereigenschaft und damit grundsätzlich eine steuerbare Leistung gegeben ist.

Wenn es sich bei der Art der Leistung allerdings um den Abschluss eines Grundstücksmietvertrages handelt, ist der Steuerbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 12 lit. a UStG gegeben (vgl. BMF Amtliche Umsatzsteuer-Handausgabe 2023):

Die Frage, ob eine Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG vorliegt, richtet sich nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach Unionsrecht (BFH-Urteile vom 08.11.2012 – V R 15/12, BStBl II 2013 S. 455, und vom 28.05.2013 – XI R 32/11, BStBl II 2014 S. 411). Danach setzt die Vermietung eines Grundstücks voraus, dass dem Mieter vom Vermieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, das Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung als „Vermietung“ in diesem Sinne zu behandeln ist, sind alle Umstände des Einzelfalls, vor allem der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zu berücksichtigen. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (vgl. EuGH-Urteil vom 16.12.2010, C-270/09, Mac Donalds Resorts Limited)

Da das Nutzungsentgelt, d.h. der Umsatz, nach § 4 Nr. 12 lit. 1 UStG steuerbefreit ist, kann die Gemeinde den Umsatz grundsätzlich gem. § 9 UStG wahlweise als steuerpflichtig behandeln. Gem. § 9 Abs. 2 UStG ist Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts, dass der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Das richtet sich nach § 15 UStG und dem konkreten Fall.

Je nachdem besteht im Ergebnis USt.-freiheit oder -pflicht.

Gesamtfazit

Ab dem 01.01.2027 gelten für Gemeinden als Grundstücksvermieter dieselben USt.-Grundsätze wie bisher bereits für die „ganz normalen“ privatwirtschaftlichen Unternehmen. Daher ist es wichtig, in Grundstücksnutzungsverträgen mit Gemeinden spätestens jetzt zur Klarstellung dieselben Regelungen aufzunehmen wie bisher gegenüber Unternehmer-Eigentümern.

Meldung vom 28.04.2025

BGH zur Kündigung eines Grundstücksnutzungsvertrages für Windenergieanlagen

Der BGH hat – in einem von uns betreuten Verfahren – mit Urteil vom 12.03.2025, Az. XII ZR 76/24 (siehe hier) wichtige Aussagen zur Kündbarkeit von WEA-Grundstücksnutzungsverträgen getroffen. Speziell betrifft die Entscheidung den Fall, dass in dem Vertrag eine bestimmte Vertragslaufzeit vereinbart ist, die an die Inbetriebnahme der vertragsgegenständlichen WEA anknüpft, und in der Zeit vor Eintritt dieses Ereignisses gekündigt wird.

Diese Entscheidung ist insbesondere für Projektierer von Windenergieanlagen / für die Vertragsgestaltung von höchster Praxisrelevanz.

Sachverhalt

Der Beklagte ist Eigentümer einer landwirtschaftlich genutzten Fläche. Seine Rechtsvorgängerin schloss im Jahre 2017 mit der Klägerin im Zusammenhang mit deren geplantem Windpark einen Grundstücksnutzungsvertrag. In diesem verpflichtete sich die Rechtsvorgängerin des Beklagten u.a. zur Bewilligung von Baulasten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten für auf Nachbargrundstücken geplante Windenergieanlagen. In dem Vertrag ist zudem geregelt, dass der Vertrag mit Unterzeichnung beginnt und „gerechnet ab dem 31.12. des Jahres, in dem die Inbetriebnahme der letzten geplanten WEA erfolgt ist, nach Ablauf von 20 Jahren“ endet. Das Recht zur ordentlichen Kündigung wurde nicht explizit ausgeschlossen. Es erfolgte nur der Hinweis im Vertrag, dass das Recht zur fristlosen Kündigung, z.B. bei Zahlungsverzug, „unberührt bleibt“.

Sodann war im Vertrag beiden Parteien ein Rücktrittsrecht eingeräumt, wenn nicht in 5 Jahren ab Unterzeichnung die BImSchG-Genehmigung „für die Errichtung und den Betrieb der WEA“ erteilt wurde oder nicht nachgewiesen wird, dass die Genehmigung zeitnah bevorsteht. Der Rücktritt war ausgeschlossen, „soweit und solange der Nutzer mit Rechtsmitteln gegen die Versagung einer Genehmigung vorgeht.“ Der Rücktritt war ebenfalls ausgeschlossen, „soweit und solange die Genehmigung von Dritten angegriffen wird, bis ggfs. eine rechtskräftige Aufhebung der Genehmigung vorliegt“. „Die vorbezifferte Bereitstellungsfrist“ kann sodann gemäß Vertrag durch Zahlung von EUR 500,00 einseitig um ein weiteres Jahr verlängert werden. Dem Vertrag war ein Lageplan beigefügt, den die Klägerin jederzeit ohne Zustimmung des Beklagten ändern durfte. Ein Reservierungsentgelt oder andere Entgelte vor Baubeginn der WEA (mit Ausnahme der soeben genannten Zahlung) waren im Vertrag nicht vereinbart.

Im Jahre 2022 kündigte der Beklagte den Nutzungsvertrag. Die Wirksamkeit dieser Kündigung war die zentrale Frage der Entscheidung.

Verfahrensgang

Die Klägerin beantragte u.a., den Beklagten zu verurteilen, zu ihren Gunsten eine Erklärung zur Dienstbarkeitsbewilligung abzugeben und die Eintragung ins Grundbuch zu veranlassen.

Das erstinstanzlich zuständige LG hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten abgewiesen, die Revision aber zugelassen, da es von der Wertung des OLG Hamm in dessen Entscheidung vom 02.07.2020 (siehe hier) abgewichen ist.

Der BGH hat sich nun im Ergebnis den vorigen Instanzen angeschlossen, allerdings mit anderer Begründung. In den Vorinstanzen spielten noch Schriftformproblematiken eine große Rolle, diese thematisiert die BGH-Entscheidung nicht mehr.

Begründung

Vertragsbeginn erst mit Inbetriebnahme der letzten Windenergieanlage – befristetes Mietverhältnis in der Schwebezeit?

Der BGH wertet die Regelung zur Vertragslaufzeit wie folgt: Wenn die Vertragsparteien – wie hier – den Beginn einer vereinbarten festen Vertragslaufzeit an den Eintritt eines bestimmten Ereignisses anknüpfen, so hängt die Frage, ob in der Schwebezeit ein befristetes oder ein unbefristetes Mietverhältnis vorliegt, maßgeblich davon ab, welche rechtliche Bedeutung nach den Vorstellungen der Parteien dieser Regelung zukommen soll:

Gingen die Parteien bei Vertragsschluss davon aus, dass das Ereignis eintreten wird und ist nur der Zeitpunkt, wann dies der Fall sein wird, ungewiss, liege von vornherein eine Befristung vor. Sei aus der Sicht der Parteien bei Vertragsschluss nicht nur ungewiss, wann das Ereignis eintreten wird, sondern auch, ob es überhaupt eintreten wird, liege eine Bedingung vor mit der Rechtsfolge, dass bis zum Eintritt des Ereignisses ein unbefristetes Mietverhältnis vorliege.

Im vorliegenden Fall wurde Bezug auf die Inbetriebnahme mehrerer noch zu planender Windenergieanlagen genommen, wobei es sich nach Ansicht des BGH um ein Ereignis handele, dessen Eintritt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch völlig ungewiss war. Dies spreche letztlich für eine Bedingung, mithin für ein unbefristetes Mietverhältnis, mit dem Recht der ordentlichen Kündigung des Vertrags gemäß § 542 Abs. 1 BGB. Dieser Ansicht war auch das Berufungsgericht.

Im Ergebnis positioniert sich der BGH an dieser Stelle jedoch nicht eindeutig, weil das Recht zur ordentlichen Kündigung des Nutzungsvertrags bis zum Beginn der Vertragslaufzeit aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ausgeschlossen sei:

Kündigungsausschluss über 5 Jahre ist angemessen

Das Berufungsgericht war zu der Auffassung gelangt, dass sich aus dem vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht ein konkludenter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts des Beklagten bis zum Eintritt der Bedingung ergebe. Diesem folgte der BGH mit Blick auf die Verwendung des Terminus „Rücktritt“ im Vertrag zwar nicht. Allerdings kam er durch gemeinsame Auslegung der Rücktritts- und Kündigungsregelungen zu dem Ergebnis, dass das ordentliche Kündigungsrecht bis zum Beginn der vereinbarten Vertragslaufzeit ausgeschlossen sei.

Dafür sprächen letztlich vor allem wirtschaftliche Aspekte: Werde die Errichtung einer Windenergieanlage geplant, müsse sich der Betreiber bereits vor Einleitung des Genehmigungsverfahrens die Nutzungsmöglichkeit an den benötigten Grundstücken verschaffen und mit den Eigentümern entsprechende Nutzungsverträge abschließen. Um die Genehmigungsfähigkeit der geplanten Anlagen nicht zu gefährden, müsse er dabei sicherstellen, dass bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens die Nutzungsrechte an den Grundstücken erhalten bleiben. In diesem Zeitraum müsse daher die einseitige Beendigung des Nutzungsvertrages durch ordentliche Kündigung des Grundstückseigentümers ausgeschlossen sein. Das besondere Interesse des Anlagenbetreibers an dem Fortbestand der Nutzungsverträge während der Genehmigungsphase sei den durchschnittlichen Vertragspartnern von Anlagenbetreibern bekannt. Dies sei bei der Auslegung der vorzeitigen Vertragsbeendigungsregelungen zu berücksichtigen.

Der lange Kündigungsausschluss sei auch nicht nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Zwar entstehe der Anspruch des Grundstückseigentümers auf Nutzungsentgelt nicht bereits mit Vertragsschluss, sondern erst, wenn mit dem Bau der Windenergieanlage(n) begonnen wurde, während für ihn bereits vor diesem Zeitpunkt vertragliche Pflichten bestehen. Allerdings müsse der Grundstückseigentümer nach dem Nutzungsvertrag das Grundstück auch erst mit Baubeginn dem Anlagenbetreiber zur Verfügung stellen. Der Eigentümer könne daher nach Ansicht des BGH sein Grundstück während des entgeltlosen Zeitraums nahezu uneingeschränkt nutzen und Einnahmen erzielen. Sein Grundstück sei in der entgeltlosen Zeit also nicht nennenswert beeinträchtigt.

Dem berechtigten Interesse des Eigentümers, nicht dauerhaft an den Nutzungsvertrag gebunden zu sein, ohne dafür ein Entgelt zu erhalten, sei durch das Rücktrittsrecht angemessen Rechnung getragen. Die fünfjährige Dauer mit ggf. Verlängerung durch Widerspruchs- oder gerichtlichen Verfahren sei angesichts der Unwägbarkeiten für Anlagenbetreiber im Planungs- und Genehmigungsverfahren angemessen.

Wertung

Der BGH wertet die vertraglichen Regelungen überraschend eindeutig zugunsten des WEA-Planers und stellt hierbei wirtschaftliche Betrachtungen in den Vordergrund. Auch den  immer wieder von Juristen geäußerten Bedenken, dass aus dem Urteil des BGH vom 11.11.2021, IX ZR 237/10 (siehe hier) folge, dass aus AGB-rechtlichen Gründen Reservierungsentgelte bereits deutlich vor Baubeginn / Inbetriebnahme vereinbart werden müssten, erteilt der BGH eine Abfuhr.

Diese neuen Maßstäbe werden bei der Gestaltung /Auslegung von Grundstücksnutzungsverträgen für EE-Projekte künftig eine große Rolle spielen.

Meldung vom 08.01.2025

BGH zur Berücksichtigung von EE-Planungsabsichten bei Grundstückserwerb nach GrdstVG

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 12.4.2024, BLw 2/22 Vorgaben zur Bewertung des Planungsstandes einer Photovoltaik-Freiflächenanlage (PV-FFA) im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens nach dem Grundstücksverkehrsgesetz gemacht. Die Entscheidung ist für die Planer von EE-Anlagen von höchster Praxisrelevanz.

Was regelt das Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG)?

Ziele des GrdstVG sind die Förderung gesunder Agrarstruktur und die Sicherung lebensfähiger Agrarbetriebe. Zu diesem Zweck normiert der Gesetzgeber das grundsätzliche Erfordernis einer Genehmigung bei Veräußerungen landwirtschaftlicher Grundstücke. Das Genehmigungsverfahren wird bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde geführt. Prinzipiell besteht ein Anspruch der Vertragsparteien auf eine solche Genehmigung.

Die Genehmigung darf gem. § 9 Abs. 1 GrdstVG nur dann versagt oder durch Auflagen oder Bedingungen eingeschränkt werden, wenn

  • die Veräußerung zu einer ungesunden Verteilung des Grund und Bodens führt (Nr. 1) oder
  • die Veräußerung eine unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung landwirtschaftlicher Flächen zur Folge hat (Nr. 2) oder
  • der Gegenwert in einem groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks steht (Nr. 3).

§ 9 Abs. 4 GrdstVG schließt allerdings eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG aus, wenn das Grundstück für andere als land- oder forstwirtschaftliche Zwecke veräußert wird. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die Grundstücke zur Energiegewinnung durch Windenergie oder Photovoltaik erworben werden.

Zudem stellt der Ausbau einer die Umwelt schonenden Energiegewinnung einen allgemeinen volkswirtschaftlichen Belang i.S.d. § 9 Abs. 6 GrdstVG dar und ist als Abwägungskriterium von der Behörde in ihre Entscheidung miteinzubeziehen.

An § 9 Abs. 4 sowie § 9 Abs. 6 GrdstVG knüpft nun der Beschluss des BGH vom 12.04.2024 an.

Sachverhalt

Gegenstand der Entscheidung des BGH war der Verkauf eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks. Der Erwerber beabsichtigte, hierauf eine PV-FFA zu errichten. Die Genehmigungsbehörde versagte die Genehmigung des Kaufvertrages. Nach Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung und einer erfolglosen Beschwerde vor dem OLG bestätigte der BGH im Ergebnis die Entscheidung des Beschwerdegerichts. Die Erteilung der Genehmigung wurde endgültig versagt.

Begründung des BGH

Zu § 9 Abs. 4, Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG

Der BGH definiert zunächst das grobe Missverhältnis i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG. Ein solches sei immer – also sowohl bei Ausschreibungen als auch bei freihändigem Verkauf – gegeben, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert des Grundstücks um mehr als die Hälfte überschreitet. Ein solcher Fall lag hier vor.

Der BGH betont sodann, dass die Versagung der Genehmigung trotz des groben Missverhältnisses nach § 9 Abs.4 GrdstVG nur dann ausgeschlossen ist, wenn der Erwerber imstande ist, das außerlandwirtschaftliche Vorhaben durchzuführen. Hierzu gehöre, dass es „nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften gegenwärtig oder wenigstens in Kürze zulässig ist“.

Der Planungsstand zur Errichtung der vom Erwerber geplanten PV-FFA war für den BGH in dem vorliegenden Fall nicht ausreichend:

Eine Ausweisung der photovoltaischen Nutzung in einem Regional-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplan war nicht vorhanden. Die Beschlussvorlage des Regierungspräsidiums, nach der Regelungen zur bevorzugten Inanspruchnahme von Vorbehaltsgebieten für Landwirtschaft für raumbedeutsame PV-FFA getroffen werden sollen, genügte dem BGH insoweit nicht.

Zu § 9 Abs. 6 GrdstVG

Der BGH stellt zunächst klar, dass ebenso wie die Energiegewinnung durch Windenergie auch die Energiegewinnung durch Photovoltaik zu den allgemeinen volkwirtschaftlichen Belangen gehört, die im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 9 Abs. 6 GrdstVG zu berücksichtigen sind. Grundsätzlich ist dies also zugunsten des Erwerbers zu berücksichtigen. Für Windenergieprojekte verweist der BGH in diesem Zusammenhang auf seinen Beschluss vom 15.4.2011, BLw 12/10. Für Photovoltaik betont er die jüngsten Gesetzesänderungen zugunsten derartiger Projekte.

Allerdings sei § 9 Abs. 6 GrdstVG nur anwendbar, wenn die Errichtung der beabsichtigten Anlage „nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraussichtlich zulässig ist.“ Wenn die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen für die Anlage noch nicht vorliegen, sei dementsprechend im Genehmigungsverfahren nach dem GrdstVG eine Prognose über die Erteilung der Anlagegenehmigung zu treffen. Im vorliegenden Fall habe die Genehmigungsbehörde nach dem GrdstVG zu recht keine positive Genehmigungsprognose für die PV-FFA treffen können.

Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass der Erwerb von landwirtschaftlicher Fläche für WEA- oder PV-FFA-Projekte besonders sorgfältig geplant werden muss, um eine negative Überraschung im Genehmigungsverfahren nach dem GrdstVG zu vermeiden.

Wir gehen auf diese Problematik im Vortrag „Der richtige Umgang mit dem Grundstücksverkehrsgesetz“ im Rahmen unseres 6. Leipziger Windrechtsforums ein, welches am 21./22.01.2025 in Leipzig stattfindet (Anmeldung hier).

Meldung vom 16.11.2024

Bürokratieentlastungesetz IV tritt in Kraft

Textform statt Schriftform gilt ab 01.01.2025

Mit unserer Meldung vom 04.10.2024 – siehe unten – hatten wir ausführlich das Bürokratieentlastungsgesetz IV vorgestellt. Für den Bereich der EE-Flächensicherung hat dies eine enorme Bedeutung, da fortan für Grundstücksmietverträge in § 550 BGB statt bisher „Schriftform“ nunmehr „Textform“ zu lesen ist. Grundstücksmietverträge müssen also nur noch die Textform einhalten, um eine Formmangelkündigung zu vermeiden, nicht mehr die Schriftform.

Die Neuregelungen wurden nunmehr im Bundesgesetzblatt verkündet (hier zu finden). Damit treten sie zum 01.01.2025 in Kraft.

In unseren ersten Mandantenberatungen hierzu haben wir bereits wesentliche Anwendungsprobleme herausgearbeitet und Lösungen gefunden. Die Neuregelungen wirken sich nicht nur auf die Vertragsgestaltung aus. Auch bei der tatsächlichen Handhabung im Zusammenhang mit der Verhandlung, dem Abschluss und der Dokumentation von Grundstücksmietverträgen und Nachträgen gibt es fortan Neues zu beachten. Insoweit sind Projektierer gehalten, gemeinsam mit ihren internen und externen Flächenakquisiteuren das Prozedere im Lichte der neuen Rechtslage rechtssicher zu gestalten und umzusetzen.

Meldung vom 04.10.2024

Textform statt Schriftform für Grundstücksmietverträge – Ende der Debatte?

Schriftform bisher

Grundstücksnutzungsverträge, die dem Nutzer die Errichtung und den Betrieb einer WEA oder einer Freiflächen-PVA auf der Fläche erlauben, werden spätestens seit einer BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2018 zur Rechtsnatur von Grundstücksnutzungsverträgen für Freiflächen-PVA (siehe hier) regelmäßig als (gewerbliche) Grundstücksmietverträge eingeordnet. Für derartige Verträge gelten die §§ 578 ff. BGB. Gleich in der Einstiegsnorm § 578 Abs. 1 BGB ist geregelt, dass auf diese Verträge diverse Regelungen aus dem Wohnraummietrecht, so auch § 550 BGB, entsprechend anwendbar sind. In § 550 Satz 1 BGB ist folgendes geregelt: „Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit.“ Bedeutet im Ergebnis: Wenn der WEA-/Freiflächen-PVA-Grundstücksnutzungsvertrag nicht den Anforderungen der Schriftform genügt, ist die im Vertrag geregelte Vertragsfrist irrelevant – der Vertrag gilt dann nämlich als unbefristeter Vertrag. Mit der Folge, dass er jederzeit ordentlich kündbar ist. Mit derartigen Kündigungen wegen fehlender Schriftform waren und sind Betreiber von WEA und Freiflächen-PVA immer wieder konfrontiert. Die Schriftformwahrung ist ein Thema, das in der Flächensicherung höchste Priorität genießt.

Die Schriftform i.S.v. § 550 BGB ist nur gewahrt, wenn

  1. die Voraussetzungen der „äußeren Schriftform“ gewahrt sind (u.a. eigenhändige Unterzeichnung durch die Parteien) und
  2. die Vertragsurkunde den „Eindruck der Vollständigkeit“ erweckt und
  3. zu den wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins, Dauer und Parteien – hinreichend bestimmbare Regelungen im Vertrag getroffen sind.

Gerade die Punkte 2. und 3. sind in der Praxis für Projektierer von EE-Anlagen mitunter schwierig zu händeln, da oft mit Nachträgen gearbeitet wird und Grundstücksnutzungsverträge in den letzten Jahren immer komplexer geworden sind. Dies führte und führt nicht selten zu höchst unerwünschten Vertragskündigungen und entsprechend vorzeitigem Rückbau von WEA oder PVA.

Änderung durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV

Auf Bundesebene gab es in den letzten Jahren immer wieder Anstöße zur Erleichterung der Formregelungen im Bereich des gewerblichen Mietrechts. Motivation war regelmäßig der Umstand, dass Parteien im Gewerberaummietrecht (das ebenso über § 578 Abs. 2 BGB von dem Verweis auf § 550 BGB betroffen ist) relativ oft unter Verstoß gegen die Schriftform Mietverträge / Nachträge abschließen. Zum Beispiel indem sie per Mail, Fax, SMS oder social media derartige Abreden treffen. Anschließend versuchten / versuchen Parteien derartiger Verträge dann nicht selten, sich aus der festen Vertragsbefristung zu befreien, indem sie wegen Nichteinhaltung der Schriftform kündig(t)en. Diese „Unsitte“ ist dem Gesetzgeber schon lange ein Dorn im Auge. Denn § 550 BGB soll in erster Linie dem Schutz des Erwerbers einer vermieteten Sache (Raum oder Grundstück) dienen. Der Erwerber soll aus dem Vertragswerk erkennen können, in welche rechtlichen Bindungen er eintritt. Dieses soll daher gewisse formale Voraussetzungen erfüllen. Nicht jedoch sollen sich die Ursprungs-Vertragsparteien „einfach“ wegen Nichteinhaltung der Schriftform aus im Nachhinein als lästig empfundenen Zeitmietverträgen lösen können.

Bisherige Ansätze zur Reform der Schriftform sind allerdings bisher immer im Sande verlaufen.

Nun aber hat der Bundestag § 578 BGB und damit die „Einstiegsnorm“ zur Schriftformregelung reformiert:

Nachdem das Bundeskabinett im März diesen Jahres einen Entwurf für das sog.  Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen hatte (wir berichteten hierzu in unserer News vom 12.4.2024), erfolgte nun am 26.09.2024 die 2. und 3. Lesung des Gesetzentwurfs. Voraussichtlich am 18.10.2024 soll dann der Bundesrat seine Zustimmung erklären. Wann die Verkündung des Gesetzes erfolgen wird, ist derzeit noch offen.

Die gesetzlichen Regelungen treten dann größtenteils am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals in Kraft.

Neue Rechtslage

Das Bürokratieentlastungsgesetz IV sieht folgende Änderungen in § 578 Abs. 1 BGB vor:

  • Die Angabe „§ 550 BGB“ wird gestrichen – es entfällt also der Verweis auf § 550 BGB.
  • Allerdings wird folgender Satz neu eingefügt: „§ 550 BGB ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in Textform geschlossen wird, als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt.“

Ausweislich der Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bürokratieentlastungsgesetz IV (siehe hier) soll hiermit schlicht und ergreifend folgendes bezweckt werden: „Damit gilt für Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume, die keine Wohnräume sind, kein Schriftformerfordernis mehr. Der Abschluss sowie Änderungen und Ergänzungen dieser Mietverträge sind in Zukunft in Textform möglich.“

Textform bedeutet gem. § 126 b Abs. 1 BGB, dass es lediglich lesbarer Erklärungen bedarf, die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Klassiker der Textform sind E-Mails, SMS, WhatsApp und andere social media-Kommunikationswege.

Die neue Fassung des § 578 Abs. 1 BGB gilt für alle Gewerbemietverträge, die ab dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen werden. Für Mietverträge, die vorher geschlossen wurden, besteht eine Übergangszeit von 12 Monaten ab dem Inkrafttreten des Gesetzes: Während dieses Zeitraums gilt für geschlossene Verträge weiterhin § 578 Abs. 1 BGB in seiner bisherigen Form, sodass Kündigungen wegen mangelnder Schriftform insoweit noch möglich sind. Diese Folge ist beabsichtigt – der Gesetzgeber will den Parteien hierdurch ausdrücklich eine „Überlegungsfrist“ einräumen. Bei der Änderung geschlossener Verträge sollen hingegen nach der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf die Neuregelungen sofort mit Abschluss des Nachtrages auf den Vertrag Anwendung finden.

Anwendung

Bei der praktischen Anwendung des neuen Textformerfordernisses stellen sich einige Fragen. Insbesondere ist aus unserer Sicht offen, ob die umfangreiche Schriftform-Rechtsprechung des BGH zu den o.g. Ziffern 2. und 3. künftig entsprechend bei Streitfragen zur Textform herangezogen werden kann. Einerseits bietet die bisherige Rechtsprechung zur Textform hierfür keinen Anhaltspunkt. Andererseits ist jedoch nicht erkennbar, warum bei der Rechtsprechung zu Wohnraummietverhältnissen weiterhin die o.g. Ziffern 2. und 3. beachtlich sein sollen, nicht jedoch für gewerbliche Raum- und Grundstücksnutzungsverträge. In der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf ist nur von Formerleichterungen für Vertragsschluss und -änderung die Rede, nicht ansatzweise werden die besonderen, auf den Inhalt der Verträge zielenden Schriftformprobleme der o.g. Ziffern 2. und 3. erwähnt. Möglicherweise wurde dies schlicht übersehen und muss nun entsprechend durch die Gerichte diskutiert und entschieden werden, was Jahre dauern kann.

Wir werden Sie über aktuelle Entwicklungen und relevante Urteile auf dem Laufenden halten.

Meldung vom 02.08.2024

Änderung von § 1092 Abs. 3 S. 1 BGB (Übertragbarkeit von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten) im Bundestag beschlossen

Hierauf haben die Projektierer in der EE-Branche lange gewartet:

Am 04.07.2024 hat der Bundestag den zwischenzeitlich geänderten Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ beschlossen (Beschlussfassung BT-Drs. 20/12146, hier zu finden). Die Neuregelungen dürften demnächst in Kraft treten.

Inhalt

Gem. § 1092 Abs. 1 BGB sind beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (bpD) nicht übertragbar – lediglich im Innenverhältnis kann die Ausübung einem Dritten übertragen werden.

§ 1092 Abs. 3 S. 1 BGB sieht bisher als Ausnahme vor, dass Leitungsdienstbarkeiten rechtsfähiger Personengesellschaften übertragen werden können. Nunmehr werden folgende weitere Ausnahmen geschaffen:

a) Der Personenkreis wird erweitert auf juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften als bpD-Berechtigte.

b) Übertragen werden können bpd, die den Dienstbarkeitsinhaber berechtigen, das Grundstück zu nutzen für

Ziff. 1: „Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft, Windenergie, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Umweltwärme oder Energie aus Biomasse“

Ziff. 2: „Anlagen zur elektrochemischen Herstellung von Wasserstoff oder zur Erzeugung von Strom aus Wasserstoff“.

Die Neuregelungen treten am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Als Übergangsvorschrift ist in Art. 229 EGBGB vorgesehen, dass die Neufassung von § 1092 Abs. 3 S. 1 BGB nur auf bpD anzuwenden ist, für die die Eintragungsbewilligung nach dem Inkrafttreten der Neuregelungen notariell beurkundet oder öffentlich beglaubigt wird.

Begründung des Gesetzgebers

Diese findet sich in dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 20/9890 vom 20.12.2023, siehe hier). Dort wird die Bedeutung von bpD bei EE-Projekten ausführlich beschrieben:

– Sicherung der Sonderrechtsfähigkeit der EE-Anlage mit ihren Bestandteilen i.S.d. §§ 94, 95 BGB („Trennungsfunktion“)

– Absicherung des schuldrechtlichen Nutzungsrechts („Nutzungsfunktion“)

– Absicherung des Sicherungseigentums („Sicherungsfunktion“).

Sodann wird beschrieben, wie aufwändig Vereinbarung und Vollzug des Wechsels des bpD-Berechtigten bei EE-Projekten sich derzeit gestalten, und dass insoweit eine Erleichterung im Sinne der Energiewendeförderung überfällig sei.

Wichtig ist, dass in der Gesetzesbegründung bezüglich Elektrolyseuren hervorgehoben wird, dass auch

– die erforderlichen Nebenanlagen wie die Leistungselektronik, Anlagen zur Wasseraufbereitung, Kompressoren und Speicher für den erzeugten Wasserstoff und Sauerstoff

– Anlagen zur Nutzung der entstehenden Abwärme sowie (bei Erzeugung von Strom aus Wasserstoff) KWK-Kopplungsanlagen

mitumfasst sind.

Sodann erfolgt in der Gesetzesbegründung noch ein Hinweis darauf, dass die künftige gesetzliche Übertragbarkeit von bpD durch dingliche, im Grundbuch zu vermerkende Vereinbarung abbedungen werden kann.

Wertung

Die Neuregelungen führen dazu, dass die Übertragung von o.g. bpD einer Zustimmung oder sonstigen Mitwirkung des Grundstückseigentümers nicht mehr bedarf. Die Übertragung erfolgt vielmehr allein durch eine entsprechende Einigung des bpD-Berechtigten mit dem Erwerber der Dienstbarkeit und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. Dies führt zu enormen Verfahrenserleichterungen. Aus Sicht der EE-Branche sind die Neuregelungen entsprechend ausdrücklich zu begrüßen.

Allerdings bleibt es dabei, dass die Bedingungen für die Übertragung von bpD mit dem Grundstückseigentümer zu regeln und diese Vereinbarungen dann auch einzuhalten sind. Berechtigte Interessen des Grundstückseigentümers dürfen nicht missachtet werden. Dies wird entsprechend bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen sein.

Meldung vom 12.04.2024

Geplante Änderung zum Schriftformerfordernis

Soll ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, muss er gem. § 550 S. 1 BGB in schriftlicher Form geschlossen werden. Anderenfalls gilt er als auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist damit ordentlich kündbar. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind Grundstücksnutzungsverträge, die die Errichtung von WEA / PV-FFA gestatten, regelmäßig (Grundstücks-)Mietverträge, sodass die Schriftformproblematik sie über den Verweis in § 578 Abs. 1 BGB unmittelbar betrifft. Wir berichten hierzu regelmäßig, u.a. in unseren News vom 27.06.2021 und vom 10.12.2021.

Seit Jahren werden immer wieder Reformen zum Schriftformerfordernis gefordert und angestoßen. Da diese Problematik genau so auch Gewerberaummietverträge betrifft, kommen insbesondere von den dortigen Branchenverbänden immer wieder entsprechende Forderungen. Reformansätze landen dann aber regelmäßig „irgendwo in der Schublade“.

Ein Referententwurf aus dem BMJ (abrufbar hier) findet nun jedoch offenbar den Weg in den Bundestag:

Geplante Änderungen

Das Bundeskabinett hat am 13.03.2024 einen Entwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen (Regierungsentwurf abrufbar hier). Dieser weicht etwas von dem o.g. Referententwurf ab.

Nach dem Regierungsentwurf soll § 578 Abs. 1 BGB, mithin die o.g. „Einstiegsnorm“ für die branchenüblichen EE-Grundstücksmietverträge, um folgenden Satz ergänzt werden:

„[…] § 550 BGB gilt mit der Maßgabe, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in Textform geschlossen wird, als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt.“

Um der Textform (§ 126b BGB) zu genügen, reicht es aus, wenn lediglich eine lesbare Erklärung auf einem Datenträger abgegeben wird. Eine eigenhändige Unterschrift ist ebenso wenig erforderlich wie ein Vertragstext in Papierform. Beispiele für die Textform sind E-Mails sowie Textnachrichten.

Die Bundesregierung begründet die geplante Änderung damit, dass die Herabstufung des Formerfordernisses für Verträge nach § 578 BGB – von Schriftform auf Textform – die Fälle, in welchen sich die Vertragsparteien unter Berufung auf einen Schriftformverstoß vorzeitig aus dem Mietverhältnis lösen, effektiv reduziere. Zugleich genüge die Textform auch, um das Informations- und Dokumentationsinteresse eines Erwerbers, der in das Mietverhältnis eintritt, zu schützen. Dafür müsse also das Schriftformerfordernis nicht aufrecht erhalten bleiben.

Die geplante Übergangsvorschrift sieht folgendes vor:

  • Auf Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten der Neufassung abgeschlossen wurden, soll noch für eine Übergangszeit von 12 Monaten nach Inkrafttreten der Neuregelung die bisherige Fassung der Vorschrift weiter anzuwenden sein. In dieser Frist – darauf weist der Regierungsentwurf explizit hin – sollen noch auf das Fehlen der Schriftform des Mietvertrages gestützte Kündigungen möglich sein. Nach Ablauf der Übergangsfrist sei davon auszugehen, dass den Vertragsparteien – insbesondere auch Erwerbern – die veränderten Rechtsfolgen eines nicht formgültig abgeschlossenen Mietverhältnisses bekannt sind und sie genügend Zeit hatten, sich auf diese Änderungen einzustellen. Schriftformmangelkündigungen sollen danach also ausgeschlossen sein.
  • Sofern bei Inkrafttreten der Neufassung bereits bestehende Mietverträge geändert werden, sollen die Neuregelungen allerdings ab sofort auf das gesamte Mietverhältnis Anwendung finden. Der Regierungsentwurf hebt diesbezüglich hervor: „(…) es ist nicht relevant, ob der ursprüngliche Mietvertrag sowie die Änderung in Schriftform vereinbart worden sind oder nicht. Maßgeblich ist allein, ob die Textform eingehalten wurde.“

Der Regierungsentwurf wird im nächsten Schritt dem Bundesrat und der Bundesregierung zur Stellungnahme zugeleitet und sodann im Bundestag beraten werden.

Bewertung und Ausblick

Ob der beabsichtigte Wechsel vom Schriftform- zum Textformerfordernis die erhoffte praktische Entlastung mit sich bringen wird, bleibt abzuwarten. Zu beobachten wird insbesondere sein, inwieweit die umfangreiche Rechtsprechung des BGH, die bisher das Schriftformerfordernis „im weiteren Sinne“ definiert, künftig auf Mietverträge in Textform angewendet wird. Gemeint ist hiermit z.B. das Erfordernis der Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen in dem Vertragsdokument (siehe hierzu u.a. BGH Urt.v. 11.12.2023, XII ZR 137/12).

Wir werden Sie über das weitere Gesetzgebungsverfahren auf dem Laufenden halten.

Meldung vom 03.07.2022

Kammergerichtsentscheidung zu nicht beigefügter Vertragsanlage

Immer wieder stehen Vertragsanlagen im Fokus mietrechtlicher „Schriftform-Entscheidungen“. Das Kammergericht (Oberlandesgericht des Landes Berlin) hat am 04.11.2021 unter dem Az. 8 U 1106/20 ein lesenswertes Urteil (hier abrufbar) zu einer Schriftformmangel-Kündigung eines Gewerberaummietvertrages erlassen, die auf das Fehlen einer Vertragsanlage gestützt war. Diese Entscheidung stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Im Zentrum des Rechtsstreits stand – wie bei allen Schriftform-Rechtsstreitigkeiten – § 550 BGB, der über die Verweisvorschrift in § 578 Abs. 2, Abs. 1 BGB auf Grundstücksmietverträge entsprechend anzuwenden ist. Bekanntlich handelt es sich bei Grundstücksnutzungsverträgen, in deren Zentrum die Errichtung einer Windenergieanlage, einer Freiflächen-Photovoltaikanlage, eines Umspannwerks etc. steht, nach allg. Auffassung um derartige Grundstücksmietverträge. Die Entscheidung ist daher für die EE-Fächensicherung von Interesse.

Der Sachverhalt

Gegenstand des Verfahrens war – soweit es hier von Interesse ist – die Kündigung eines Gewerberaummietvertrages durch den Mieter bzw. seinen Anwalt. Die Kündigung war u.a. darauf gestützt, dass trotz der Regelung im Mietvertrag:

„Der Zustand der Mieträume zur Zeit des Vertragsabschlusses ergibt sich aus der Anlage „Mietraumbeschreibung und Übergabeprotokoll“, welche ergänzender Bestandteil des Mietvertrages ist.“

dem Mietvertrag in der abgeschlossenen Fassung unstreitig die Anlage „Mietraumbeschreibung und Übergabeprotokoll“ nicht beigefügt war. Der Vermieter trat der Kündigung mit dem Argument entgegen, das Fehlen der Anlage sei zur Schriftformwahrung nicht erforderlich, da sie keine wesentlichen Abreden enthalten hätte.

Die Entscheidung

Das Kammergericht hat sich der Ansicht des Vermieters angeschlossen und entsprechend die Kündigung zurückgewiesen.

Auch wenn die Wertung des Kammergerichts im Ergebnis kritisch zu sehen ist – in dem Urteil werden die Grundzüge zur Schriftformrelevanz von Vertragsanlagen, die aus den o.g. Gründen in der EE-Flächensicherung von Relevanz sind, gut dargestellt. Wir stellen Ihnen diese daher vor:

Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung des BGH die Schriftform des Mietvertrages nach § 550 BGB gewahrt ist, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses – aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt.

Weiter:

„Da auch formbedürftige Vertragsklauseln grundsätzlich der Auslegung zugänglich sind, reicht es aus, wenn der Inhalt der Vertragsbedingungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmbar ist (s. BGH, Urt. v. 04.11.2020 – XII ZR 104/19). Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser „verstreuten“ Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die allerdings in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss (BGH, Urt. v. 04.11.2020 – XII ZR 51/19).

In Bezug genommene Unterlagen, die für den Inhalt des Vertrags ohne Bedeutung sind, brauchen diesem in keinem Fall beigefügt zu werden (s. BGH, Urt. v. 07.07.1999 – XII ZR 15/97). Dass der Mietvertrag eine Anlage benennt, die nicht existiert, begründet nicht per se einen Formmangel (s. etwa BGH, Urt.v. 29.09.1999 – XII ZR 313/98 betr. Nichtexistenz des benannten Inventarverzeichnisses). Eine Anlage, die lediglich Karstellungs- oder Beweiszwecken dient, ist für die Schriftform ohne Bedeutung, weil sie keinen eigenen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert verkörpert (BGH Urt.v. 29.09.1999 – XII ZR 313/98).“

Das Kammergericht sah die vorgesehene Anlage „Mietraumbeschreibung“ als „bloß ergänzenden“ (nicht wesentlichen) Bestandteil des Mietvertrages und die vorgesehene Anlage „Übergabeprotokoll“ als nur Beweiszwecken dienend an – mit diesen Argumenten kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass diese Unterlagen für den Inhalt des Vertrages ohne Bedeutung seien. Eine Schriftformkündigung könne daher auf das Fehlen der Anlage „Mietraumbeschreibung und Übergabeprotokoll“ nicht gestützt werden.

Abgrenzung zum Urteil des OLG Hamm vom 26.11.2020, Az. 5 U 112/19

Das oben vorgestellte Urteil des Kammgerichts lässt sich gut dem Urteil des OLG Hamm vom 26.11.2020, Az. 5 U 112/19 (hier abrufbar) gegenüberstellen, dem seinerzeit große Aufmerksamkeit widerfahren war:

Das OLG Hamm hat eine auf das Fehlen einer Vertragsanlage gestützte Schriftformkündigung eines WEA-Grundstücksnutzungsvertrages für wirksam gehalten und dementsprechend den WEA-Betreiber in der Berufungsinstanz verurteilt, Windenergieanlagen etc. zurückzubauen. In dem dortigen Fall hatten die Parteien im Grundstücksnutzungsvertrag geregelt:

„Der Standort der WEA, der Verlauf der Verbindungs- und Anschlussleitungen sowie die Position der Umspann- und Transformatorenstationen sind in einem Lageplan (..) einzuzeichnen. Der Lageplan wird nach Erstellung Bestandteil dieses Vertrages. Vorher gilt der vorläufige Lageplan. Der Grundstückseigentümer erklärt sich bereit, innerhalb des o.g. Flurstücks einer notwendigen Verschiebung der WEA und der sonstigen Anlagen gegenüber der Darstellung im vorläufigen Lageplan zuzustimmen, sofern hierdurch keine unzumutbaren Belastungen entstehen.“

und war dem Vertrag dann kein Lageplan als Anlage beigefügt worden. Das OLG Hamm hat die vertragliche Regelung so gewertet, dass die Parteien durch den Lageplan die Ausübungsfläche auf dem Vertragsgrundstück von vornherein begrenzen wollten und dieser daher auch für die Bestimmung des Vertragsinhaltes wesentlich war. Denn eine Änderung der Ausübungsfläche sollte nach der o.g. Vertragsregelung nicht einseitig durch den Nutzer, sondern nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers möglich sein.

Welche Lehren sind für die EE-Flächensicherung aus dem Urteil des KG zu ziehen?

Aus der Gegenüberstellung des Urteils des KG vom 04.11.2021 und des Urteils des OLG Hamm vom 26.11.2020 lässt sich Folgendes gut ableiten: Bei der Frage, ob das Fehlen einer Vertragsanlage zur Nichteinhaltung der Schriftform des Grundstücksmietvertrages führt oder nicht, kommt es immer auf den Einzelfall an. Nur wenn sich aus dem Vertrag ergibt, dass die Anlage für den Vertragsinhalt von Bedeutung sein sollte, führt das Fehlen der Anlage dazu, dass die Schriftform des Vertrages nicht gewahrt ist.

Wird also z.B. vergessen, die Muster-Landpächter-Einverständniserklärung dem Vertrag beizufügen, dürfte dies irrelevant sein. Anders kann es aussehen, wenn die Muster-Eintragungstexte für die Grundbuchrechte nicht beigefügt werden. Und auch bei der Nichtbeifügung des im Vertrag als Anlage angegebenen Lageplans kommt es nach obenstehenden Maßgaben darauf an, was im konkreten Einzelfall der Lageplan enthalten sollte, welche Bedeutung also tatsächlich nach dem Wilen der Parteien den Darstellungen im Lageplan zukommen sollte.

Meldung vom 23.05.2022

BGH-Urteil zur Anknüpfung der Fälligkeit von Nutzungsentgelt an den Inbetriebnahmebeginn

Der Sachverhalt, über den der BGH mit Urteil vom 11.11.2021, Az. IX ZR 237/20 (siehe hier) entschieden hat, betraf die Vermietung einer Dach-Photovoltaikanlage und stand zudem in einem insolvenzrechtlichen Kontext. Die maßgeblichen Grundsätze der Entscheidung sind jedoch eins zu eins auf die Flächensicherung für Windenergieanlagen und Freiflächen-Photovoltaikanlagen übertragbar. Das Urteil ist daher von besonderer Relevanz.

Vorweg: Wer spätestens aus den Entscheidungen OLG Karlsruhe Urteil vom 25.4.2018 Az. 14 U 217/17 und OLG Hamm Urteil vom 2.7.2020 Az. 5 U 81/19 bei der Gestaltung seiner Grundstücksnutzungsverträge (konkret: bei den  Regelungen für den Zeitraum zwischen Vertragsunterzeichnung und Fälligkeit des vollen Nutzungsentgelts) seine Lehren gezogen hat, dürfte auf der sicheren Seite stehen.

Der Sachverhalt

Die C. GmbH und ihre Muttergesellschaft, die e. GmbH, hatten folgendes Vertragspaket als Geschäftsmodell entwickelt, das Anlegern (typischerweise Verbrauchern) von Vermittlern jeweils „aus einer Hand“ angeboten wurde:

Die e. GmbH verkaufte einzelne Photovoltaikmodule an Anleger und verpflichtete sich zur Herstellung einer betriebsbereiten PVA auf bestimmten Gebäuden. Die Anleger zahlten entsprechend zu Beginn der Investition den vereinbarten Kaufpreis an die e. GmbH und erwarben damit Eigentum an den PVA. Zugleich wurde vereinbart, dass die Anleger in die Nutzungsverträge zwischen der e.GmbH und dem jeweiligen Gebäudeeigentümer eintreten.

Mit gleichzeitig abgeschlossenem Vertragswerk mietete die C. GmbH die PVA von dem Anleger gegen monatliche Zahlung einer Miete. Zugleich überließ der Anleger der C. GmbH die Ausübung der Rechte aus dem Dach-Nutzungsvertrag. Die C. GmbH ließ sich zudem in dem Vertrag von dem Anleger die Ansprüche auf Stromeinspeisevergütung aus der PVA gegen den Netzbetreiber abtreten.

Und nun kommt der spannende Teil: Im Mietvertrag zwischen der C. GmbH und dem Anleger fand sich folgende Klausel: „Das Mietverhältnis wird begründet auf die Dauer von 10 Jahren ab dem Tag der Inbetriebnahme der Anlage.“ Aus nicht näher benannten Gründen wurde jedoch die streitgegenständliche PVA nicht an das Stromnetz angeschlossen, was der C. GmbH auch bekannt war. Trotzdem zahlte die C. GmbH an den Anleger ca. 4 Jahre lang die vereinbarte monatliche Miete für die PVA, insgesamt einen Betrag i.H.v. EUR 47.037,13.

Sowohl die C. GmbH als auch die e. GmbH gingen anschließend in Insolvenz.

Gegenstand des hiesigen Verfahrens war die Klage des Insolvenzverwalters über das Vermögen der C. GmbH gegen den Anleger auf Rückzahlung des o.g. Betrages im Wege der Insolvenzanfechtung. Er stützte den Anspruch maßgeblich auf folgende Argumentation: Mangels Inbetriebnahme habe das Mietverhältnis über die PVA nicht begonnen. Daher sei auch der Anspruch des Anlegers auf das monatliche Entgelt nicht entstanden. Die C. GmbH habe gewusst, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet gewesen sei und habe trotzdem die Zahlungen an den Anleger geleistet. Es handle sich damit um eine anfechtbare, da unentgeltliche gläubigerbenachteiligende Zahlung i.S.d. §§ 134 Abs. 1, 143 InsO.

Die erste und zweite Instanz gaben dem Insolvenzverwalter Recht. Der BGH hat indes das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung

Der BGH hat den Sachverhalt wie folgt rechtlich gewürdigt:

Klausel ist Fälligkeitsbestimmung, keine Bestimmung zum Beginn der Mietdauer

Der Anspruch auf Zahlung der Miete für die PVA ist nach Ansicht des BGH mit Vertragsabschluss entstanden. Die C. GmbH hat daher auf eine tatsächliche Schuld gezahlt. Die Klausel „Das Mietverhältnis wird begründet auf die Dauer von 10 Jahren ab dem Tag der Inbetriebnahme der Anlage.“ ist hinsichtlich des Fristbeginns unwirksam. (Anmerkung: Dass es sich um eine Klausel im Sinne des AGB-Rechts handelte, die C. GmbH Klauselverwender und der Anleger Verbraucher war, war unstreitig.)

Der BGH hebt diesbezüglich zunächst hervor, dass die Klausel „nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung bei objektiver Auslegung aus Sicht eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Verbrauchers“ nicht so zu verstehen ist, dass der Mietvertrag erst mit der Inbetriebnahme der PVA beginne. Denn gemäß dem Vertrag erbringe der Verbraucher seine Leistungspflichten (Überlassung der PVA, Übertragung des Dach-Nutzungsvertrages, Abtretung des Anspruchs auf Einspeisevergütung) bereits sofort mit Vertragsschluss.

Klausel ist als Fälligkeitsbestimmung unwirksam

Die o.g. Klausel sei nach alledem als Fälligkeitsbestimmung i.S.v. § 308 Nr. 1 Fall 2 BGB zu verstehen und als solche unwirksam. Nach dieser Vorschrift sind formularmäßige Bestimmungen unwirksam, durch die sich der Klauselverwender nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Erbringung einer Leistung vorbehält. Der BGH hebt hierzu hervor: Das Klauselverbot des § 308 Nr. 1 Fall 2 BGB soll den Verbraucher vor übermäßig langen Leistungfristen schützen, die ihn einerseits in seiner Dispositionsfreiheit behindern und es ihm andererseits schwer oder gar unmöglich machen, den Klauselverwender in Verzug zu setzen.

Die Leistungsfrist des Klauselverwenders sei nur dann hinreichend bestimmt, wenn sein Vertragspartner ohne besondere Mühe und Aufwand die Fälligkeit ermitteln kann. Das sei z.B. dann zu bejahen, wenn der Beginn der Frist von einem Ereignis abhängt, das von dem Vertragspartner des Klauselverwenders abhängt, dieser etwa Unterlagen vorlegen oder Maße mitteilen muss. Dagegen sei die Leistungsfrist für den Vertragsparner des Klauselverwenders nicht mehr berechenbar, „wenn ihr Beginn ausschließlich oder zusätzlich von einem Ereignis in der Sphäre des Klauselverwenders abhängt […] oder die aus sonstigen Gründen für den Vertragspartner keinen eindeutigen Zeitpunkt erkennen lassen.“

Nach diesen Maßstäben hält der BGH die o.g. Klausel für unwirksam. Denn sie lasse die Auslegung zu, dass der Anleger die Zahlung der Miete erst dann beanspruchen kann, nachdem die C. GmbH die Stromerzeugung aus ihrem freien Entschluss und zu einem vom Anleger weder kontrollier- noch forcierbaren Zeitpunkt aufgenommen hat.

Zitat des BGH:

„[…] es fehlt im Vertrag an jeglichen Anhaltspunkten für einen zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit dem tatsächlichen Beginn der Stromerzeugung zu rechnen ist. Die C. GmbH hat sich im Vertrag insoweit keiner zeitlichen Bindung unterworfen und hat es damit in der Hand, den Beginn der Stromerzeugung beliebig hinauszuschieben. Dem stehen die Interessen des Beklagten an einer eindeutigen Vertragsgestaltung gegenüber. Er ist während der nicht absehbaren Dauer des aus Nr. 1 a) Mietvertrag folgenden Schwebezustandes in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt, ohne sicher zu sein, dass er jemals in den Genuss der vereinbarten Miete gelangen wird. […] Die Unwirksamkeit der Klausel hat zur Folge, dass der Beklagte beginnend mit Vertragsabschluss einen jeweils monatlich fälligen Anspruch auf Zahlung der Miete hatte.“

Welche Lehren sind für die EE-Flächensicherung aus dem Urteil zu ziehen?

Klauseln wie die hier streitgegenständliche werden nach wie vor oft in EE-Grundstücksnutzungsverträgen verwendet.

Wenn man sich dazu entscheidet, die feste Vertragslaufzeit nicht an die Vertragsunterzeichnung zu knüpfen, sondern an einen danach folgenden Zeitpunkt (Baubeginn oder Inbetriebnahme der Anlage o.ä.), ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings steckt der Teufel oftmals im Detail. Denn der Zeitpunkt muss klar und deutlich definiert sein. Unklar kann er z.B. sein, wenn ohne flankierende Regelungen an „die Inbetriebnahme des Windparks“ angeknüpft wird.

Zugleich ist es wichtig, einerseits im Vertrag hervorzuheben und andererseits sich zu vergegenwärtigen, dass der Vertrag in jedem Fall mit Unterzeichnung und nicht erst mit dem betreffenden Ereignis beginnt. Denn der Eigentümer geht dort wie hier in Vorleistung und soll dies ja auch, indem er die Flächen zur Verfügung stellt, Dienstbarkeiten zum Eintrag bringt etc. Zugleich muss man sich stets darüber im Klaren sein, dass diese Klauseln der AGB-Kontrolle unterliegen, s.o.

Nach dieser Maßgabe ist dringend zu empfehlen, klare und angemessene Regelungen dazu zu treffen, wie lange und unter welchen Bedingungen der Grundstückseigentümer an den Vertrag gebunden ist, ohne dass das Ereignis eintritt, das zur Zahlung des regulären Nutzungsentgelts führen soll, und die Möglichkeiten zur Vertragsbeendigung in diesem Zeitraum ebenso eindeutig und verständlich zu regeln.

Mit Blick auf die oben dargestellte Konsequenz einer unwirksamen Fälligkeitsbestimmung sollte das Thema nicht auf die leichte Schulter genommen werden …

Weitere News zur EE-Flächensicherung:

07.01.2022 – News zur Problematik Erbschaftsteuer / Schenkungsteuer bei Freiflächen-PVA

10.12.2021 – News zum Diskussionsentwurf des BMJV zur Schriftform-Reform

07.09.2021 – News zur Widerrufsproblematik

27.06.2021 – News zu einem BGH-Urteil zur Vollständigkeitsklausel

03.05.2020 – News zu einem BGH-Urteil zur Schriftform